Köpfe für Carlita
hatte ihm die Augen geschlossen. Diesmal tanzte das Licht der Kerze über die Pupillen hinweg, als wollte es dafür sorgen, daß sie bald wieder zum Leben erwachten.
Um den Kopf herum hatte sich noch eine dunkle Lache aus Blut ausgebreitet, die mittlerweile einen widerlichen Geruch angenommen hatte.
Auf dem Gesicht des Juan Perez war noch das Staunen zu sehen oder die Ungläubigkeit, die ihn in den letzten Sekunden seines Lebens beherrscht hatte.
»Na?« hörte ich Sahnas an meinem rechten Ohr flüstern. »Hast du genug gesehen?«
»Ich glaube schon.«
»Wunderbar. Dann schau noch mal nach rechts. Da ist der freie Platz, und den haben wir für deinen Kopf aufbewahrt, denn genau dort wird bald dein Schädel stehen.«
Es stimmte. Und es stimmte auch, daß mich die Worte hart getroffen hatten. Es war sogar Platz genug für zwei Köpfe vorhanden. Mir wurde plötzlich eiskalt. Ich fror innerlich ein.
Zum erstenmal kam mir zu Bewußtsein, wie gering meine Chancen waren, diesen verdammten Keller lebend zu verlassen.
An meinen Handflächen hatte sich der eiskalte Schweiß gebildet. Ich merkte ihn auch auf dem Rücken, ich spürte ihn im Nacken, auf dem Gesicht und der Stirn.
Der Mann hinter mir hörte meinen schweren Atem und zog die richtigen Schlüsse. »Jetzt hast du Angst, wie? Angst um dein erbärmliches Leben – oder?«
»Hättest du das nicht, Antonio?«
»Doch, das hätte ich auch. Aber ich habe Glück. Ich gehöre nicht dazu. Ich stehe auf Carlitas Seite und werde nach deinem Tod die beste Belohnung erhalten, die man sich als Mann überhaupt vorstellen kann. Ich denke, du begreifst, was ich meine.«
»Ja – und ob, aber laß dich nicht einseifen. Oder glaubst du im Ernst daran, daß sie ihr Versprechen einhalten wird? Glaubst du das? Ich nicht, mein Lieber. Typen wie Carlita halten nichts ein. Sie sind anders als normale Menschen. Du bist nur jemand, der benutzt wird, ansonsten nimmt man dich nicht ernst. Du bist ihr Erfüllungsgehilfe, und sie wird dich ebenso erledigen wie die anderen Kerle, die durch sie ihren Kopf verloren haben. Vielleicht wird dein Schädel noch heute neben dem meinen stehen.«
Ich hatte ihn nervös gemacht. Er löste seine Hände von meinen Schultern, umfaßte statt dessen meine Ohren, als wollte er sie mir abreißen. Statt dessen drückte er sie zusammen, was ebenfalls schmerzte und mich in die Knie zwang.
»Noch ein Wort, Sinclair, und du erlebst vor deinem Ende noch alle Höllenqualen.«
»Okay!« stöhnte ich. »Okay…«
Er lockerte den Griff und ließ es zu, daß ich mich wieder normal hinstellte.
An der vorderen Nischenkante fand ich Halt. Der Kollege kümmerte sich nicht mehr um mich. Er hielt mich nur noch mit einer Hand fest und hatte sich ansonsten zur Seite gedreht, weil er noch mit Carlita sprechen wollte.
»War alles in deinem Sinne?«
»Ja.«
»Und wann willst du ihn töten?«
Ich hatte mitgehört und wartete gespannt auf die Antwort. Zeit ließ sich Carlita Moreno nicht, und sie sagte auch nur ein Wort.
»Jetzt!«
***
Ich hatte damit gerechnet, trotzdem erwischte es mich härter als gewöhnlich. Ich war einfach zu sensibel geworden, und das mochte an der verdammten Angst liegen, die sich immer mehr in mir hochdrückte.
Kälte und Hitze wechselten sich bei mir ab. Ich spürte, wie etwas durch meinen Magen wühlte, die Kehle hochstieg und mir den Atem raubte.
Das Kichern des Verräters nahm ich ebenfalls wahr, und ich sah auch, wie er seine Position veränderte und sich mir zudrehte, um mich richtig fassen zu können. Jetzt oder nie!
Ich handelte sofort, ohne darüber nachgedacht zu haben. Obwohl ich selbst noch schwach auf den Beinen war, wuchtete ich mich ihm entgegen. Es war keine große Distanz zwischen uns, aber wir prallten schon ziemlich hart zusammen, und der Mann mußte auch zurückweichen, wobei er mich losließ, weil er so überrascht war.
Carlita Moreno griff nicht ein. Und ich klammerte mich wie eine Klette an Sahnas fest.
Nur mit der rechten Hand. Meine linke huschte über seinen Bauch hinweg und glitt dorthin, wo meine Beretta steckte, die ich aus dem Hosengurt hervorziehen konnte.
Als ich sie spürte, warf ich mich zurück. Ich prallte mit dem Rücken gegen die Nischenkante. Der heiße Schein der Kerzen huschte über meinen Nacken hinweg und drohte die Haut sowie die Härchen zu versengen.
Sofort wechselte ich die Beretta in die rechte Hand und zielte nun auf Sahnas.
»Laß es sein!« brüllte ich ihn noch an, denn der spanische
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