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Königskinder (German Edition)

Königskinder (German Edition)

Titel: Königskinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Fischer
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vom blauen Likör. Überall im Hafen liegen britische Tanker. Eine niederländische Zeitung ist an Bord gekommen. Sie berichtet vom Appell Stalins an die Arbeiter der besetzten Länder und von Sabotageakten in den tschechoslowakischen Škoda-Werken.
    Ab Curaçao gibt es jeden Morgen eine Übung für den Notfall. Jedem Passagier wird ein Kärtchen in die Hand gedrückt, auf dem steht, welches sein Rettungsboot ist. Das von Erich und Otto trägt die Nummer 5A und befindet sich an der Steuerbordseite des A-Decks. Auf ein Signal hin müssen sich alle Passagiere mit ihren Rettungsringen versammeln, um Anweisungen für den Ernstfall entgegenzunehmen. Es ist beruhigend zu wissen, dass man dieses Mal wenigstens nicht sich selbst überlassen wäre. Am sechsten Juli, einem Sonntag, werden die Rettungsboote hinuntergelassen, um im Notfall einsatzbereit zu sein.
    Die Largs Bay segelt an der Küste Nordamerikas entlang und erreicht am elften Juli Halifax in Kanada, wo das Schiff einige Tage vor Anker liegt. Ein Händler nähert sich mit seinem Motorkutter und bietet Leckereien und Dinge des täglichen Gebrauchs an. Mit einem Feuereimer, der an einen Strick gebunden ist, werden die Sachen aufs Schiff befördert.
    Die friedlichen Tropen liegen hinter ihnen. Auch kalt ist es geworden, Jacken und Mäntel werden aus den Kabinen geholt. Ein Konvoi von siebzig Schiffen formiert sich, Frachter und Tanker aller Größen, die Largs Bay als einziges Passagierschiff und einige Fregatten, die mit großer Geschwindigkeit die Peripherie des Konvois umkreisen, nach U-Booten Ausschau halten und Umgruppierungen in der Reihenordnung der Schiffe signalisieren.
    In den berüchtigten Nebelbänken von Neufundland können die Passagiere drei Tage lang die Hände nicht vor den Augen sehen. Die Schiffe sind hell beleuchtet und halten Kontakt durch Nebelhörner, die Tag und Nacht im Abstand von einer Minute ertönen.
    Dem ersten englischen Zerstörer bereiten sie einen stürmischen Empfang. Bald lassen sich englische Kampfflugzeuge blicken und kreisen bis zum Ende der Reise über dem Konvoi. Rückkehr in den Krieg.
    In fiebriger Vorfreude schreibt Erich an Irka:
Irka Darling, ich bin wieder zurück! Ich schreibe diese Zeilen auf dem Schiff im allerletzten Augenblick vor unserer Landung. Kannst Du Dir meine Gefühle vorstellen, Dich nach so langer Zeit wiederzusehen? Da ich annehme, dass Du in der Zwischenzeit umgezogen bist, habe ich keine Adresse von Dir, also bitte ich wieder das Bloomsbury House, den Brief an Dich weiterzuleiten. Und da ich nicht weiß, was sie nach unserer Ankunft mit uns vorhaben, kann auch ich Dir noch keine Adresse angeben.
In großer Sehnsucht, Eric
    Am neunundzwanzigsten Juli erreichen sie die Hebriden. Die Passagiere beginnen mit ihren Landungsvorbereitungen. Der Geleitzug teilt sich in zwei Gruppen. Die See ist glatt, die Sonne scheint. Erich und Otto genießen die letzten Stunden an Bord in ihren Liegestühlen. Begleitet von kreischenden Möwen, segelt die Largs Bay durch den North Channel und den Firth of Clyde nach Glasgow, wo sie am ersten August eintreffen.
    «Wir sind gratis um den ganzen Erdball gereist, ist das nicht großartig?», sagt Erich.
    «Ich bin nur gespannt, was jetzt mit uns passiert», entgegnet Otto mürrisch.
    Als alle anderen ausgestiegen sind und nur die Internierten einen weiteren Tag an Bord festgehalten werden, ahnen sie, dass ihre Zeit als freie Männer zu Ende gegangen ist.

[zur Inhaltsübersicht]
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    Hutchinson Internment Camp, Douglas, Isle of Man, ist Erichs nächste Adresse.
    «Welcome back to Great Britain!» , wünscht eine Sonderausgabe der Zeitschrift von Camp P den Neuankömmlingen. Dass sie es geschafft haben, sicher in Großbritannien zu landen, sei erst einmal das Wichtigste, schreibt Chefredakteur Carlo Pietzner.
In den ersten Tagen oder Wochen (beten wir, dass es nicht Monate dauern wird) werdet ihr euch allerdings auf diesem kleinen Stück Land aufhalten müssen, von wo aus das Festland nur an seltenen klaren Tagen zu sehen ist. Großbritannien ist es trotzdem. Schon bald werdet ihr euch dort, auf der größeren Insel, frei bewegen können, einer Insel mit Männern und Frauen, an deren Küsten sich der Stacheldraht gegen den wahren Feind richtet, zu dessen Bekämpfung auch ihr beitragen werdet.
    In der Zwischenzeit, informiert der Kulturverantwortliche, stehe den Internierten eine Sprachschule und eine Technische Schule zur Verfügung, die dazu beitragen können, die Lagerzeit

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