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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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einer Kerze. »Besinnst du dich meiner nicht mehr, Bayaz?« Nun zeigte sich ein anderes Gesicht darunter, ein hartes Gesicht, weiß wie blasser Marmor. »Du hast gesagt, du würdest mich ewig lieben.« Die Luft war eisig kalt. Ferros Atem kondensierte vor ihrem Mund. »Du hast mir versprochen, wir würden uns niemals trennen. Als ich das Tor meines Vaters für dich öffnete ...«
    »Nein!« Bayaz taumelte einen Schritt zurück.
    »Du wirkst überrascht. Nicht so überrascht jedoch wie ich, als du mich, statt mich in deine Arme zu nehmen, vom Dach warfst, oder, mein Geliebter? Und wieso? Damit du deine Geheimnisse behalten konntest? Damit du edel erscheinen würdest?« Quais langes Haar war kreideweiß geworden. Es umfloss nun das Gesicht einer Frau, schrecklich bleich, deren Augen zwei leuchtende, schwarze Punkte waren. Tolomei. Die Tochter des Schöpfers. Ein Geist, aus der verblichenen Vergangenheit wiederauferstanden. Ein Geist, der monatelang neben ihnen dahingegangen war, in einer gestohlenen Gestalt. Ferro konnte ihren eisigen Atem beinahe fühlen, wie er sich todeskalt mit der Luft verband. Ihre Augen glitten von dem bleichen Gesicht zum Durchgang und wieder zur anderen Seite des Raums, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch zu fliehen und mehr herauszufinden.
    »Ich habe dich in deinem Grab gesehen!«, flüsterte Bayaz. »Ich selbst habe die Erde über dir angehäuft!«
    »Das tatest du, und du hast geweint, als du es tatest, als ob du es nicht gewesen wärst, der mich herabstürzte.« Ihre schwarzen Augen schwenkten zu Ferro, zu der Stelle, wo der Samen ihren Bauch kitzelte. »Aber ich hatte die Andere Seite berührt. In diesen zwei Händen hielt ich ihn, während mein Vater arbeitete, und er hatte mich verändert. Dort lag ich, in der alten Umarmung der Erde. Zwischen Leben und Tod. Bis ich die Stimmen hörte. Die Stimmen, die auch Glustrod hörte, vor langer Zeit. Sie boten mir einen Handel an. Ihre Freiheit gegen meine.«
    »Du brachst das Erste Gebot!«
    »Gebote bedeuten jenen nichts, die begraben sind! Als ich mich endlich aus der Erde befreit hatte, die mich umklammerte, war der menschliche Teil von mir verschwunden. Aber der andere Teil, jener, der zu der Unterwelt gehört – jener Teil stirbt nicht. Er steht vor dir. Nun werde ich die Arbeit vollenden, die Glustrod begann. Ich werde die Tore öffnen, die mein Großvater versiegelte. Diese Welt und die Andere Seite sollen wieder vereint sein. Wie sie es vor der Alten Zeit noch waren. Wie sie es immer sein sollten.« Sie streckte die geöffnete Hand von sich, und eine so bittere Kälte ging von ihr aus, dass Ferro Schauer über den Rücken liefen, bis zu den Fingerspitzen. »Gib mir den Samen, Kind. Ich habe den Geheimnisverrätern ein Versprechen gegeben, und ich pflege meine Versprechen zu halten.«
    »Das werden wir sehen!«, zischte der Erste der Magi. Ferro spürte ein Ziehen im Bauch und sah, wie die Luft um Bayaz zu flimmern begann. Tolomei stand zehn Schritt von ihm entfernt. Im nächsten Augenblick schlug sie ihn mit einem Geräusch wie Donnerhall. Sein Stab zerbarst, und Holzsplitter flogen herum. Er stieß ein erschrecktes Stottern aus, als er selbst durch die Dunkelheit flog, sich überschlug und schließlich mit dem Gesicht nach unten wie ein Bündel Lumpen auf dem Boden landete. Ferro starrte ihn an, während eine Welle kalter Luft sie überkam. Plötzlich spürte sie eine Übelkeit erregende, schreckliche Angst, die sie umso mehr entsetzte, da sie ihr so unvertraut war. Sie stand wie gelähmt da.
    »Die Jahre haben dich schwach werden lassen.« Die Tochter des Schöpfers bewegte sich nun langsam und still auf Bayaz’ bewusstlosen Körper zu, und ihr weißes Haar umspielte sie wie kleine Wellen auf einem fast zugefrorenen Teich. »Deine Hohen Künste können mich nicht verletzen.« Sie beugte sich über ihn, und ihre trockenen, weißen Lippen teilten sich zu einem eisigen Lächeln. »Für alles, was du mir genommen hast. Für meinen Vater.« Sie hob ihren Fuß über Bayaz’ kahlen Kopf. »Für mich selbst ...«
    Plötzlich zerbarst sie in leuchtende Flammen. Grelles Licht erstrahlte bis in die entferntesten Ecken der riesigen Halle, Helligkeit drang bis in die Ritzen zwischen den Steinen. Ferro stolperte zurück und hielt sich eine Hand vor die Augen. Zwischen ihren Fingern sah sie, dass Tolomei wie verrückt auf dem Boden zuckte, in wildem Tanz mit Armen und Beinen schlug, während weiße Flammen ihren Körper umhüllten und ihr

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