Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Können diese Augen lügen?

Können diese Augen lügen?

Titel: Können diese Augen lügen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Larkin
Vom Netzwerk:
okay, gehen wir.« Ich wandte mich zur Tür. Joe folgte mir eilig. Ich schlüpfte in meine Jacke und knöpfte sie bis zum Hals zu, damit niemand sah, dass ich kein Shirt darunter trug. Dann schlang ich die Leine um Joes Hals und befestigte das Welpenhalsband als Haltegriff daran. Joe jaulte und wedelte mit dem Schwanz. Sowie ich die Vordertür öffnete, zerrte er so stark an der Leine, dass er mir fast den Arm ausgekugelt hätte. Frische Luft hatte noch nie so gut gerochen, aber Joe ließ mir keine Zeit, sie zu genießen.
    » Langsam!«, keuchte ich, doch Joe zog an der Leine, als wolle er sich lieber selbst strangulieren, als stehen zu bleiben, also beschleunigte ich mein Tempo. Aber wenn ich schneller lief, damit die Leine nicht so spannte, lief er gleichfalls schneller, und wenn ich versuchte, es langsamer angehen zu lassen, behielt er sein Tempo bei. Die kalte Luft brannte in meinen Lungen, und ich bekam Seitenstiche. Ich fragte mich, ob auf dem gelben Zettel, der mit Joe gekommen war, auch ein Kommando für Hör auf, dich wie ein Irrer aufzuführen, und lauf wie ein normaler Hund stand.
    Noch ehe wir ein Viertel des Weges um den Block zurückgelegt hatten, war ich schon erschöpft und außer Atem. Gerade als es so aussah, als wolle Joe doch noch in ein langsameres Tempo verfallen, rannte ein paar Meter vor uns eine Katze quer über die Straße. Joe schoss los, riss mich mit sich und jagte die Straße hoch.
    » Joe! Stopp! Stopp! L’ahni!«, brüllte ich, weil das das einzige Kommando war, an das ich mich erinnerte. Er hörte mir gar nicht zu; er zog mich praktisch hinter sich her, sodass ich gezwungen war, noch schneller zu rennen als in meiner Kindheit, wenn ich auf dem Spielplatz Fangen gespielt hatte.
    Plötzlich gerieten wir auf eine vereiste Stelle, ich rutschte aus, landete mitten auf der Straße auf meiner Kehrseite und ließ vor Schreck die Leine los. Noch während ich auf dem Boden aufschlug, sah ich im Geiste schon den großen violetten Bluterguss vor mir, den mir dieser Sturz eintragen würde. Joe jagte die Katze, bis sie auf einen Baum flüchtete, dann kam er zu mir zurück und wedelte so zufrieden mit dem Schwanz, als habe er seinen Job gut erledigt.
    Als ich versuchte, mich aufzurappeln, stellte Joe seine großen, schlammigen Pfoten auf meine Schultern und leckte mir über das Gesicht, bis es mit Schleim bedeckt war. » Verdammt, Joe! Runter von mir!« Ich schob ihn weg und wischte mir das Gesicht mit dem Jackenärmel ab. Dann stand ich auf und versuchte, den Schmutz von meinem Hintern zu klopfen, machte dadurch aber alles nur noch schlimmer. Ich spürte fast schon, wie sich ein dicker Bluterguss bildete, und beschloss entnervt, nach Hause zurückzugehen.
    Ich griff nach Joes Leine, doch er lief ein Stück weg, sodass ich sie nicht zu packen bekam. Dann blieb er stehen und sah mich an. Ich ging zu ihm und griff nach der Leine. Wieder lief er ein paar Schritte vor, und ich stolperte hinterher. Jedes Mal, wenn ich meinte, die Leine endlich erwischt zu haben, rannte er los. Ich kam mir allmählich vor wie Charlie Brown, der versucht, mit Lucys Fußball zu kicken.
    Joe nahm das Ende der Leine in die Schnauze und schüttelte den Kopf so heftig, als würde er einem Beutetier den Garaus machen. Dann tänzelte er im Gras herum, als wolle er sich über mich lustig machen.
    » Benimm dich nicht wie ein Idiot!«, fuhr ich ihn an und kam mir im nächsten Moment absolut lächerlich vor. Joe rannte, die Leine immer noch in der Schnauze, vor mir her, dann wurde er langsamer und blickte sich immer wieder zu mir um, um zu sehen, welchen Weg ich einschlagen würde. Wenn er meinte, ich würde um eine Ecke biegen, tat er dasselbe. Es war, als wollte er mir die Richtung zeigen.
    Als wir uns dem Haus näherten, raste er zu den Briefkästen, hob ein Bein und pinkelte an den Pfosten des Kastens der Crosbys. Natürlich kam just in diesem Moment Gail Crosby zur Tür heraus, um ihre Post zu holen. In den zwei Jahren, die ich hier wohnte, hatte ich Gail nie etwas anderes tun sehen, als die Post zu holen und Gewaltmärsche zu unternehmen. Ihr Mann Mitch kaufte ein, und ich hatte den Verdacht, dass er auch kochte und den Abwasch erledigte.
    Die Post war der Höhepunkt von Gails Tag. Sie drehte sich die Haare auf, trug Lipgloss auf und wählte einen dem Wetter entsprechenden Trainingsanzug, dann stolzierte sie sich in den Hüften wiegend wie ein Model die Auffahrt hinunter und wieder hinauf und schwenkte dabei ihr ausladendes

Weitere Kostenlose Bücher