Königskinder (German Edition)
grauenhaft, Briefe von meinem Mädchen zu erhalten, die zwei oder drei Monate alt sind, Berichte über Gefühle im Frühling, die im Herbst ankommen, während es an dem Ort, an dem sie geschrieben wurden, bereits Sommer ist. Dort drüben ist alles durcheinander, der Mond hängt verkehrt am Himmel, im Frühjahr wüten Sandstürme, die Sonne lodert das ganze Jahr über, während zugleich die Nächte eisig kalt sind, und die Fliegen halten Dich auf Trab, damit Du in der Hitze nicht faul wirst. Wir wurden sehr gut behandelt, hatten reichlich zu essen, Butter, Fleisch und alles andere. Es ist eine Wonne, wieder in einem gemauerten Haus zu wohnen, wenngleich mir als freier Mann mit Dir auch eine Hütte recht wäre.
Eric
23. August 1941
Liebste Irka, danke für das Paket, das heute angekommen ist. Hoffentlich hast auch Du die Schokolade und die Zigaretten erhalten, ein ärmliches Geschenk, das ich Dir von meiner Weltreise mitgebracht habe. Und was für eine Reise das war! Traumländer mit Palmen, hohen Bergen und schönen Städten haben wir gesehen. Aber die Schönheit dieser Welt vermag in diesen Zeiten nicht zu begeistern, obwohl ich mir oft dachte, wie herrlich es wäre, all das mit Dir gemeinsam zu erleben. Hier ist das Kino ein kleines Fenster, das uns einen Blick ins wirkliche Leben bietet, und einmal wöchentlich öffnet es sich. Abgesehen von meiner Sehnsucht nach Dir geht es mir gut. Ich hatte keine Probleme mit der Umstellung auf das rationierte Essen und lese viel, Bücher und Zeitungen. Meistens halte ich mich in dem wunderschönen Park mit der traumhaften Aussicht aufs Meer auf, und jetzt gehe ich gleich schwimmen. Aber was nützen all diese Annehmlichkeiten, wenn ich sie nicht mit Dir teilen kann? Ich freue mich auf ein Leben mit Dir, auch wenn es härter sein wird als das bisherige, ich freue mich auf die Arbeit und auf die Möglichkeit, mich endlich nützlich zu machen.
In Liebe Eric
24. August 1941
My Darling, es tut mir leid, dass ich Dich mit meinen Briefen, die Dich drängen zu schreiben, nervös gemacht habe, aber ich hatte seit fast einem halben Jahr nichts von Dir gehört. Jetzt, wo ich weiß, dass es Dir gutgeht, mache ich mir keine Sorgen mehr. Also, Darling, keine Aufregung, ich bin darauf gefasst, dass die Dinge sich nicht so schnell entwickeln, wie wir es wünschen, aber es ist leider unvermeidlich. Glaub nicht, dass ich Dich dafür verantwortlich mache, wenn ich den Wunsch äußere, dieses Lagerleben endlich hinter mir zu lassen. Zu unserem Hochzeitstag sende ich Dir meine allerherzlichsten Wünsche und meine Bereitschaft für ein liebevolles Beisammensein in der Zukunft.
Dein Erich
Wenige Tage später schreibt Mr. Williams Erich, dass er ihn für seine Fabrik als Gasschmelzschweißer und Werkzeughärter anfordert. Für eine Arbeitswoche von siebenundvierzig Stunden bietet er ihm einen wöchentlichen Anfangslohn von drei Pfund, sollte Erich wie die anderen Arbeiter Überstunden leisten, könne er auf vier Pfund die Woche kommen. «Wir erwarten», schreibt Mr. Williams, «dass Sie sich mit Herz und Seele in Ihre neue Tätigkeit einarbeiten. Nach Ihrer Rückkehr in ein geordnetes Familienleben sollte es keinen Grund geben, warum Sie in St. Albans nicht glücklich werden sollten.»
Noch bevor dieser Brief Erich erreicht, schickt Irka ihm ein Telegramm, um ihm die freudige Nachricht mitzuteilen. Nun muss Erich seinerseits beim Innenministerium um seine Freilassung ansuchen.
1. September 1941
Dear Irene, ich bin sehr zufrieden, wie sich die Dinge entwickeln, und obwohl ich noch immer von einer längeren Internierung ausgehe, sehe ich doch Licht am Ende des Tunnels. Ohne Australien wäre ich schon längst frei. Wie froh bin ich, wieder in England zu sein! Dort drüben habe ich mich ziemlich verloren gefühlt. Es gibt so viel, worauf ich mich hier freue, nicht nur auf Dich und die Freiheit, sondern auch auf meine neue Schreibmaschine. Einige Worte über mein Leben hier: Einmal wöchentlich verlasse ich das Lager, um schwere Erdarbeiten zu verrichten, so verdiene ich mir zwei Shilling. Die Insel ist unglaublich schön, und unser Arbeitsplatz liegt eine halbe Stunde vom Lager entfernt. Die Vegetation und die grünen Hügel machen vor allem uns, die aus Hay kommen, glücklich. Den Rest der Woche verbringe ich mit Lesen, Schachspielen, Wäschewaschen, Spaziergängen oder einem Bad im Meer. Das Wasser ist schrecklich kalt. Ich sollte es ein träges Leben nennen, obwohl mir am Ende des Tages wenig
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