Königsklingen (First Law - Band 3)
anzubieten.«
»Ich verstehe.« Wetterlants überschattete Augen zuckten nicht einmal. »So wenig Fleisch würde meine Hunde kaum zufrieden stellen. Und es würde auch nichts für meinen eigenen Tisch übrig bleiben. Ich sollte Ihnen vielleicht verraten, dass Lord Barezin mir durch die Blume zu verstehen gab, dass er mir achtzehntausend für jede Stimme bieten und noch ein hervorragendes Stück Land dazulegen würde, das an meine eigenen Besitzungen grenzt. Wälder mit gutem Wildvorkommen. Jagen Sie, Herr Superior?«
»Früher einmal.« Glokta tätschelte sein verkrüppeltes Bein. »Aber seit einiger Zeit nicht mehr.«
»Ah. Wie bedauerlich. Ich habe diesen Sport stets sehr geliebt. Aber dann suchte mich Lord Brock auf.«
Wie entzückend für Sie beide.
»Er war so freundlich, mir ein Angebot von zwanzigtausend zu unterbreiten, und versprach zudem, seine jüngste Tochter mit meinem ältesten Sohn zu vermählen, eine sehr gute Partie.«
»Haben Sie eingewilligt?«
»Ich habe ihm gesagt, es sei zu früh, ein derartiges Angebot anzunehmen.«
»Ich bin mir sicher, dass Seine Eminenz bis auf einundzwanzig erhöhen könnte, aber das wäre dann auch ...«
»Der Vertreter von Kronrichter Marovia hat mir bereits fünfundzwanzig geboten.«
»Harlen Morrow?«, zischte Glokta durch seine verbliebenen Zähne.
Lord Wetterlant hob eine Augenbraue. »Ja, ich glaube, so hieß er.«
»Es tut mir leid, aber bei diesem Angebot kann ich einstweilen nur mitgehen. Ich werde Seine Eminenz von Ihrer Position in Kenntnis setzen.«
Sein Entzücken wird sicherlich keine Grenzen kennen.
»Lassen Sie bald wieder von sich hören, Herr Superior.« Wetterlant wandte sich wieder den Enten zu und warf ihnen erneut eine Handvoll Brotreste hin. Seine Mundwinkel hoben sich ganz leicht, als er zusah, wie sie miteinander zankten.
Glokta humpelte schmerzerfüllt zu dem gewöhnlichen Haus in der ganz gewöhnlichen Straße, während beinahe etwas wie ein Lächeln über seine Lippen huschte.
Ein Augenblick abseits der erdrückenden Gesellschaft der Großen und Mächtigen. Ein Augenblick, in dem ich nicht lügen, betrügen oder mit einem Messer im Rücken rechnen muss. Vielleicht finde ich sogar ein Zimmer, das nicht nach Harlen Morrow stinkt. Das wäre eine erfrischende ...
Die Tür wurde aufgerissen, obwohl er gerade erst die Faust zum Klopfen erhoben hatte, und er starrte unversehens in das grinsende Gesicht eines Mannes, der die Uniform der Königstreuen trug. Es war so unerwartet, dass Glokta ihn zunächst gar nicht erkannte. Dann fühlte er eine Welle der Bestürzung über sich zusammenschlagen.
»Sieh mal einer an, Hauptmann Luthar. Was für eine Überraschung.«
Eine äußerst unangenehme, keine Frage.
Der Hauptmann hatte sich stark verändert. Während er früher jungenhaft und geleckt ausgesehen hatte, wirkte er nun eckiger, geradezu wettergegerbt. Und während er einst sein Kinn höchst arrogant in die Höhe gereckt hatte, lag nun ein beinahe entschuldigender Ausdruck auf seinem Gesicht. Auch hatte er sich einen Bart wachsen lassen, vielleicht in dem erfolglosen Versuch, eine tiefe Narbe zu verbergen, die durch seine Lippe und quer über den Kiefer verlief.
Obwohl er damit ganz und gar nicht hässlich aussieht, leider.
»Inquisitor Glokta ... äh ...«
»Superior.«
»Tatsächlich?« Luthar sah ihn einen Augenblick verständnislos an. »Nun ... in diesem Fall ...« Das freundliche Lächeln kehrte zurück, und Glokta stellte überrascht fest, dass ihm der Offizier herzlich die Hand schüttelte. »Meinen Glückwunsch. Ich würde mich zu gern ein Weilchen mit Ihnen unterhalten, aber die Pflicht ruft. Ich werde nicht lange in der Stadt bleiben, müssen Sie wissen. Es geht in den Norden, mit allem, was dazugehört.«
»Natürlich.« Glokta sah ihm mit gerunzelter Stirn nach, als Luthar gut gelaunt auf die Straße trat und nur einen flüchtigen Blick hinter sich warf, bevor er um die nächste Ecke bog.
Damit bleibt nur die Frage, weshalb er überhaupt hier war.
Glokta humpelte durch die offene Tür und schloss sie leise hinter sich.
Obwohl, nun mal ehrlich – ein junger Mann, der am frühen Morgen das Haus einer jungen Frau verlässt? Um dieses Geheimnis aufzuklären, muss man wohl kaum die Inquisition Seiner Majestät bemühen. Habe ich nicht mehr Wohnungen in den frühen Morgenstunden verlassen, als mir zugekommen wäre? Wobei ich stets zu hoffen vorgab, dass niemand mich beobachten würde, doch stets im Gegenteil darauf baute,
Weitere Kostenlose Bücher