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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Zimmer nicht mal einen Seufzer.«
    »Und warum zu dritt, da es ein Zwiegespräch sein soll?«
    »Weil Zohra beschäftigt sein muß, Herr Chevalier. Sonst würden die Bediensteten nicht verstehen, warum man Euch das blaue
     Zimmer gibt, und würden schwatzen.«
    |215| »Gut, Monsieur, der dritte Mann wird mein Page La Barge sein, die beiden anderen – ich und noch jemand – seine Gäste.«
    Mein Page schwamm in Seligkeit, als er erfuhr, daß seine Rolle bei diesem Rendezvous darin bestand, der schönen Zohra Gesellschaft
     zu leisten, während Bellegarde und ich im Kabinett nebenan redeten.
    »Endlich!« sagte er aus tiefster Kehle. »Endlich komme ich in den Hafen meiner Träume! Eine Frau! Eine Frau für mich allein!
     Und nackend! Die mir jeden Wunsch erfüllt! Aber, wird sie das wirklich?«
    »Bestimmt.«
    »Schön ist sie, sagt Ihr? Schön, einen Heiligen zu verdammen?«
    »Sogar sämtliche Heiligen zusammen.«
    »Und wie heißt sie?«
    »Zohra.«
    »Zohra? Oh, Monsieur, was für ein schöner Name! Wie süß er klingt, wie poetisch! Diesen Namen habe ich noch nie gehört.«
    »Aus einem einfachen Grund«, sagte ich, »er ist maurisch.«
    »Wie?« fragte La Barge, auf einmal ernüchtert, »das ist eine Maurin?«
    »Unzweifelhaft.«
    »Ach, so ist das!« rief La Barge, das junge Gesicht voll Verzweiflung und Tränen in den unschuldigen Augen.
    »Was stört dich?« fragte ich mit gespieltem Erstaunen.
    »Es ist eine Ungläubige, Herr Chevalier, und mit einer Ungläubigen zu vögeln ist eine große Sünde.«
    »Wieso?« fragte ich. »Meinst du, ihre kleine Möse macht deinen Schwanz zum Ketzer? Würdest du nicht ebenso sündigen, wenn
     du es außerehelich mit einer Christin triebst?«
    »Aber, das ist doch nicht dasselbe!« rief La Barge. »Mit einer Christin ist es eine läßliche Sünde! Aber mit einer Ungläubigen,
     pfui! Schon beim Anblick des Teufelsweibes würden sich mir die Eingeweide verklemmen.«
    »Kleiner Dummkopf!« sagte ich, »nichts wird sich dir verklemmen! Weil die maurische Zohra Christin ist, wie es das hübsche
     goldene Kreuz zwischen ihren Brüsten bezeugt.«
    »Habt Ihr die gesehen, Monsieur?« fragte er verwirrt.
    »Ja, das Kreuz wie die Brüste.«
    |216| »Wie, nackt?« fragte er mit einem Anflug von Eifersucht.
    »Unter so hauchdünnem Stoff, daß man sie hindurchsah. Und auch ohne Kreuz hätte ich sie nicht ketzerisch gefunden, La Barge,
     denn sie sind rund, prall und schön braun.«
    »Ach, Monsieur!« sagte La Barge flammenden Auges, »wie froh ich bin, daß Zohra Christin ist! Und bestimmt ist es was Besonderes,
     daß ihre Brüste braun sind, denn die Dekolletés unserer Kammerfrauen sehen doch derart fade aus! Monsieur«, fragte er, »was
     glaubt Ihr: wenn mich dieser Abend zum Mann macht, ob ich dann endlich groß werde?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ob ich dann wachse, Monsieur?«
    »Das kann schon sein!« sagte ich.
    Und sehr ergötzt von dem Gespräch, zog ich ihn an mich und klopfte ihm auf die Schulter, was ihn ziemlich bewegte, denn ohne
     Vater aufgewachsen, hatte er mich trotz meiner Jugend an dessen Statt erwählt.
    Bellegarde war ein Freund meines Vaters und auch Bassompierres, zu dessen Tafelgenossen er mit Joinville, Schomberg, d’Auvergne
     (derzeit in der Bastille) und Sommerive gehörte, jenen Edelleuten, von denen meine Toinon mir am ersten Tag, als sie in mein
     Leben trat, gesagt hatte, sie seien ›so schön und wohlerzogen, drüber geht es schon nicht.‹
    Leider nur war der Kopf des Herzogs, wie man sehen wird, nicht ebensogut bestellt wie schön. Nicht daß Bellegarde dümmer war
     als andere Edelleute seines Ranges, er war bestens bewandert in allen Waffen, im Tanzen, Reiten, in Glücksspielen, nur eben
     nicht in Büchern. Trotzdem, auch wenn er keine las, hatte er Achtung vor ihnen, förderte die Künste und setzte Malherbe eine
     Pension aus.
    Die Damen im Louvre, deren großer Favorit er neben Bassompierre war, verlangten aber gar nicht mehr, er verführte die leichtsinnigen
     Tugenden des Hofes allein durch seinen Leichtsinn, immer liebenswürdig, immer gut gelaunt, ein Draufgänger mit wenig Hirngewicht.
     Und welcher Reifrock hätte diesen kitzelnden, schwarzen Augen, diesen gemeißelten Zügen, diesen strahlenden Zähnen, diesem
     Lippenschwung unterm gezwirbelten Schnurrbart widerstehen können?
    Das blaue Zimmer, in das Zamets
maggiordomo
uns führte, war für mein Gefühl mehr prunkvoll als schön. Ich fand das |217| Blau kalt und schreiend,

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