Können diese Augen lügen?
Küchenfliesen und dem kanariengelben Teppich wirkte etwas sorgsamer geplant.
Ich starrte die Wand an wie ein Stück moderner Kunst.
» Gefällt es Ihnen, Vannah?« Louis trat mit der Thermoskanne zu mir. Ich suchte verzweifelt nach ein paar freundlichen Worten, aber Louis deutete schon in das Wohnzimmer. Die pinkfarbenen Vorhänge hatte ich noch gar nicht bemerkt. Zum Glück erforderten die meisten von Louis’ Fragen keine Antworten.
» Meine erste Frau wollte die Wände weiß gestrichen haben, aber Greta…« Er seufzte und blickte sich vielsagend um. » Greta liebte Farbe.«
Ich fragte mich, ob die Couch auch auf Gretas Konto ging. Sie war braun und so ausladend wie ein fetter alter Mann.
» Vannah.« Louis setzte sich zu uns. » Sie erinnern mich an Greta. Sie haben auch viel Farbe.«
» Danke«, erwiderte ich trocken. Alex lachte mit vollem Mund, was er hastig vor Louis zu verbergen versuchte. Er war schon bei seinem dritten Stück Baklava angelangt.
» Ich habe zwei Tage gebraucht, um es zuzubereiten, und du futterst es in fünf Minuten auf«, schimpfte Louis, aber ich sah ihm an, dass er sich darüber freute. Er schenkte uns Kaffee ein und reichte mir Milch und Zucker.
Der Kaffee schmeckte stark und würzig. » Köstlich«, lobte ich.
» Zichorie«, erklärte Louis, » und ein bisschen Vanille. Aus der Schote gekratzt, nicht dieses künstliche Zeug aus den kleinen Glasröhrchen.«
» Louis ist ein hervorragender Koch«, warf Alex ein. » Er erteilt mir Unterricht.«
Prompt sah ich Alex und Louis in mehlbestäubten Schürzen wie in einem Laurel-und-Hardy-Sketch in der Küche herumwerkeln.
» Ein Mann sollte kochen können.« Louis hob einen Zeigefinger. » Die Einteilung in Männer- und Frauenarbeit ist vollkommen überholt. Auch die Männer sollten kochen.« Er gab Alex einen Rippenstoß. » Frauen finden das sexy.«
Alex lief flammend rot an.
Louis sah mich an. » Habe ich nicht recht?«
Ich lachte. » Er hat recht«, wandte ich mich an Alex. » Ich spreche im Namen aller Frauen, wir finden es ausgesprochen sexy.«
» Was habe ich dir gesagt?« Louis grinste Alex an. » Hör ruhig auf den alten Louis. Ich kenne mich auf einem oder zwei Gebieten aus.«
» Oder auf dreien?« Alex feixte.
Louis zuckte die Achseln. » Das wäre vielleicht etwas übertrieben.« Er zwinkerte mir lächelnd zu.
Ich fühlte mich in ihrer Gesellschaft so wohl wie schon lange nicht mehr. Hier hatte ich nicht ständig den Eindruck, gewogen und für zu leicht befunden zu werden. Niemanden störte es, wenn ich eine unpassende Bemerkung machte oder Kaffee auf meine Jeans verschüttete. Joe schlief, den Kopf auf meinen Fuß gelegt, zufrieden unter dem Tisch. Alex und Louis neckten sich scherzhaft, gaben Anekdoten zum Besten und freuten sich sichtlich, wenn ich mit ihnen darüber lachte. Louis erzählte mir, dass Alex als Kind versucht hatte, all die vertrockneten Würmer zu retten, die an heißen Tagen auf seiner Auffahrt lagen. Er sammelte sie ein, legte sie in eine Tasse und bespritzte sie mit Wasser, um sie ›aufzuwecken ‹ .
» Ich sagte ihm, lass sie über Nacht bei mir, da haben sie ihre Ruhe, und am Morgen geht es ihnen wieder gut.« Louis lachte. » Ich brachte es nicht über das Herz, ihm die Wahrheit zu sagen. Also wartete ich, bis er nach Hause gegangen war, und dann grub ich ein paar frische Würmer aus und tat sie in die Tasse.«
» Lange Zeit war ich fest davon überzeugt, dass man tote Würmer auf diese Weise wiederbeleben kann«, bestätigte Alex. » Kurz vor meinen letzten Schulprüfungen nahm mich Louis dann beiseite und gestand mir, was er mit den Würmern gemacht hatte.«
» Ich wollte nicht, dass er in Biologie durchfällt«, verteidigte sich Louis.
» Aber da wusste ich schon längst Bescheid.«
» Eh.« Wieder zwinkerte Louis mir zu. » Da bin ich mir gar nicht so sicher.«
Ich berichtete den beiden von einem Abenteuer im Gedney Park, als mich eine Gans gejagt hatte und ich in meinem Osterkleid in den Teich gefallen war. » Meine Mom war stinksauer. Ich höre sie heute noch: Savannah Marie Leone! Wie konntest du nur?«, ahmte ich ihren Long-Island-Akzent nach.
Alex schnaubte. » Wenn Eltern deinen vollen Namen gebrauchen, bedeutet das immer Ärger.«
» Sie hatte das Kleid selbst gemacht, es war das erste Stück, was sie je genäht hat. Es war scheußlich und saß schlecht, aber sie war so stolz darauf, dass sie Osterfotos machen wollte. Sie ging zum Auto, um die Kamera zu holen, und als
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