Königsklingen (First Law - Band 3)
hält hier Vorträge über die Vorzüge der Keuschheit? Ich bitte Sie! Wie viele Frauen haben Sie zugrunde gerichtet, bevor die Gurkhisen Sie zugrunde gerichtet haben? Sie waren berüchtigt!«
Ein Muskel an seinem Hals begann zu zittern, und er ließ seine Schulter kreisen, bis er sich wieder lockerte.
Da hat sie durchaus recht. Vielleicht wird eine kleine, ruhige Unterhaltung mit dem fraglichen Edelmann genügen. Eine ruhige Unterhaltung, oder eine wilde Nacht mit Praktikal Frost.
»Das Bett ist jedermanns eigene Sache, wie man in Styrien sagt. Aber wie kommt es überhaupt, dass sich der große Hauptmann Luthar unter gemeine Zivilisten mischt? Gibt es keine Nordmänner mehr, die er verjagen kann? Wer wird denn Angland verteidigen, wenn er nicht mehr da ist?«
»Er war gar nicht in Angland.«
»Nicht?«
Hat ihm sein Vater also einen hübschen Posten abseits des Geschehens besorgt, was?
»Er war im Alten Kaiserreich oder so. Irgendwo auf der anderen Seite des Meers, weit, weit im Westen.« Sie seufzte, als ob sie bereits reichlich davon gehört hätte und von dem Thema gründlich gelangweilt wäre.
»Im Alten Kaiserreich? Was, zum Teufel, hat er dort getrieben?«
»Wieso fragen Sie ihn nicht selbst? Es war irgend so eine Reise. Er hat ziemlich viel von einem Nordmann erzählt. Neunfinger oder so.«
Gloktas Kopf fuhr hoch. »Neunfinger?«
»Hm. Von dem und von irgendeinem alten Glatzkopf.«
Ein Schwall von Zuckungen rann über Gloktas Gesicht. »Bayaz.« Ardee zuckte die Achseln und trank wieder aus ihrem Glas, wobei ihre Bewegungen allmählich von leicht angetrunkener Ungeschicklichkeit geprägt waren. Bayaz.
Das ist genau das, was wir so kurz vor dieser Wahl brauchen, dass dieser alte kahle Lügenbold überall seine Nase hineinsteckt.
»Ist er jetzt hier, in der Stadt?«
»Woher soll ich das wissen?«, brummte Ardee. »Mir erzählt doch keiner was.«
GEMEINSAMKEITEN
Ferro schlich durch das Zimmer und verzog das Gesicht. Ihre Verachtung ergoss sich in die süß duftende Luft, über die raschelnden Vorhänge, die großen Fenster und den hohen Balkon dahinter. Sie ließ einen abfälligen Blick über die dunklen Bilder dicker, bleicher Könige gleiten, über die polierten Möbel, die überall in dem großen Raum herumstanden. Sie hasste diesen Ort mit seinen weichen Betten und seinen weichen Menschen. Den Staub und den Durst der Wüsten Lande von Kanta zog sie eindeutig vor. Dort war das Leben schwer und heiß und kurz.
Aber es war auch ehrlich.
Diese Union, vor allem die Stadt Adua und ganz besonders die Festung, der Agriont, waren bis zum Bersten mit Lügen vollgestopft. Sie fühlte sie auf ihrer Haut wie einen Fettfleck, den sie nicht wegreiben konnte. Und Bayaz steckte tief mittendrin. Er hatte sie dazu verlockt, mit ihm durch die ganze Welt zu reisen, für nichts. Sie hatten keine uralte Waffe gefunden, die man im Krieg gegen die Gurkhisen hätte einsetzen können. Nun grinste er und lachte und tauschte mit anderen alten Männern geflüsterte Geheimnisse aus. Männer, die, wenn sie hereinkamen, von der Hitze draußen schwitzten und die, wenn sie hinausgingen, sogar noch mehr ins Schwitzen gekommen waren.
Sie hätte es nie einem anderen Menschen gegenüber zugegeben, und sie hasste es, dass sie es sich selbst eingestehen musste. Sie vermisste Neunfinger. Zwar hatte sie es nie zeigen können, aber es war beruhigend gewesen, jemanden in der Nähe zu wissen, dem man halbwegs vertrauen konnte.
Jetzt musste sie ständig selbst über ihre Schulter gucken.
Der Zauberlehrling bildete ihre einzige Gesellschaft, und das war schlimmer, als allein zu sein. Er saß da und beobachtete sie schweigend, während sein Buch unbeachtet neben ihm auf dem Tisch lag. Es sah ihr zu und lächelte freudlos, als ob er etwas wusste, das sie ebenfalls längst hätte erraten sollen. Als ob er sie für eine Närrin hielt, dass sie es nicht erkannte. Das machte sie nur noch wütender. Und so schlich sie durchs Zimmer und bedachte alles mit düsterem Blick, die Fäuste geballt und die Zähne zusammengebissen.
»Du solltest wieder in den Süden zurückkehren, Ferro.«
Sie hielt inne und sah Quai finster an. Er hatte natürlich recht. Nichts wäre ihr lieber gewesen, als diese gottlosen Rosigs auf ewig hinter sich zu lassen und die Gurkhisen mit Waffen anzugreifen, von denen sie etwas verstand. Und wenn sie sich die Rache mit den Zähnen herausreißen musste. Er hatte recht, doch das änderte nichts. Ferro hatte nie viel Wert auf
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