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Können diese Augen lügen?

Können diese Augen lügen?

Titel: Können diese Augen lügen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Larkin
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dass ich offensichtlich Geld haben musste, wenn ich aus Westchester County stammte. Daraufhin konnte ich entweder erklären, dass in Westchester nicht nur Snobs lebten, oder ich konnte die Leute in dem Glauben lassen, ich wäre einer.
    » Bist du in einem Zeugenschutzprogramm?«
    » Westchester.« Ich versuchte, die Krümel unauffällig von meinem Busen zu wischen.
    » Was hat dich denn hierher verschlagen?« Alex griff nach einem zweiten Stück Brot und bestrich es dick mit Butter.
    » Mein Studium. Und hinterher bin ich einfach geblieben.« Ich wusste, dass ich ihm ein paar Einzelheiten erzählen sollte, aber ich wollte nur eines– das Thema wechseln und über Superhelden und mangelnde Weinkenntnisse reden.
    Alex spielte mit seinem Besteck herum. » Lebt deine Familie noch in Westchester?«
    » Nein.« Ich nahm mir auch noch ein Stück Brot und zerbrach es über meinem Brotteller, um nicht wieder einen Krümelregen abzubekommen.
    Alex lachte. » Du rückst nicht gern freiwillig mit Details aus deinem Leben heraus, nicht wahr?«
    » Nein.« Ich versuchte, diesen Umstand gleichfalls mit einem Lachen abzutun, aber es klang gezwungen, und ich begriff, dass es das Beste war, ihm einfach alles zu erzählen. Er hatte mit mir ja auch offen über seine Exfrau gesprochen. Ich redete nicht gern über Mom, aber irgendwann musste das Thema einmal zur Sprache kommen. Warum also nicht jetzt? Ich blickte auf meinen Teller hinab und zog den Rand mit der Fingerspitze nach. » Meine Mutter ist vor drei Jahren gestorben«, gestand ich. Es würde mir wohl nie leichter fallen, diese Worte auszusprechen. Meine Kehle schnürte sich zu. Ich holte tief Atem und verbot mir streng, in eine weinerliche Stimmung zu verfallen.
    Alex griff über den Tisch hinweg nach meiner Hand. » Das tut mir furchtbar leid.«
    » Schon gut.«
    » Es muss sehr schwer für dich gewesen sein, Van.« Er ließ meine Hand nicht los, obwohl er den Arm hochhalten und um die Kerze herumgreifen musste. Bequem konnte das für ihn nicht sein.
    » Sie hatte Brustkrebs. An meinen Dad kann ich mich nicht erinnern. Ich war zwei, als er uns verlassen hat.« Da ich keine Mitleidsbekundungen wollte, fügte ich hinzu: » Aber ich habe ja Joe.«
    » Du musst nicht versuchen, die Tatsachen herunterzuspielen.«
    » Ich komme mir immer so vor, als müsste ich es«, bekannte ich. » Die Leute fühlen sich unbehaglich, wenn ich davon spreche.« Mir wurde bewusst, dass ich das Brotstück wie eine Zigarette hielt, und legte es auf den Teller. » Danke, dass du nicht gesagt hast, du wüsstest, wie ich mich fühle, weil du dasselbe durchgemacht hast, als deine Oma oder eine Tante gestorben ist.«
    » Hast du das oft zu hören bekommen?«
    » Allerdings.«
    » O je.« Er schüttelte den Kopf und presste die Fingerspitzen gegen die Stirn. » Das ist ja schrecklich.«
    » Ich weiß, die Leute meinen es gut, aber solche Bemerkungen machen für mich alles nur noch schlimmer. Ich fühle mich dann noch verlassener, weil niemand mich versteht.« Das war kein Gespräch für ein Date. Gespräche bei einem Date klangen anders. Ungefähr so wie: » Ich führe ein wundervolles Leben, bin überall beliebt, mein Telefon klingelt ständig, und ich kann mich vor Einladungen zu Partys kaum retten.« Stattdessen sagte ich leise: » Ich bin einsam, bekomme mein Leben nicht in den Griff, und außer meinem Hund liebt mich niemand.«
    Aber Alex schien das erstaunlicherweise nichts auszumachen. Er versuchte nicht, das Thema zu wechseln und über unverfänglichere Dinge wie das Wetter oder Sport zu sprechen. Er wollte alles über mich wissen, auch wenn es nicht erfreulich war.
    » Nun, ich würde nicht behaupten, dass ich das verstehe, aber ich respektiere es.« Er drückte meine Hand und gab sie frei.
    » Danke.«
    » Was mochtest du denn an ihr am liebsten?«
    Ich dachte kurz nach, ehe ich » Alles« sagte. Gleich würde ich doch anfangen zu weinen. Ich blickte zur Decke empor– schalldämpfende Platten, die überhaupt nicht zu der sonstigen Einrichtung passten. » Ich glaube, ich dachte, sie könnte tatsächlich fliegen.« Mit aller Kraft versuchte ich, die Tränen zurückzuhalten. » Aber nicht in einem Umhang. In hohen Stiefeln.«
    Alex begriff sofort. » Hilft ein Umhang denn beim Fliegen, oder dient er nur Showzwecken?«, zog er mich aus dem dunklen Loch, in das ich gefallen war.
    » Wahrscheinlich Zweiteres.« Ich holte tief Atem, um mich zu sammeln. » Ich glaube, es verhält sich so wie mit diesen

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