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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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geborstenen Holzstücken beschwert, flatterten im leichten Wind, und schlaffe Hände und Füße sahen darunter hervor.
    An diesem Ende der Straße standen noch ein paar Statuen. Einst stolze Könige und ihre Ratgeber, steinerne Gesichter und Körper, vernarbt und zerlöchert, sahen traurig auf die blutigen Überreste, die man zu ihren Füßen aufgetürmt hatte. Es waren genug, damit Logen erkannte, dass er sich tatsächlich auf dem Weg der Könige befand und nicht etwa ins Land der Toten hineingestolpert war.
    Hundert Schritt entfernt standen nur noch leere Sockel; auf einem ragten sogar noch die geborstenen Beine empor. Eine seltsame Gruppe von Menschen hatte sich darum versammelt. Sie wirkten verkümmert, halb tot, halb lebendig. Ein Mann saß auf einem Steinquader und starrte ausdruckslos vor sich hin, während er sich büschelweise Haar vom Kopf zog. Ein anderer hustete in einen blutigen Lumpen. Eine Frau und ein Mann lagen nebeneinander, starrten leer ins Nichts, und ihre Gesichter waren so sehr eingesunken, dass sie wie Totenschädel aussahen. Die Frau atmete rasselnd und schnell. Der Mann atmete gar nicht.
    Noch einmal hundert Schritt weiter kam es Logen vor, als ginge er durch eine zerstörte Hölle. Nichts deutete mehr darauf hin, dass hier einmal Statuen, Häuser oder sonst etwas gestanden hatten. Es gab nur noch wirre Haufen aus seltsamen Trümmern. Gebrochener Stein, gesplittertes Holz, verbogenes Metall, Papier, Glas, alles zusammengepresst und mit Staub und Schlamm verbunden. Aus dem Schutt ragten einige Dinge, die noch seltsam unversehrt waren – eine Tür, ein Stuhl, ein Teppich, ein bemalter Teller oder das lächelnde Gesicht einer Statue.
    Überall in diesem Chaos waren Männer und Frauen unterwegs, von oben bis unten verdreckt, suchten in dem Schutt herum, warfen Bruchstücke auf die Straße und versuchten, sich einen Weg zu bahnen. Rettungskräfte, Arbeiter, Diebe, wer wusste das schon? Logen kam an einem mannshohen Feuerstoß vorüber und fühlte dessen wärmenden Kuss auf seiner Wange. Ein großer Soldat in einer rußverschmierten Rüstung stand daneben. »Haben Sie irgendwas aus weißem Metall gefunden?«, brüllte er zu den Suchenden hinüber. »Irgendwas aus weißem Metall? Wenn ja, dann sofort ins Feuer damit! Fleisch in weißem Metall? Sofort verbrennen! So lautet der Befehl des Geschlossenen Rates!«
    Noch ein paar Schritt weiter stand jemand ganz oben auf einem der höchsten Schutthaufen und mühte sich mit einer großen Holzbohle ab. Er drehte sich ein wenig, um besser zufassen zu können, und es war niemand anders als Jezal dan Luthar. Seine Kleidung war zerrissen und verschmutzt, und sein Gesicht war dreckverschmiert. Er sah fast ebenso wenig wie ein König aus wie Logen.
    Ein untersetzter Mann, dessen Arm in einer Schlinge steckte, sah zu ihm hoch. »Euer Majestät, Sie sind da oben nicht sicher!«, piepte er mit einer seltsam mädchenhaften Stimme. »Wir sollten wirklich ...«
    »Nein! Hier werde ich gebraucht!« Jezal beugte sich wieder über den Balken und zerrte daran, bis die Adern an seinem Hals hervortraten. Es war offensichtlich unmöglich, dass er allein etwas würde ausrichten können, aber er versuchte es trotzdem. Logen beobachtete ihn. »Wie lange macht er das schon so?«
    »Die ganze Nacht und den ganzen Tag«, sagte der untersetzte Mann, »und es sieht nicht so aus, als wollte er aufhören. Die wenigen, die wir lebend fanden, haben fast alle diese Krankheit.« Er deutete mit seinem gesunden Arm auf die mitleiderregende Gruppe unter den Statuen. »Ihnen fällt das Haar aus. Die Nägel. Die Zähne. Sie schrumpfen ein. Einige sind bereits gestorben. Bei anderen wird es nicht mehr lange dauern.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Was haben wir nur verbrochen, um eine solche Strafe zu verdienen?«
    »Es sind nicht immer die Schuldigen, die bestraft werden.«
    »Neunfinger!« Jezal sah zu ihnen herab, während ihn die wässrige Sonne von hinten anstrahlte. »Du hast doch ein starkes Kreuz! Schnapp dir mal das Ende von dem Balken dort!«
    Es war schwer zu sagen, was man inmitten all dieser Zerstörung damit ausrichten mochte, dass man einen einzelnen Balken wegtrug. Aber große Reisen beginnen mit kleinen Schritten, hatte Logens Vater ihm immer gesagt. Daher kletterte er nach oben, während das Holz knarrte und die Steine unter seinen Stiefeln wegrutschten, mühte sich ganz nach oben, richtete sich auf und sah sich um.
    »Bei den Toten.« Von hier aus schienen sich die

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