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Köpfe für Carlita

Köpfe für Carlita

Titel: Köpfe für Carlita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mehr.«
    »Hat sie überlebt – oder ihr Körper?«
    »Geist und Körper kann man trennen, das hat Carlita schon immer gewußt. Nicht grundlos ist sie in die anderen Länder gereist, wo sich das große Wissen verbarg. Sie hat bei den Arabern, den Ägyptern und bei den Indern gelernt, und sie haben Carlita aufgenommen und sie an ihren Weisheiten teilhaben lassen. So konnte sie der Tod nicht schrecken. Sie hat ihn sogar vorausgeahnt, und sie hat versucht, der Menschheit etwas zu hinterlassen.«
    »Denkst du dabei an das Bild?«
    »Genau. Sie bekam deinen Ahnherrn dazu, sie zu malen. In ihrer Lieblingspose. Damals hat sie schon gewußt, daß dieses Bild mehr sein würde als nur ein simples Gemälde der Erinnerung.«
    »Dann kann die Feindschaft zwischen unseren beiden Vorfahren nicht so schlimm gewesen sein«, sagte ich.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Doch!« widersprach ich. »Mein Ahnherr Gilles St. Clair hat ihr durch das Bild die Möglichkeit eines Schlupflochs gegeben, und das solltest du allmählich begreifen. Ich glaube, daß du den falschen Mann tötest, denn ich…«
    »Nein!« schrie sie mich an, und ich befürchtete, daß sie schon jetzt zuschlagen könnte. »Nein, das stimmt nicht. Das ist nicht wahr. Das ist alles gelogen. Ich brauche die acht Köpfe, um mich mit ihr zu vereinigen. Ich muß so werden wie sie. Ich mußte einfach diese acht Taten vollbringen, erst dann kann sich der Kreis völlig schließen.«
    Ob sie damit recht hatte, wußte ich nicht. Vielleicht aus ihrer Sicht, nicht aus meiner, denn ich wollte meinen Kopf gern behalten. Carlita Moreno hatte sich da in etwas verrannt, mit dem ich überhaupt nicht zurechtkam, aber ich sah im Moment keine Chance, diese Dinge zu ändern und zu meinen Gunsten zu kippen.
    »Und jetzt wirst du sterben, Sinclair!« versprach sie mir. »Dreh dich um!«
    »Das kann ich nicht.« Ich schnappte nach Luft. Die verdammte Klinge
    ›klebte‹ an meinem Hals. Ihr Druck wurde stärker, und mein Ende kam näher.
    »Das ist deine Sache. Ich will, daß du dich drehst und gegen die Nische mit den Köpfen schaust. Du wirst dich mit beiden Händen an der Kante abstützen. Du wirst die Arme dabei ausbreiten, du wirst zurücktreten und dich breitbeinig hinstellen, und du wirst deinen Kopf nach vorn senken…«
    Ich hatte alles gehört. Sogar überdeutlich. Jedes Wort war mir dabei wie eine Folter vorgekommen. Im Magen spürte ich den extremen Druck, als sich die Umgebung zusammenzog. Ich spürte auch das harte Pochen an beiden Stirnseiten, auch ein Beweis für die Furcht, die in mir steckte, und die Drüsen produzierten abermals den säuerlich riechenden Schweiß.
    Der Streß nahm zu, das Zittern auch. Beides würde sich noch verschlimmern, wenn Carlita kurz vor ihrer Tat stand.
    Ich bewegte mich nicht bewußt langsam, weil ich damit rechnete, daß die scharfe Klinge meine Haut aufschlitzen würde, aber dieser Druck verschwand, denn Carlita Moreno hatte ihr Beil angehoben.
    Es schwebte auch weiterhin in meiner Nähe, das wußte ich auch, ohne hinschauen zu müssen.
    Bisher hatte ich den dicken Kerzen meinen Rücken zugewandt. Jetzt, wo ich die Drehung vollendet hatte, sah ich sie wieder. Aus den mit kaltem Wachs verklebten Stummeln ragten die geschwärzten Dochte hervor, und um sie herum tanzten die Flammen, die nie ruhig brannten, obwohl hier kein Wind herrschte. Sie tanzten, berührten sich manchmal, so daß sie fast eine Einheit bildeten.
    Ihr Zucken störte mich. Der Schein blendete mich. Die Augen mußten sich erst wieder auf dieses Licht einstellen, und hinter dieser Feuerwand sah ich die Umrisse der abgeschlagenen Köpfe. Ich roch sie auch. Den Leichengestank konnte man einfach nicht ignorieren.
    Ich schwankte, was auch an der Übelkeit lag.
    Unter den Händen spürte ich die Kante der Nische. Rauhes Gestein, kratzig, aber nicht so scharf, als daß es mir die Handballen aufgerissen hätte.
    Carlita hatte mir befohlen, den Kopf nach vorn zu senken, was ich auch tat.
    »Noch weiter zurück«, flüsterte die Frau, die mich nicht aus den Augen ließ. Sie stand rechts von mir, das mörderische Beil angehoben, und sie würde es innerhalb einer Sekunde von oben nach unten rasen lassen und mir den Schädel abschlagen.
    Ich überlegte. Meine Gedanken drehten sich wild und suchten nach einem Ausweg.
    Sollte ich es mit körperlicher Gewalt versuchen? Einen Moment der Unachtsamkeit bei ihr ausnutzen?
    Das klappte nicht, denn Carlita Moreno war alles andere als unachtsam.
    Sie stand in

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