Königsklingen (First Law - Band 3)
haben einen neuen Häuptling. Was, zur Hölle, hast du getrieben, Neunfinger?«
»Nun ja ... das ist eine lange Geschichte.« Logen fragte sich, ob man sie kurz erzählen konnte, aber er war sich nicht sicher. »Ich dachte, die Schanka hätten euch alle erledigt, denn das Leben hat mich gelehrt, stets das Schlimmste zu erwarten. Daher machte ich mich auf nach Süden, und ich geriet an diesen Zauberer. Mit ihm ging ich auf eine Reise, übers Meer in ein fernes Land, um so ein Ding zu finden, das dann, als wir an unserem Ziel ankamen ... gar nicht da war.« Jetzt, wo er das alles erzählte, klang es mehr als nur ein bisschen verrückt.
»Was für’n Ding denn?«, fragte Tul, der völlig verblüfft aus der Wäsche guckte.
»Weißt du was?« Logen saugte an seinen Zähnen und genoss den Geschmack des Biers. »Eigentlich weiß ich das überhaupt nicht.« Sie alle sahen einander an, als hätten sie noch nie eine derart dämliche Geschichte gehört, und Logen musste zugeben, dass das vermutlich der Wahrheit entsprach. »Aber das ist jetzt auch egal. So, wie’s aussieht, ist das Leben gar nicht so schlecht, wie ich immer dachte.« Und damit gab er Tul einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken.
Der Hundsmann blies die Backen auf. »Na, wir sind jedenfalls froh, dass du wieder da bist. Du willst jetzt bestimmt auch wieder deinen Platz einnehmen, oder?«
»Meinen Platz?«
»Du übernimmst doch jetzt wieder den Befehl, oder? Ich meine, du warst doch unser Häuptling.«
»Das war ich vielleicht mal, aber ich habe nicht die Absicht, weiterzumachen. So wie’s aussieht, sind die Jungs doch ganz zufrieden damit, wie es jetzt läuft.«
»Aber du weißt viel mehr als ich darüber, wie man Männer anführt ...«
»Ich weiß nicht, ob das stimmt. Wenn ich zu bestimmen hatte, ging es für die meisten nicht gut aus, oder? Nicht für uns, nicht für die, die mit uns kämpften, und auch nicht für unsere Gegner.« Logen ließ angesichts der Erinnerungen die Schultern hängen. »Ich würd’s wieder machen, wenn du willst, aber lieber noch würde ich dir folgen. Ich hatte meine Zeit, und es war keine gute.«
Der Hundsmann sah aus, als hätte er auf eine andere Antwort gehofft. »Na gut ... wenn du dir sicher bist ...«
»Das bin ich.« Damit klopfte ihm Logen auf die Schulter. »Ist nicht leicht, Häuptling zu sein, was?«
»Nein«, brummte der Hundsmann. »Das ist es verdammt noch mal nicht.«
»Davon mal abgesehen denke ich, dass verdammt viele von den Jungs hier mit mir schon Zwistigkeiten hatten, und die werden sich nicht unbedingt freuen, mich wiederzusehen.« Logen sah auf die harten Gesichter entlang des Feuers, hörte das Gemurmel, in dem immer wieder sein Name auftauchte. Es war zu leise, um zu verstehen, was tatsächlich gesagt wurde, aber er konnte sich schon denken, dass es keine Nettigkeiten waren.
»Sie werden ziemlich froh sein, dich auf ihrer Seite zu haben, wenn es ums Kämpfen geht, mach dir darüber keine Sorgen.«
»Vielleicht.« Es war eine Schande, dass es wohl erst zum Töten kommen musste, damit ihm die Leute überhaupt nur zunicken würden. Jetzt gab es eher scharfe Blicke aus dem Dunkel, und etliche Augen wandten sich wieder ab, wenn er zurückguckte. Es gab nur einen Mann, fast noch ein Junge, der es wagte, ihm in die Augen zu sehen. Einen großen jungen Kerl mit langem Haar, der ein Stück weg vom Feuer saß.
»Wer ist das?«, fragte Logen.
»Wer ist was?«
»Der Bursche da, der mich anstarrt.«
»Das ist Espe.« Hundsmann saugte an seinen spitzen Zähnen. »Der hat verdammt viel Mumm, dieser Espe. Hat mit uns jetzt schon ein paar Mal gekämpft, und er ist ziemlich gut. Als Erstes sollte ich wohl sagen, dass er ein guter Mann ist, dem wir einiges verdanken. Und als Zweites sollte ich hinzufügen, dass er Rasselkopfs Sohn ist.«
Logen fühlte, wie eine Welle der Übelkeit über ihn hinwegschwappte. »Er ist was?«
»Sein anderer Sohn.«
»Der Kleine?«
»Ist schon ziemlich lange her, die ganze Sache. Kleine Jungs werden erwachsen.«
Es mochte lange her sein, aber Espe hatte dennoch nichts vergessen. Das sah Logen sofort. Nichts wurde je vergessen, hier oben im Norden, und er hätte gar nicht erst darauf hoffen sollen, dass es anders sein könnte. »Ich sollte irgendwas zu ihm sagen. Wenn wir zusammen kämpfen müssen ... ich sollte etwas sagen.«
Der Hundsmann verzog das Gesicht. »Vielleicht solltest du das bleiben lassen. An manche Wunden rührt man besser nicht. Iss – und rede
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