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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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wie einen Bruder.‹«
    Hierauf neigte er den Kopf vor dem Herzog von Pastrana, der ihm für seine Worte dankte, ihm abermals drei tiefe Kniefälle
     machte und mit seiner glänzenden Eskorte verschwand.
    »Oh, Monsieur de Souvré«, sagte Ludwig, kaum daß der spanische Grande fort war, »bitte, ruft meine Diener, damit sie mich
     auskleiden. Ich ersticke in diesen Sachen.«
    »Sire«, sagte Monsieur de Souvré so ärgerlich wie bekümmert, »Ihr habt in Eurem Kompliment den ›guten Rat‹ ausgelassen.«
    »Habe ich den ausgelassen?« fragte Ludwig wie erstaunt.
    »Jawohl, Sire.«
    »Ach! Das tut mir leid«, sagte Ludwig. »Monsieur de Souvré, vergebt mir, es war ein Versehen.«
    |203| Daß es durchaus keines war, sah ich, als Ludwig sich von Monsieur de Souvré zu den Dienern umwandte, die ihn seines Prachtgewandes
     entledigten, und ein kleines Funkeln in seinen Augen glomm, das mir zu denken gab.
    * * *
    Ludwig wußte sehr wohl, mit welch finsterer Regelmäßigkeit die Dornen und Prüfungen, mit denen sein Vater sich sein Leben
     lang herumschlagen mußte, allesamt aus Spanien über ihn gekommen waren, und ich bin mir sicher, daß er es als Verrat an seinem
     Andenken empfunden hätte, wenn er nicht allem, was von jenseits der Berge kam oder kommen würde, mit Mißtrauen und Ablehnung
     begegnete. Die Bestätigung dafür erhielt ich am selben Abend, als ich um fünf Uhr seine Gemächer betrat. Musik empfing mich,
     und als ich auf Zehenspitzen weiterging, fand ich das ganze Königshaus in andächtiges Lauschen versunken, jedenfalls tat man
     so. Ludwig saß und stützte den Kopf in die Hand. Ein Sänger und zwei Gitarrespieler boten kastilische Lieder dar. Alle drei
     gehörten selbstverständlich zum Gefolge des Herzogs von Pastrana. Mir gefielen die Melodien und Rhythmen sehr, aber Ludwig
     schien mein Empfinden nicht zu teilen. Denn obwohl er Musik liebte, trug sein Gesicht jene schmollende Miene, die ich nur
     zu gut kannte. Und weil an den mitreißenden Weisen wahrlich nichts auszusetzen war, konnten sie ihn nur auf Grund ihrer Herkunft
     und der Nationalität des huldvollen Spenders dieses Konzertes so verstimmen. Trotzdem dankte Ludwig am Ende den Musikern und
     ließ ihnen durch Monsieur de Souvré Geld austeilen.
    Kaum waren die Musiker gegangen, als ein aufgeputzter spanischer Edelmann mit einem Diener erschien, der ein sehr umfängliches
     Paket brachte, ein Geschenk Seiner Exzellenz des Herzogs von Pastrana für Seine Majestät. Monsieur de Souvré nahm das Paket
     in Empfang, nicht ohne wortreiche Komplimente beiderseits wie auch tiefe Kniefälle, als der Überbringer sich zurückzog.
    Da man von außen fühlen konnte, daß das Paket etwas wie Stoffe enthielt, ließ Monsieur de Souvré den königlichen Großkämmerer
     rufen, den jungen Comte de La Rochefoucauld, der fast im Laufschritt anlangte, lange blonde Locken um sein |204| schönes frisches Gesicht. Sein Großvater, ein Protestant, war als einer der ersten der Bartholomäusnacht zum Opfer gefallen;
     der junge Comte aber, der wenig für Religion und viel für gutes Leben übrig hatte, bekehrte sich unter Henri Quatre zum Katholizismus
     und folgte Roquelaure in einem Amt, das seinem Inhaber nicht nur eine gute Pension eintrug, sondern auch beneidenswerte ›Nadelgelder‹
     von seiten der Lieferanten, auch wenn Ludwig nie großen Wert auf Schmuck und Prunk legte.
    La Rochefoucauld hieß einen Diener das Paket öffnen, zum Vorschein kamen vierundzwanzig parfümierte Häute – eine spanische
     Spezialität – und vierundfünfzig Paar Handschuhe, vermutlich unterschiedlicher Größen, weil es mehr als eines Menschenlebens
     bedurft hätte, sie zu verbrauchen. La Rochefoucauld mußte denselben Gedanken haben, denn er sagte: »Sire, diese Leder und
     diese Handschuhe könntet Ihr gut Euren ausländischen Besuchern zum Geschenk machen.«
    »Oh, nein!« sagte Ludwig, ohne den Dingen auch nur einen Blick zu gönnen. »Das gibt Halsbänder für meine Hunde und Zaumzeug
     für die Pferde.«
    La Rochefoucauld war ein zu vollendeter Höfling, um sich seine Überraschung anmerken zu lassen, als er die verächtliche Bemerkung
     hörte, doch sagte er mir später, so schön die Häute auch seien, hätte der Herzog von Pastrana dem kleinen König doch besser
     eine Hakenbüchse schenken sollen. Ich widersprach ihm nicht, doch ich wußte, in der Verfassung, in der Ludwig war, hätte nichts
     ihn erfreut, was von dort kam, nicht einmal eine Büchse.
    Fünf

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