Königsklingen (First Law - Band 3)
von einem blendenden Lichtstrahl schützen. »Die Kiste ist in meinen Gemächern. Leg ihn hinein und schließe die Kiste ganz fest, hörst du? Schließe sie ganz fest!«
Ferro wandte sich ab und verzog missmutig das Gesicht, als sie feststellte, dass sie nicht wusste, welcher der Durchgänge aus dem Haus des Schöpfers herausführte.
»Warte!« Quai lief durch die Halle zu ihr hinüber, und seine leuchtenden Augen waren auf ihre Hand gerichtet. »Bleib stehen!« Er zeigte nicht die geringste Angst, als er sich näherte. Nur eine schreckliche Art von Hunger, seltsam genug, dass Ferro einen Schritt zurückging. »Er war hier. Hier, die ganze Zeit.« Sein Gesicht wirkte blass, schlaff und voller Schatten. »Der Samen.« Seine weiße Hand kroch durch die Dunkelheit auf sie zu. »Endlich. Gib ihn ...«
Plötzlich krümmte er sich zusammen wie weggeworfenes Papier, wurde von den Füßen gerissen und durch den ganzen Raum geschleudert, und das alles ging so schnell, dass Ferro in der Zeit gerade einen überraschten Atemzug tun konnte. Quai schlug mit einem hallenden Krachen kurz unterhalb der untersten Galerie gegen die Mauer. Sie sah mit offenem Mund zu, wie sein zerschmetterter Körper abprallte und mit schlaffen, verdrehten Gliedern auf den Boden stürzte.
Bayaz trat vor, den Stab fest in seiner Faust. Die Luft um seine Schultern flimmerte ganz leicht. Ferro hatte schon viele Männer getötet, natürlich, und darüber keine Träne vergossen. Aber die Geschwindigkeit, mit der das eben geschehen war, erschütterte sogar sie.
»Was hast du getan?«, zischte sie, während das Echo von Quais tödlichem Aufprall an der entfernten Mauer immer noch grollte.
»Was ich tun musste. In den Palast mit dir. Sofort.« Bayaz deutete mit einem seiner dicken Finger auf einen Durchgang, und Ferro sah dahinter einen ganz schwachen Lichtschimmer. »Leg das Ding in die Kiste! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gefährlich es ist!«
Es gab zwar nur wenige Menschen, die eine größere Abneigung gegen das Befolgen von Befehlen hatten als sie, aber Ferro hegte nicht den geringsten Wunsch, noch länger an diesem Ort zu bleiben. Sie stopfte den Steinklumpen in ihr Hemd. Es war, als ob er dort hingehörte, an ihren Bauch gedrückt. Kühl und beruhigend, und dennoch hatte Bayaz gesagt, er sei gefährlich. Sie tat einen Schritt, und als ihr Stiefel den Boden berührte, schwebte ein durchdringendes Kichern von der anderen Seite der Halle heran.
Von dort, wo Quais zerschmetterter Körper aufgeprallt war.
Bayaz schien nicht überrascht. »So!«, rief er. »Endlich zeigst du dich! Ich hegte schon seit einiger Zeit den Verdacht, dass du nicht der warst, der du zu sein schienst. Wo ist mein Zauberlehrling, und wann hast du seine Stelle eingenommen?«
»Schon vor Monaten.« Quai kicherte immer noch, als er sich langsam vom polierten Steinfußboden erhob. »Bevor du zu dieser närrischen Reise ins Alte Kaiserreich aufbrachst.« Auf seinem lächelnden Gesicht war kein Blut. Nicht einmal die kleinste Abschürfung. »Ich saß neben dir am Feuer. Ich sah dir zu, als du hilflos im Karren lagst. Ich war den ganzen Weg über bei dir, bis zum Ende der Welt und zurück. Dein Lehrling blieb hier. Seinen halb verzehrten Körper ließ ich im Gebüsch für die Fliegen liegen, keine zwanzig Schritt von dort, wo ihr fest schlieft, du und der Nordmann.«
»Ha.« Bayaz nahm den Stab von der einen in die andere Hand. »Ich dachte mir gleich, dass sich seine Fähigkeiten entscheidend gesteigert hatten. Du hättest mich umbringen sollen, als du die Gelegenheit dazu hattest.«
»Oh, jetzt ist auch noch Zeit.« Ferro erschauerte, als sie zusah, wie Quai aufstand. In der Halle schien es plötzlich sehr kalt geworden zu sein.
»Hundert Worte? Vielleicht. Ein Wort?« Bayaz’ Lippen kräuselten sich. »Welche von Khaluls Kreaturen bist du? Der Ostwind? Einer seiner verdammten Zwillinge?«
»Ich bin keine von Khaluls Kreaturen.«
Ein leises Aufflackern des Zweifels glitt über Bayaz’ Gesicht. »Wer bist du dann?«
»Wir kannten einander einst gut, in lang vergangener Zeit.«
Der Erste der Magi verzog das Gesicht. »Wer bist du? Sprich!«
»Gestalten annehmen.« Die Stimme einer Frau, sanft und tief. Es geschah etwas mit Quais Gesicht, als er langsam vortrat. Seine blasse Haut begann zu hängen, verzerrte sich. »Ein grauenhafter und hinterhältiger Trick.« Seine Nase, die Augen, die Lippen begannen zu schmelzen und liefen von seinem Schädel wie Wachs von
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