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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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gehorchte, er knüpfte sich das Tuch wie eine Schürze über sein Wams und sagte: »Von jetzt ab, Madame, seid Ihr mein
     Gehilfe, und ich rufe Euch beim Vornamen. Und weil ich Euer Meisterkoch bin, müßt Ihr zu mir ›Maître Louis‹ sagen und nicht
     ›Sire‹. Merkt Ihr Euch das?«
    »Ja, Maître Louis«, sagte Madame, die sich auf diesem Terrain sicherer fühlte als in der Poesie und an dem Spiel langsam Gefallen
     fand.
    »Elisabeth«, sagte der König, »laßt Euren Diener ein gutes Holzfeuer machen und gebt mir drei Eier, Butter, Salz, Milch, eine
     Bratpfanne und einen Kupfernapf.«
    »Kupfer?« fragte Madame.
    »Ja, es muß Kupfer sein.«
    »Eine Bratpfanne mit Stiel, Maître Louis?«
    »Natürlich«, sagte der König. »Wie soll ich das Omelette in der Pfanne hochwerfen, wenn sie keinen Stiel hat?«
    Madame brachte, was Ludwig verlangt hatte, und auf sein Geheiß knüpfte auch sie sich eine Serviette um. Sie war eifrig bei
     der Sache und blickte mit einer Bewunderung auf ihren Bruder, als schicke er sich zu einem Heldenstück an.
    Ludwig schlug die Eier säuberlich in den Kupfernapf, gab Salz, ein wenig Milch hinzu und sagte: »Und jetzt, Elisabeth, müßt
     Ihr die Eier schlagen.«
    »Aber, das habe ich noch nie gemacht!« sagte Madame ängstlich.
    »Deshalb will ich es Euch ja beibringen«, sagte der König. Er drückte ihr eine Gabel in die Hand, und indem er seine Finger
     darum schloß, setzte er sie in rasche, kreisende Bewegung, während er mit der anderen Hand den Kupernapf hielt.
    »Und warum muß man so lange schlagen?« fragte Madame
,
die das wenige, was sie tat, schon ermüdete.
    »Damit die Eier bündig werden.«
    |197| Und weil Madame vor Anstrengung Grimassen schnitt, gab er ihre Hand frei und schlug allein weiter, dann ließ er den Eierbrei
     ruhen und schlug ihn ein zweites Mal. Was mich betraf, hegte ich keinen Zweifel, daß er die Dinge tadellos machte, denn Ludwig
     war in allem Handwerklichen bestens bewandert, weil er es sich mit großer Mühe angeeignet hatte.
    »Also, das heißt Eier schlagen!« sagte Madame
,
der die Vorbereitung ein bißchen lange dauerte.
    »Richtig«, sagte Ludwig, indem er ein nußgroßes Stück Butter in die Pfanne tat und diese auf das Holzfeuer stellte. »Daher
     der Ausdruck: Jemand ist zu dumm, ein Ei zu schlagen.«
    »
Aber ist es nicht sehr ungehörig, das zu sagen?« fragte Madame
.
    »
Es kommt darauf an, zu wem Ihr es sagt«, sagte Ludwig, indem er den Eierbrei in die Pfanne goß.
    »Kann ich es zu einer Zofe sagen?« fragte Madame.
    »Das könnt Ihr, aber nur, wenn sie es verdient. Vergeßt nicht«, fuhr er ernsthaft fort, »Ihr müßt gerecht sein gegen jene,
     die Euch dienen, weil Ihr die Schwester Ludwigs des Gerechten seid.«
    »Nennt man Euch so, Sire?« fragte Madame ganz eingeschüchtert.
    »So will ich einmal genannt werden«, sagte Ludwig, »und nicht Ludwig der Stotterer, wie böse Zungen sagen.«
    »Wer sind denn die bösen Zungen?« fragte Madame.
    »Keine französischen«, sagte Ludwig, der sich trotzdem hütete, sie zu nennen. »Elisabeth«, fuhr er fort, »nennt mich nicht
     ›Sire‹, solange ich Euer Meisterkoch bin.«
    »Ich denke dran, Maître Louis«, sagte Madame.
    Sie verstummte, Ludwig auch. Und Schulter an Schulter sahen beide Kinder ehrfürchtig zu, wie das Omelett stockte.
    »Wollt Ihr es wirklich hochwerfen, Maître Louis?« fragte Madame bänglich.
    »Jawohl, Elisabeth!«
    »Geht es nicht anders?« fragte sie.
    »Es geht anders und würde am Geschmack des Omelettes auch nichts ändern. Aber es ist galanter, wenn man es hochwirft. Geht
     beiseite, Elisabeth, falls es mißlingt, soll Euch das Omelett ja nicht auf den Kopf fallen.«
    Das war reiner Spaß, denn er wendete das Omelette geschickt in der Luft und fing es flach in der Pfanne auf.
    |198| »Bravo!« sagte Madame und klatschte in die Hände, und zwar so freudig, daß Blainville und ich einfielen.
    Ludwig warf einen Blick auf seine Uhr, und als er meinte, das Omelett sei nun golden genug, ließ er es auf einen Teller gleiten
     und fragte mit ziemlich stolzem Blick in die Runde: »Wer möchte?«
    Aber weder ich noch Blainville noch Madame hatten Hunger und Ludwig auch nicht. Also faßte er einen Entschluß, der zeigte,
     daß er vorher nicht über das Omelettebacken hinausgedacht hatte.
    »Monsieur de Blainville«, sagte er, »beliebt es Euch, aus meinen Gemächern drei meiner kleinen Edelleute zu holen? 1 Die räumen sicher augenblicks mit diesem Gericht

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