Königsklingen (First Law - Band 3)
die Lücken zwischen den Vorhängen und schimmerten auf der hochpolierten, wenn auch etwas unebenen Platte eines antiken Tischs. Für sich genommen wäre jedes der Möbelstücke wohl durchgegangen, aber in dieser Zusammenstellung wirkten sie erdrückend. Dennoch, sagte sich Jezal, als er sich stirnrunzelnd umsah, er war schließlich wegen Ardee gekommen und nicht wegen ihrer Möbel.
Es war schon albern. Seine Knie waren weich, sein Mund trocken, sein Kopf drehte sich, und mit jedem Augenblick, der verging, wurde es schlimmer. Nicht einmal in Aulcus hatte er solche Angst gehabt, als eine Rotte brüllender Schanka ihn verfolgt hatte. Nervös tigerte er durch das Zimmer, ballte die Fäuste und lockerte sie wieder. Dann sah er auf die ruhige Straße hinaus. Er beugte sich über einen Stuhl, um das riesige Gemälde genauer in Augenschein zu nehmen. Ein muskulös wirkender König saß mit einer übergroßen Krone da, während Edelleute in Pelzen vor ihm knieten und sich ihm zu Füßen versammelten. Harod der Große, wie Jezal vermutete, aber diese Erkenntnis machte ihn auch nicht froh. Bayaz’ liebstes und auch langweiligstes Gesprächsthema waren die Leistungen dieses Mannes gewesen. Harod der Große hätte sich, was Jezal anging, in Essig einlegen lassen dürfen. Harod der Große konnte ihn mal ...
»Na, sieh mal einer an.«
Sie stand in der Tür, das helle Licht aus dem Flur hinter ihr schimmerte auf ihrem dunklen Haar und an den Rändern ihres weißen Kleids. Den Kopf hatte sie ein wenig zur Seite gelegt, und die winzige Spur eines Lächelns lag auf ihrem schattenumlagerten Gesicht. Offenbar hatte sie sich kaum verändert. Oft im Leben sind jene Augenblicke, die man so lange herbeisehnt, große Enttäuschungen. Aber das Wiedersehen mit Ardee nach dieser langen Trennung war ganz eindeutig eine Ausnahme dieser Regel. All seine sorgfältig zurechtgelegte Konversation verpuffte im Bruchteil eines Augenblicks, und sein Kopf war plötzlich so leer wie an jenem Tag, als er sie das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte.
»Sie leben also noch«, sagte sie leise.
»Ja ... äh ... gerade so eben.« Er brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Dachten Sie, ich sei tot?«
»Ich hatte es gehofft.« Das trieb ihm das Lächeln sofort wieder aus dem Gesicht. »Weil ich nicht einmal einen einzigen Brief bekam. Aber wenn ich ehrlich bin, dann glaubte ich eher, Sie hätten mich vergessen.«
Jezal verzog das Gesicht. »Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht geschrieben habe, wirklich sehr leid. Ich wollte ja ...« Sie schloss die Tür und lehnte sich, die Hände hinter dem Rücken, gegen das Holz, während sie ihn weiterhin mürrisch ansah. »Es verging kein Tag, ohne dass ich Ihnen schreiben wollte. Aber ich wurde abberufen und hatte überhaupt keine Gelegenheit, irgendjemanden zu benachrichtigen, noch nicht einmal meine Familie. Ich war ... weit, weit weg, im Westen.«
»Das habe ich gehört. Die ganze Stadt erzählt sich davon, und wenn ich es schon gehört habe, dann muss es wirklich allgemein bekannt sein.«
»Sie haben es gehört?«
Ardee machte eine Kopfbewegung in Richtung Flur. »Von dem Dienstmädchen.«
»Von dem Dienstmädchen?« Wie, zur Hölle, konnte es sein, dass irgendjemand in Adua, und dann noch Ardee Wests Dienstmädchen, etwas von seinem Unglück erfahren hatte? Plötzlich überfielen ihn unangenehme Bilder. Grüppchen von Bediensteten, die über die Vorstellung kicherten, wie er wegen seines zerschlagenen Gesichts heulte. Dass jeder auch nur einigermaßen bedeutende Mensch in der Stadt darüber klatschte, wie dämlich er ausgesehen haben musste, als ihn ein vernarbter, grobschlächtiger Nordmann mit einem Löffel fütterte. Er fühlte, dass er bis über die Ohren errötete. »Was hat sie erzählt?«
»Oh, Sie wissen schon.« Sie schritt gedankenverloren durch das Zimmer. »Dass Sie bei der Belagerung von Darmium die Mauern erkletterten, nicht wahr? Dass Sie dann den Truppen des Kaisers die Tore öffneten und so weiter.«
»Was?« Jetzt war er noch verwirrter als zuvor. »Darmium? Ich meine ... wer hat ihr erzählt ...«
Sie kam nun näher, noch näher, und er wurde immer nervöser, bis er stotternd abbrach. Noch näher kam sie, und nun sah sie mit leicht geöffneten Lippen zu ihm auf. Sie war so nahe, dass er sich sicher war, dass sie ihn in ihre Arme nehmen und küssen würde. So nahe, dass er sich voll Vorfreude ein wenig nach vorn beugte und halb die Augen schloss, während seine Lippen bereits
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