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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Fingern nervös über die Handfläche.
    Er erinnerte sich an ihren bittersüßen Geruch, an die Kraft ihrer Hände, an die Züge ihres missmutigen Gesichts im Feuerschein. Und an ihre Wärme, wenn sie sich nachts eng an ihn geschmiegt hatte. Zwischen ihnen war etwas Gutes gewesen, das wusste er, auch wenn all die Worte, die sie gewechselt hatten, hart gewesen waren.
    Manche Menschen haben keine sanften Worte in sich, egal, wie sehr sie sich bemühen. Viel Hoffnung hatte er natürlich nicht. Ein Mann wie er war besser dran, wenn er sich nicht zu viel erhoffte. Aber man gewinnt nichts, wenn man nichts riskiert.
    Also biss Logen die Zähne zusammen und klopfte. Keine Antwort. Er nagte an seiner Unterlippe und klopfte noch einmal. Nichts. Mit einem Mal verließ ihn die Geduld, und er drehte den Türknauf mit finsterem Gesicht und stieß die Tür auf.
    Ferro fuhr herum. Ihre Kleider waren zerknittert und verdreckt, sogar noch mehr als sonst. Sie riss die Augen weit auf, ihr Blick war richtiggehend wild, und sie ballte die Fäuste. Aber ihr Gesicht fiel schnell wieder in sich zusammen, als sie sah, dass er es war, und ihm sank der Mut.
    »Ich bin’s, Logen.«
    »Uh«, knurrte sie. Dann warf sie den Kopf herum und sah mit gerunzelter Stirn zum Fenster. Mit zusammengekniffenen Augen ging sie ein paar Schritte darauf zu, um unvermittelt in die andere Richtung zu starren. »Da!«
    »Was?«, fragte Logen verblüfft.
    »Hörst du sie denn nicht?«
    »Was hör ich?«
    »Sie, du Idiot!« Sie kroch zu einer Wand hinüber und drängte sich dagegen.
    Logen war sich nicht sicher gewesen, wie das Treffen verlaufen würde. Bei ihr konnte man vorher nie wissen, was geschehen würde, das war ihm klar gewesen. Aber so etwas hatte er trotzdem nicht erwartet. Mach einfach weiter, sagte er sich. Was blieb ihm auch anderes übrig?
    »Ich bin jetzt König.« Er schnaubte. »König der Nordmänner, ist es zu glauben?« Er erwartete, sie würde ihn auslachen, aber sie stand nur da und lauschte der Mauer. »Ich und Luthar, wir beide. Ein Paar Könige. Kannst du dir zwei größere Taugenichtse vorstellen, die eine Krone vielleicht noch weniger verdient hätten?« Keine Antwort.
    Logen fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als deutlich zu werden. »Ferro. So wie das alles gekommen ist. So wie wir ... aufgehört haben.« Er machte einen Schritt auf sie zu, dann noch einen. »Ich wünschte, ich hätte nicht ... Ich weiß nicht ...« Sacht legte er ihr die Hand auf die Schulter. »Ferro, ich will dir sagen, dass ich ...«
    Schnell wandte sie sich zu ihm um und legte ihm die Hand auf den Mund. »Psssst.« Dann packte sie ihn am Hemd und zog ihn zu sich herunter auf die Knie. Sie legte das Ohr auf die Fliesen, und ihre Augen glitten von einer Seite zur anderen, als ob sie lauschte. »Hörst du das?« Ruckartig ließ sie ihn wieder los und rutschte in die Ecke des Zimmers. »Da! Hörst du sie?«
    Er streckte langsam die Hand aus und berührte ihren Nacken, ließ die Fingerspitzen über ihre Haut fahren. Mit einer heftigen Bewegung ihrer Schultern schüttelte sie ihn ab, und er fühlte, wie sich sein Gesicht verzerrte. Vielleicht hatte er es sich nur eingebildet, dass es einmal etwas Gutes zwischen ihnen gegeben hatte, und sie hatte nie etwas davon gemerkt. Vielleicht hatte er sich so sehr danach gesehnt, dass er es sich einfach zurechtgeträumt hatte.
    Er stand auf und räusperte sich. »Ist auch egal. Ich komme vielleicht später noch mal wieder.« Sie lag immer noch auf Knien, den Kopf nahe am Boden. Als er ging, sah sie nicht einmal auf.
     
    Der Tod war für Neunfinger-Logen kein Fremder. Sein ganzes Leben lang hatte er ihn begleitet. Nach der Schlacht von Carleon, vor langer Zeit, hatte er zugesehen, wie man die Leichen dutzendweise verbrannt hatte. Hunderte hatte man vor seinen Augen im namenlosen Tal in den Hohen Höhen begraben. Unter den Ruinen von Aulcus war er auf einem Berg aus Menschenknochen herumgeklettert.
    Aber selbst der Blutige Neuner, der meistgefürchtete Mann im ganzen Norden, hatte so etwas noch nie gesehen.
    Am Rand der breiten Straße waren in großen Haufen bis auf Brusthöhe Leichen aufgestapelt. Zusammengesunkene Leichenberge, überall. Hunderte und Aberhunderte. Zu viele, als dass er ihre Zahl hätte schätzen können. Man hatte sich bemüht, sie abzudecken, war aber nicht besonders gründlich gewesen. Die Toten dankten es einem schließlich nicht mehr. Zerfetzte Laken, mit

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