Königsklingen (First Law - Band 3)
schmerzenden Kopf. Schmutz flog aus seinem Haar. Über seinen Arm lief Blut, Rot auf Weiß. Offenbar war die Welt doch nicht untergegangen.
Aber so, wie es aussah, war es ziemlich knapp gewesen.
Brücke und Torhaus waren verschwunden. Wo sie gestanden hatten, war nichts mehr außer einem Haufen geborstener Steine und eine gähnende Kluft, die in die Mauer hineingerissen worden war. Und sonst noch jede Menge Staub. Einige Leute waren noch dabei, sich gegenseitig umzubringen, aber wesentlich mehr wälzten sich am Boden, würgten und stöhnten oder schleppten sich durch die Trümmer; der Mut zu kämpfen hatte sie alle verlassen. Hundsmann wusste, wie ihnen zumute war.
Jemand kletterte über das viele Geröll, das jetzt an der Stelle lag, wo einmal der Burggraben gewesen war, und hielt auf die Bresche zu. Jemand mit verfilztem langem Haar und einem langen Schwert in der Hand.
Natürlich Neunfinger-Logen.
»Ach, Scheiße«, fluchte Hundsmann. Er hatte immer schon mal komische Ideen gehabt, dieser Logen, aber das jetzt war nicht einmal die schlimmste. Jemand folgte ihm über die Trümmerbrücke. Espe, die Axt in der Hand, den Schild am Arm, und sein dreckiges Gesicht zeigte eine so finstere Miene, wie ein Mann sie eben hat, wenn er eine dunkle Aufgabe erledigen will.
»Ach, Scheiße!«
Grimm zuckte die staubigen Achseln. »Wir gehen besser mal hinter ihnen her.«
»Joh.« Hundsmann zeigte mit dem Daumen auf Rotkapp, der sich gerade wieder aufrappelte und reichlich kleine Steinchen von seinem Mantel schüttelte. »Ruf ein paar Jungs zusammen.« Er deutete mit seiner Schwertklinge auf die Bresche. »Wir gehen in diese Richtung.«
Verdammt, er musste pissen, wie immer.
Jezal wich zurück, den schattenumlagerten Flur entlang. Er wagte kaum zu atmen und fühlte, wie der Schweiß auf seinen Handflächen, am Hals und in der kleinen Kuhle auf dem Rücken prickelte.
»Worauf warten sie?«, fragte jemand.
Über ihnen war ein leises Knarren zu hören. Jezal sah zu den schwarzen Dachbalken hinauf. »Haben Sie das gehört, da war gerade ...«
Eine Gestalt brach durch das Dach, wirbelte verschwommen weiß in den Gang hinunter und fällte einen der Ritter der Wacht. Ihre Füße hinterließen zwei große Dellen in seinem Brustpanzer, und Blut spritzte aus seinem Visier.
Sie lächelte Jezal an. »Ich überbringe die Grüße des Propheten Khalul.«
»Für die Union!«, brüllte ein anderer Ritter und griff an. Sein Schwert zischte ihr entgegen, aber nur einen Wimpernschlag später stand sie schon auf der anderen Seite des Ganges. Die Klinge schlug klappernd auf die Steinfliesen, ohne Schaden anzurichten, und der Mann machte einen Satz nach vorn. Sie packte ihn unter der Achsel, bog leicht die Knie und schleuderte ihn aufheulend durch die Decke. Putzbrocken regneten in den Gang, als sie einen zweiten Ritter am Hals packte und seinen Kopf mit so viel Gewalt gegen die Wand schlug, dass er im aufgebrochenen Mauerwerk stecken blieb; seine Beine, immer noch in ihrer Rüstung, hingen leblos herab. Uralte Degen fielen aus ihren Befestigungen und schlugen klappernd um seinen schlaffen Leichnam herum auf.
»Hier entlang!« Der Kronrichter zerrte Jezal betäubt und hilflos einer vergoldeten Flügeltür entgegen. Gorst hob seinen schweren Stiefel, trat hart dagegen und ließ sie zitternd aufspringen. Sie platzten in den Spiegelsaal. Die vielen Tische, die an Jezals Hochzeitstag dort gestanden hatten, waren längst wieder weggeräumt; vor ihnen lag, leer und weit, ein halber Morgen polierter Fliesen.
Er rannte zur gegenüberliegenden Tür hinüber, und seine lauten Schritte und sein keuchender, entsetzter Atem hallten durch den riesigen Saal. In den Spiegeln links und rechts und vor sich sah er sich leicht verzerrt selbst rennen. Ein lächerlicher Anblick. Ein Hanswurst-König, der durch seinen eigenen Palast floh, die Krone schief auf dem Kopf, das vernarbte Gesicht schweißüberströmt und schlaff vor Entsetzen und Erschöpfung. Er kam rutschend zum Stehen und wäre in seinem hastigen Bemühen anzuhalten um ein Haar auf den Hintern gefallen. Gorst krachte beinahe gegen seinen Rücken.
Eine der Zwillingsschwestern saß auf dem Boden neben der Tür, gegen die verspiegelte Wand gelehnt, und durch die Reflexion sah es so aus, als stütze sie sich auf ihre Schwester. Sie hob träge eine Hand, dunkelrot vor Blut, und winkte.
Jezal wandte sich ruckartig den Fenstern zu. Aber bevor er auch nur daran denken konnte, wieder loszurennen,
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