Königskinder (German Edition)
Muße bleibt.
Dein Erich
4. September 1941
Heute musste ich beim Arbeitsamt der Insel vorsprechen. Alles wird gut, hoffentlich sind wir zu meinem und erst recht zu Deinem Geburtstag beisammen. Gib bitte kein Geld aus, um mir Pakete zu schicken, ich habe alles, was ich brauche. Sei ein braves Mädchen und warte geduldig auf Deinen Mann, der gar nicht mehr so weit von Dir entfernt ist.
Eric
8, Worley Rd., St. Albans, 5. September 1941
Liebster Eri, ich habe Dir lange nicht geschrieben, weil ich so beschäftigt war. Jetzt zwacke ich eine halbe Stunde von meiner Mittagspause ab. Der Antrag des Arbeitgebers wurde erst einmal an die falsche Adresse geschickt, eine weitere Verzögerung. Bitte lass mich rechtzeitig wissen, wann sie Dich entlassen, denn ich muss mich um ein größeres Zimmer kümmern, was in St. Albans nicht einfach ist. Nächste Woche habe ich zwei Wochen lang Nachtschicht, und von da an alle vierzehn Tage jeweils für zwei Wochen. Davon bin ich nicht begeistert, aber da kann man nichts machen. Das Wetter ist derzeit traumhaft, und ich hoffe, Du kannst es genießen, solang Du keine Arbeit hast. Ich verbringe den ganzen Tag in der Fabrik, mit nur einer Stunde an der frischen Luft. Mehr am Samstag.
Deine Irka
8. September 1941
Liebste, jetzt muss ich Dich um etwas bitten: Kannst Du bei einer Buchhandlung The B. O. C. Handbook for Oxy-Acetylene Welders bestellen? Es kostet etwas über drei Pfund. Vielleicht findest Du auch Literatur über Werkzeughärten. Ich brauche diese Bücher, um die technischen Ausdrücke auf Englisch zu lernen. Wir können jetzt nichts anderes tun als auf die Entscheidung warten. In der Zwischenzeit möchte ich mich sinnvoll beschäftigen, deshalb die Bitte um die Bücher.
Eric
15. September 1941
Dear Irka, Deinen versprochenen Brief vom Samstag habe ich nicht erhalten. Jetzt bin ich wieder vierzehn Tage ohne Nachricht von Dir, hoffentlich geht es Dir gut. Ich habe Dich gebeten, mir ein Buch über Schweißen zu schicken. Vor ein paar Tagen wurde uns mitgeteilt, dass wir Bücher nur erhalten dürfen, wenn sie direkt von der Buchhandlung versendet werden. Solltest Du also das Buch schon abgeschickt haben, werde ich es nicht bekommen. Auch das in Deinem Brief vom 28. August angekündigte Päckchen ist nicht eingetroffen. Du Arme, Du arbeitest zehn und mehr Stunden und musst Dich auch noch um Deinen Mann kümmern, der hinter Stacheldraht sitzt! Aber jetzt wird es ja nicht mehr lange dauern. Vom Tag der Antragstellung an muss man noch mit vier bis sechs Wochen rechnen, aber meistens ist es weniger. Hier ist es schon ziemlich kalt, und ich verbringe mehr Zeit drinnen. Schade, dass wir kaum noch sonnige Sommertage haben werden, wenn wir wieder beisammen sind. Achtung: Ich wohne jetzt in Haus 2.
Eric
22. September 1941
Liebste Irka, Dein Brief vom 5. September hat lange gebraucht, weil keine Briefmarke drauf war. Darling, hast Du Dich an die Nachtarbeit gewöhnt? Es tut mir ja so leid, dass ich hier untätig herumsitze, während Du so schwer arbeiten musst. Ich bin sehr froh, dass das Home Office und das Arbeitsamt mit der Fabrik Kontakt aufgenommen haben. Deinen Geburtstag werde ich bestimmt mit Dir feiern können. Vor schwerer Arbeit scheue ich mich nicht, das Einzige, was ich befürchte, ist, dass Du in der Nacht arbeitest und ich am Tag, sodass wir uns gar nicht sehen. Ob Du wohl Zeit und Geduld hast zu lesen? Wahrscheinlich nicht. Da geht es mir besser, lesen ist das einzige Vergnügen, das ich hier habe. Es tut mir leid, dass dieser Brief so langweilig ist, aber so fühle ich mich.
Love, Eric
25. September 1941
Irka, Liebste, danke für das Buch, mit dem ich jetzt den ganzen Tag beschäftigt bin. Mehrere «Australier» sind schon entlassen worden. Oft denke ich daran, wie unser Wiedersehen sein wird nach bald anderthalb Jahren der Trennung. Es wird ein großer Tag sein, mein ganzes Leben wird sich ändern. Ich bereite mich schon vor, obwohl es ja noch ein paar Wochen dauern kann, stopfe Socken, eine miese Arbeit, und ordne alles, damit es außer der Fabrik nichts gibt, was unser Zusammenleben stört. Bedauerlicherweise muss ich im Lager meinen einzigen guten Anzug tragen. Hätte ich eine alte Hose, könnte ich ihn für später schonen. Wenn Du eine findest, schick sie mir bitte. Jetzt ist es schon zu kalt für kurze Hosen, und es ist jammerschade, zur Arbeit den guten Anzug zu tragen. Darling, nur noch ein paar Wochen, und dann werden wir für immer zusammenbleiben. Schick mir
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