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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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glühender Wunsch, Frau von Lichtenberg wiederzusehen,
     wurde durch die unerquickliche und für mein Gefühl nahezu ehrenrührige Seite des Handels verdüstert, von dem ihre Rückkehr
     abhing. Für Bassompierre, den glücklichen Spieler, war dies nur ein anderes Spiel, bei dem er belustigt die Fäden zog. Mir
     aber lag die Sache so sehr am Herzen, daß es mich schwer bedrückte, deshalb mit diesem heillosen Pärchen feilschen zu müssen,
     das unser Land ausplünderte.
    * * *
    Auf der Heimreise nach Paris ließ mein Vater unsere Kutsche einen großen Umweg über Soissons und Villers-Cotterêts fahren,
     denn er wollte nicht in das unerhörte Gedränge der Equipagen geraten, in denen der Hof unserem schönen, stinkenden Paris entgegenstrebte.
     Weil man aber der Königin |88| folgte, die sich an den Stationen gerne Zeit ließ, traf der Hof erst volle zwei Tage nach uns in der Hauptstadt ein.
    Im Unterschied zu anderen vornehmen Parisern behandelte mein Vater unser Hausgesinde, wie es sein Vater auf seinem Gut im
     Périgord damit hielt. Nicht daß er mehr als andere zahlte, aber unsere Leute gehörten zur Familie, und in ihr hatte ein jeder
     seinen geachteten Rang. Am Tag nach unserer Heimkehr, nachdem wir uns von der Mühsal der Reise erholt hatten, rief mein Vater
     unsere Leute denn nach dem Mittagessen zusammen und erzählte ihnen von der Salbung in etwa das, was auch ich auf diesen Seiten
     erzählt habe, indem er jedoch mehr von der Lieblichkeit und Tapferkeit unseres kleinen Königs berichtete als von dem Pomp
     der Feierlichkeiten und dem Gebaren der Großen.
    Auf unserer Heimreise hatte er die Fragen nicht erörtern wollen, die das Amt des Marquis de Saint-Régis und die Rückkehr Frau
     von Lichtenbergs nach Frankreich betrafen. Aber nachdem wir miteinander gespeist hatten, zog er sich mit La Surie und mir
     in unsere Bibliothek zurück und verlangte von mir einen lückenlosen Bericht meiner Gespräche zu Reims sowohl mit Madame de
     Guise als auch mit Bassompierre.
    Als ich geendet hatte, und niemand konnte besser zuhören als mein Vater, wenn der Gegenstand ihm wichtig erschien (aber auch
     schlechter, wenn er ihn frivol dünkte), strich er sich seinen Kinnbart und zwirbelte seine feinen Schnurrbartspitzen.
    »Die Gelegenheit«, sagte er, »Euch dieses Kammerherrenamt zu kaufen, erscheint so günstig, daß es ein Jammer wäre, sie ungenutzt
     verstreichen zu lassen, obwohl die geforderte Summe beträchtlich ist.«
    »Ist sie nicht etwas sehr hoch?« fragte La Surie. »Vor einem Jahr verlangte der Herzog von Bouillon für dasselbe Amt fünfzigtausend
     Livres, als der König es ihm für Bassompierre abkaufen wollte.«
    »Und derselbe Herzog von Bouillon hat den Preis vervierfacht, als er dasselbe Amt jetzt an Concini abtrat! Sicher, er wußte
     nur zu gut, daß Geld keine Rolle spielt bei Leuten, die ihre Hand so dicht am Staatssäckel haben … Zieht man jedenfalls in
     Betracht, daß die unbedenkliche Freigebigkeit der Regentin sämtliche königlichen Ämter stark verteuert hat, ist |89| die Summe, die der Marquis de Saint-Régis fordert, noch recht maßvoll. Der springende Punkt dabei ist eher, ob ich das Geld
     fristgemäß zusammenbringen kann.«
    »Herr Vater«, sagte ich und stotterte fast vor Aufregung, »wollt Ihr diese gewaltige Summe tatsächlich für mich aufwenden?
     Könnten Eure anderen Kinder in Montfort-l’Amaury dann nicht mit Recht sagen, daß ich sie um einen Teil ihres gesetzlichen
     Erbes bringe?«
    »Bewahre, mein Sohn. Sie sind erwachsen und wohlversorgt: mein Ältester ohnehin, dann habe ich meine Töchter verheiratet,
     und meine Jüngsten betreiben gemeinsam einen Seehandel, das einzige Gewerbe, das Adligen erlaubt ist, wie Ihr sicher wißt.«
    »Mit noch einer Ausnahme: der Glasbläserei«, ergänzte La Surie, aber nicht, weil er glaubte, mein Vater wisse es nicht, sondern
     weil er sich gerne selbst besann, daß auch er zum Adel gehörte und die Bräuche seines Standes kannte.
    »Im Augenblick«, sagte mein Vater, »könnte ich nur über fünfundsiebzigtausend Livres verfügen, aber ich habe guten Kredit
     und kann die übrigen fünfundzwanzigtausend bestimmt zu einem angängigen Zins leihen.«
    »Was nennt Ihr angängig?« sagte La Surie. »Der Jude, bei dem ich mein Geld Bauch ansetzen lasse, verleiht zu zwanzig Prozent.
     Wollt Ihr Euch eine derartige Schuld aufhalsen?«
    »Ich werde schon etwas für weniger finden«, sagte mein Vater.
    »Es ist gefunden«, sagte La

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