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Können diese Augen lügen?

Können diese Augen lügen?

Titel: Können diese Augen lügen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Larkin
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flatternden Bändern, die in Kaufhäusern an den Deckenventilatoren hängen, damit man den Luftzug sehen kann.«
    » Interessant.« Alex tippte unter dem Tisch mit seinem Fuß gegen den meinen. Die Art, wie seine Züge weicher wurden, wenn er mir zuhörte, und die eindringlichen Blicke, mit denen er mich maß, bewirkten, dass ich mir vorkam, als sei ich im Moment der einzige Mensch auf der Welt, der für ihn zählte.
    » Manchmal meine ich, mich an meinen Dad zu erinnern«, fuhr ich fort. » Aber dann sehe ich irgendeinen italienischen Typen im Fernsehen und begreife, dass ich mir meinen Vater nur genau so vorgestellt habe. Meine Mom hat keine Fotos von ihm aufbewahrt.«
    » Hast du je versucht, ihn zu finden?«, fragte Alex.
    » Einmal, aber er war nicht zu Hause, und da habe ich gekniffen.« Ich schüttelte den Kopf. » Nicht weiter wichtig. Er hat ja schließlich auch nie versucht, mit mir Kontakt aufzunehmen.«
    » Pech für ihn«, meinte Alex trocken. » Da hat er etwas verpasst.«
    » Danke.«
    Da Alex uns noch keinen Wein eingeschenkt hatte, übernahm ich das. Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte, und so war ich wenigstens beschäftigt.
    Nach dem ersten Schluck verzog Alex das Gesicht.
    » Kein Weinfreund?«
    » Ich bin eigentlich mehr für Bier.« Er lächelte entschuldigend.
    » Wir hätten keinen Wein bestellen müssen.«
    » Louis sagt immer, Bier trinkt man, wenn man den Rasen gemäht hat. Zum Essen tränke man Wein. Er hat vorhin noch angerufen, um mich daran zu erinnern.«
    » Tatsächlich?« Es gefiel mir, dass Louis von unserem Treffen wusste.
    » So etwas ist typisch für ihn.«
    Der Kellner brachte unser Essen. Ich schaffte es, mich und das Tischtuch schon nach den ersten zwei Bissen mit Tomatensoße zu bekleckern.
    » Italienisches Essen ist immer gefährlich.« Alex lachte, als ich mein Kleid mit der Serviette abtupfte.
    Ich schnitt die Fusilli in kleine Stücke, um sie leichter verspeisen zu können, gab am Ende aber frustriert auf und trank nur noch Wein. Da Alex kein zweites Glas nahm, leerte ich die Flasche allein. Falls ihm das auffiel, verlor er kein Wort darüber.
    Stattdessen erzählte er mir, dass er gleichfalls ein Einzelkind war, sein Cousin Ollie aber ein paar Jahre bei seiner Familie gelebt hatte, weil seine Tante auf einem Selbstfindungstrip gewesen war, sodass er sich fast so gefühlt hatte, als hätte er einen Bruder. Ollie lebte jetzt in Santa Fe, hatte lange blonde Dreadlocks und arbeitete für einen Typen, der Gitarren von Hand anfertigte. Sie wechselten immer noch handgeschriebene Briefe, weil Ollie weder ein Telefon noch einen Computer besaß. Er schwor auf das einfache Leben.
    Wir redeten über alles; von den Sandkuchen, die wir als Kinder gebacken hatten, bis hin zu dem grässlichen Gefühl am ersten Schultag, wenn die Mutter nach Hause geht und man ganz allein zurückbleibt.
    Alex erzählte mir, er sei Sternzeichen Fisch, glaube aber nicht an Astrologie. Er und seine Mom hatten alle sechsundvierzig Gipfel der Adirondacks bestiegen, Ollie war bei sechsundzwanzig davon mit von der Partie gewesen. Sein Dad ging lieber angeln, statt auf Berge zu klettern, und wenn sie von ihren Ausflügen zurückkamen, erwarteten sie frische Forellen, die in einer Pfanne über dem Lagerfeuer brutzelten. Sie schliefen in Zelten, in Schlafsäcken direkt auf dem Boden, und er konnte gar nicht glauben, dass ich noch nie gezeltet hatte. Sein erster Schwarm war ein Mädchen im Kindergarten gewesen, das Suzie hieß, aber seine Vorliebe für sie endete schlagartig, als sie einen Popel an seinem Ärmel abwischte. Und er hatte einen Teddy namens Rusty gehabt, der bei ihm im Bett geschlafen hatte, bis er zehn war.
    Ich unterbrach ihn nicht, sondern hörte fasziniert zu; sog alles, was er mir erzählte, förmlich in mich auf, und das lag nicht am Wein. Es kam mir so vor, als würde ich ihn schon sehr lange kennen. So etwas hatte ich noch bei niemandem zuvor empfunden, nicht einmal bei Peter.
    Alex schob dem Kellner seine Kreditkarte hin, bevor dieser überhaupt die Rechnung brachte. Er stand vor mir auf und rückte meinen Stuhl zur Seite, als ich mich erhob, dann bot er mir seinen Arm, als wir zur Tür gingen. Ich fragte mich, ob Louis ihm das eingeschärft hatte oder ob er merkte, dass mir der Wein zu Kopf gestiegen war.
    » Warte hier«, sagte er in der Halle. » Ich hole das Auto.«
    » Es regnet nicht«, wehrte ich ab. » Und ich bin nicht aus Zucker.«
    » Du könntest frieren.«
    » Das Risiko

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