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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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zerbarst eins. In einem Schauer schimmernder Glasstücke sprang die andere Zwillingsschwester hindurch, überschlug sich mehrfach, kam dann elegant auf die Füße und hielt rutschend inne.
    Mit einer Hand fuhr sie sich durch das goldene Haar, gähnte und leckte sich die Lippen. »Hattest du je das Gefühl, dass es immer die anderen sind, die den ganzen Spaß haben?«, fragte sie.

ABRECHNUNG
    Rotkapp hatte recht gehabt. Es gab keinen Grund, warum jemand von ihnen hier sterben sollte. Niemand außer dem Blutigen Neuner zumindest. Es war höchste Zeit, dass dieser Drecksack seinen Teil der Schuld übernahm.
    »Noch am Leben«, flüsterte Logen, »noch am Leben.« Er schlich um die Ecke eines weißen Gebäudes und betrat den Park.
    Dabei musste er daran denken, wie belebt es hier früher gewesen war. Menschen, die gelacht, gegessen, geredet hatten. Jetzt lachte hier niemand mehr. Leichen lagen ausgestreckt auf dem Rasen. Manche trugen Rüstungen, andere nicht. Aus der Ferne hörte er Lärm – vielleicht eine Schlacht, weit weg. In der Nähe war nichts außer dem Pfeifen des Windes, der durch die nackten Zweige fuhr, und seinen eigenen knirschenden Schritten auf dem Kies. Seine Haut prickelte, als er wachsam auf die hohe Palastmauer zuging.
    Die schweren Türen waren verschwunden, nur die schiefen Angeln ragten noch aus dem Eingang. Die Gärten gegenüber lagen voller Leichen. Männer in Rüstungen, eingedellt und blutverschmiert. Auf dem Weg vor dem Tor lag ein ganzer Haufen Toter, verdreht und zermalmt, als seien sie von einem riesigen Hammer getroffen worden.
    Einer war glatt in zwei Teile gehauen worden, die nun in einer dunklen Blutpfütze lagen.
    Inmitten all dessen stand ein Mann. Er trug eine weiße Rüstung, die mit roten, feinen Tröpfchen besprengt und bespritzt war. Wind war im Garten aufgekommen, und schwarzes Haar umwehte sein Gesicht, dessen dunkle Haut glatt und makellos wie die eines Säuglings war. Mit finsterem Gesicht sah er auf einen Toten zu seinen Füßen, aber er hob den Blick zu Logen, als dieser durch das Tor kam. Ein Blick ohne Hass oder Angst, ohne Glück oder Trauer. Irgendwie ohne alles.
    »Du bist weit entfernt von deiner Heimat«, sagte er auf Nordisch.
    »Du auch.« Logen sah in das leere Gesicht. »Du bist ein Verzehrer?«
    »Dieses Verbrechens muss ich mich schuldig bekennen.«
    »Wir alle sind schuldig, in der einen oder anderen Hinsicht.« Logen wog das Schwert in einer Hand. »Sollen wir es dann hinter uns bringen?«
    »Ich kam hierher, um Bayaz zu töten. Sonst niemanden.«
    Logen betrachtete die schrecklich zugerichteten Leichen, die im Garten verstreut lagen. »Und, wie klappt das so?«
    »Wenn man einmal beschlossen hat, mit dem Töten zu beginnen, kann man die Zahl der Opfer oft nicht einschätzen.«
    »Das ist wohl wahr. Blut bringt weiter nichts als noch mehr Blut, hat mir mein Vater immer gesagt.«
    »Ein weiser Mann.«
    »Ich wünschte, ich hätte auf ihn gehört.«
    »Es ist manchmal schwer, zu erkennen, was ... die Wahrheit ist.« Der Verzehrer hob seine blutüberströmte rechte Hand und sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Es ist durchaus angebracht, dass ein rechtschaffener Mann ... Zweifel hat.«
    »Wenn du meinst. Ich hab bisher nicht allzu viele rechtschaffene Männer kennengelernt.«
    »Ich dachte einmal, ich schon. Jetzt bin ich nicht sicher. Müssen wir kämpfen?«
    Logen holte tief Luft. »Sieht so aus.«
    »Dann sei es so.«
    Er kam so schnell über ihn, dass Logen kaum Zeit blieb, das Schwert zu heben, schon gar nicht zu schwingen. Logen warf sich zur Seite, aber trotzdem erwischte ihn etwas an den Rippen – am Ellenbogen, am Knie, an der Schulter. Manchmal ist das schwer zu sagen, wenn man sich auf dem Gras überschlägt und alles um einen herum zu fliegen scheint. Logen versuchte aufzustehen und merkte, dass es ihm nicht gelang. Den Kopf konnte er um einen Zoll heben, aber das war auch schon alles. Jeder Atemzug schmerzte ihn. Seufzend ließ er den Kopf wieder sinken und starrte in den weißen Himmel. Vielleicht wäre er besser außerhalb der Mauern geblieben. Vielleicht hätte er die Jungs einfach im Wald ausruhen lassen sollen, bis alles vorüber war.
    Die hohe Gestalt des Verzehrers rückte in sein verschwommenes Gesichtsfeld und hob sich dunkel vor dem Himmel ab. »Es tut mir leid. Ich werde für dich beten. Ich werde für uns beide beten.« Damit hob er den Fuß in seiner schweren Rüstung.
    Eine Axt schlug in sein Gesicht und brachte ihn ins Trudeln.

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