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Köpfe

Köpfe

Titel: Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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warteten. Draußen herrschte Mondnacht, der strahlende Schein der Platzbeleuchtung ließ die Sterne verblassen. Die Erde stand voll über uns, ein daumennagelgroßer Fleck bläulichen Lichts, das durch die Deckenluken fiel. Durch die Fenster der Lounge sahen wir nichts anderes als einige Hektar aschfarbenen Mondbodens aus Schaumstein, einen Stapel Geröll, der einige Jahrzehnte zuvor aus der Eisgrube herausgebaggert worden war, und den nichtssagenden grauen Beton der Landebahn.
    »Ich habe das Gefühl, daß irgend etwas gewaltig faul ist«, sagte Rho. Die Lichter des Management-Busses wurden über dem Horizont sichtbar. »Sie treiben einen ganz schönen Aufwand mit uns. Soviel Aufmerksamkeit hat uns der Direktor noch nie zukommen lassen.«
    Ich versuchte sie zu trösten. »Du hast ja auch noch nie Urgroßmama und Urgroßpapa an der Angel gehabt«, sagte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist es nicht. Er hat eine ganze Latte von Recherchen über die Logologisten geschickt.«
    Ich nickte. »Mir auch. Hast du es gelesen?«
    »Natürlich.«
    »Was hältst du davon?«
    »Es sind sonderbare Leute, aber ich kann mir nicht vorstellen, aus welchem Grund sie Einwände gegen dieses Projekt haben können. Sie sagen, der Tod ist nur dann eine Befreiung, wenn die Erleuchtung damit einhergeht… eingefrorene Köpfe könnten also noch weitere potentielle Bekehrte sein…«
    »Vielleicht weiß Thomas mehr«, sagte ich.
    Der Bus landete, schnittig und in leuchtendem Rot, ein teures, nagelneues Volldruck-, Vollkabinen-Modell vom Typ Lunar-Rover. Ich war bisher noch nie mit einer Sandoval-Limousine gereist. Die Innenausstattung war sehr eindrucksvoll; automatische Anpaß-Sitze, eine Restaurant-Einheit – ich bedauerte, daß ich bereits gefrühstückt hatte, naschte jedoch von Rhos Eiern mit synthetischem Schinken – und ein vollständiges Kommunikationszentrum. Wir hätten auf der Erde oder dem Mars oder jedem beliebigen Asteroiden anrufen und dazu die Satelliten der Lunar-Cooperativeoder sogar der Tripel-Satelliten benutzen können, wenn wir gewollt hätten.
    »Da merkt man mal wieder, wie weit wir in der Eisgrube vom Sandoval-Hauptgeschehen entfernt sind«, sagte ich, während Rho ihren Teller in den Rückgabe-Schlitz schob.
    »Ich vermisse nichts«, sagte sie. »Wir bekommen doch alles, was wir brauchen.«
    »William ist da vielleicht anderer Ansicht.«
    Rho lächelte. »Um Luxus geht es ihm nicht.«
    Port Yin war das bedeutendste interplanetarische Handelszentrum und die größte Stadt im Procellarum, die Nabe aller Stationen im Ozean. Procellarum war das Hauptgebiet des MB Sandoval, obwohl wir außerdem etwa zwanzig weitere Stationen und zwei kleinere Häfen in dem der Erde zugewandten Hochland hatten. Abgesehen davon, daß es ein wichtiger Verkehrsumschlagplatz war, war Port Yin von Farmen umgeben; es ernährte den größten Teil des erdseitigen Mondes südlich und westlich des Ozeans. Für Mondbürger stellt eine Farmstation von ausreichender Größe außerdem ein Erholungsgebiet dar – mit der Möglichkeit, Wälder und Felder zu bewundern.
    Wir überflogen die jetzt trüben Reihen der Farmkuppeln, mehrere tausend Hektar, die sich entlang des südöstlichen Randes des Hafens erstreckten, und setzten eine halbe Stunde vor dem für unser Treffen angesetzten Termin auf dem privaten Sandoval-Landeplatz auf. Dadurch hatten wir genügend Zeit, um die Strecke von der von Menschen wimmelnden Yin City zum Zentrum von Port per Bahn und Laufband zurückzulegen.
    Die Sekretärin des Direktors führte uns durch einen kurzen Gang zu seinem kleinen Privatbüro, das zentral zwischen den Gehegen des Sandoval-Syndikats gelegen war. Thomas Sandoval-Rice war ein gepflegter, entschlossen grauhaariger Mittsiebziger mit einer schmalen Nase und vollen Lippen, und er trug einen strengen schwarzen Anzug mit einer roten Schärpe und Mondkalb-Slipper. Er erhob sich, um uns zu begrüßen. Der Raum bot kaum Platz für drei Stühle und einen Schreibtisch; hier war sein inneres Heiligtum, nicht das Repräsentierbüro für Sandoval-Kunden oder die Vertreter anderer MBs. Rho warf mir beim Eintreten einen hilflosen Blick zu; dies schien tatsächlich der Rahmen für eine Maßregelung zu sein.

    »Ich freue mich, Sie beide wiederzusehen«, sagte Thomas und bot uns gleichzeitig an, Platz zu nehmen. »Sie sehen gut aus, Mickey. Es ist drei Jahre her, daß wir sie in eine höhere Position bei der Eisgrube befördert haben, nicht wahr?«
    »Ja, Sir«, bestätigte

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