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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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und Schurkereien auch in den Kerkern
     der Toskana aufgehalten, nie, niemals aber in Feldlagern und Heeren. Seine einzige Heldentat – und nachdem ich die Person
     gesehen hatte, mußte ich es durchaus zugeben – war, daß er die |209| Friseuse geheiratet hatte, welche die Königinmutter zu ihrer engsten Vertrauten gemacht hatte und die auf die Dauer ihre Herrin
     beherrschte. Ihr verdankte er alles: sein unerhörtes Vermögen, sein Marquisat von Ancre und seine Erhebung zum Marschall von
     Frankreich.
    Schön, von Steinen funkelnd, die ihn wenig gekostet hatten, mit Adlernase, raubgierigen Kiefern, schrägen Augen, trug er,
     da er die Menge durchschritt, jene schamlose und dünkelhafte Miene zur Schau, über die Bellegarde sich weidlich lustig gemacht
     hatte. Dieser Mann, dachte ich, hat bereits ein gut Teil des Reiches verschlungen und wird, wenn man ihn läßt, noch das ganze
     verschlingen.
    Ob sein Florentiner Adel nun falsch oder echt war (dem Pariser Gerichtshof war keine Zeit gelassen worden, es aufzuklären),
     soviel mußte man zugestehen, daß der schöne Marschall vor Ihren Majestäten alle protokollarischen Sperenzien – Kniefälle,
     Handküsse, die Schritte vor und zurück – mit einer Grazie vollführte, die, wenn nicht seiner Erziehung, so zumindest seinem
     komödiantischen Talent Ehre machte.
    Weniger gut bestand er seinen Marschallseid und die kleine Rede, die er darauf folgen ließ, weil er diese in einem italienisch
     gefärbten Französisch vorbrachte, das die anwesenden Erben der alten Familien ein wenig zu sehr daran gemahnte, daß das französische
     Reich nunmehr in den Händen dreier Florentiner lag, der Königin und der beiden Concinis.
    Von dieser kleinen Rede des Marschalls habe ich nur die letzten Worte behalten, weil ich in ihrem unverfrorenen Freimut eine
     Herausforderung der Großen des Reiches zu erkennen meinte: »Sire«, schloß der Marschall von Ancre, »ich habe allen Grund,
     Euer Diener zu sein, denn als Fremder und ohne einen blanken Heller in dieses Land gekommen, empfing ich von Eurer Majestät
     und von der Königin Eurer Mutter so viele Wohltaten, daß diese mich verpflichten, Euer Diener zu bleiben, solange ich lebe,
     und daß ich mich sehr elend fühlen würde, wenn ich diese Verpflichtung nicht als solche empfände.«
    Worauf Ludwig, ohne zu stottern, aber auch ohne die geringste Wärme mit dem Satz antwortete, den er so mühsam von den Lippen
     desjenigen gelernt hatte, der eigentlich als der neue Marschall hier hätte vor ihm stehen sollen.
    |210| »Mein Cousin, ich erwarte mir Gutes von Euren Diensten und danke Euch für Eure Bereitwilligkeit.«
    Ich blickte auf die Herzöge und Pairs, wie sie, hinter dem Thron des Königs und der Königinmutter stehend, diesem Dialog lauschten.
    Da waren Condé, Mayenne, Nevers, Longueville, Guise, Épernon, Bouillon, Vendôme – kurz jene, die man die Großen nannte, die
     in diesem Reich über Städte und Provinzen herrschten, aber denen die Königin weder zu Lebzeiten des Königs, noch seit sie
     Regentin war, in ihrem stumpfsinnigen Dünkel die mindeste Beachtung, die mindeste Huld bezeigt hatte. Als die Regentschaft
     begann, hielten die Großen sich dafür schadlos, sie hatten ein unfehlbares Mittel entdeckt, ihrer Herrscherin etwas für ihre
     leeren Kassen abzunötigen. Beim geringsten Anlaß zur Unzufriedenheit schmollten sie, verließen den Hof, verschanzten sich
     in ihren Städten und hoben Truppen aus. Was sie mit großem Erfolg taten, nahezu seit die Königin an der Macht war, und was
     sie stets aufs neue tun sollten, damit man ihre Beutel füllte. Denn die Regentin, anstatt ihnen an der Spitze königlicher
     Heere entgegenzutreten, hatte sich in ihrem bißchen Verstand einfallen lassen, ihnen mit Goldsäcken nachzulaufen, damit sie
     nur ja an den Hof zurückkehrten.
    Da ich während dieser Eideszeremonie auf den Gesichtern der Großen Hochmut und Verachtung für den neuen Marschall erkannt
     zu haben meinte, fragte ich beim Mittagsmal den Marquis de Siorac: »Glaubt Ihr nicht, Herr Vater, daß sich bei den Großen
     so viel wütende Eifersucht gegen Concini angehäuft hat, daß diese ihn eines Tages zur Strecke bringen wird?«
    »Ich glaube nicht«, sagte mein Vater. »Dazu müßten die Großen sich einig sein und außerdem einen Sinn für den Staat haben.
     Sie haben aber nur Sinn für ihre Interessen, und keiner ist des anderen Freund, aber auch nicht wirklich sein Feind. Was verschlägt
     es also, daß

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