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Köpfe

Köpfe

Titel: Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ihn zu beruhigen. »Es handelt sich bei den Leuten um Profis, und außerdem würde Rho sie umbringen.«
    William ließ den Kopf sinken und schüttelte ihn hilflos. »Micko, irgend etwas muß faul sein. Negativtemperatur ist bedeutungslos.«
    »Ich habe nicht gesagt, die Temperaturen seien negativ«, erinnerte ich ihn.
    »Dieser Denker wertet die Daten nicht aus«, summte der QL dazwischen.
    »Das liegt daran, daß du ein Feigling bist«, beschuldigte William ihn.
    »Dieser Denker überträgt keine falsche Auswertung«, erwiderte er.
    Plötzlich brach William in ein harsches, wütendes Lachen aus, das mir durch Mark und Bein ging. Er riß die Augen weit auf und tätschelte die Fernbedienung mit zähneknirschender Väterlichkeit. »Micko, Gott ist mein Zeuge, daß nichts auf diesem Mond jemals leicht ist, nicht wahr?«
    »Vielleicht bist du auf etwas noch viel Interessanteres als den absoluten Nullpunkt gestoßen?« gab ich zu bedenken. »Einen neuen Zustand der Materie.«
    Dieser Gedanke ernüchterte ihn. »Das…« Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und zerzauste sie noch mehr. »Eine großartige Vorstellung, das muß ich sagen!«
    »Brauchst du Hilfe?« fragte ich.
    »Ich brauche Zeit zum Nachdenken«, sagte er leise. »Danke, Micko. Ich kann jetzt einige Zeit keine Störung gebrauchen… mindestens ein paar Stunden lang.«
    »Ich kann für nichts garantieren«, sagte ich.
    Er blinzelte mir zu. »Ich gebe dir Bescheid, wenn ich etwas Großes entdeckt habe, okay? Geh jetzt, bitte!« Er schob mich sanft über die Brücke.

DER RATSSAAL WAR RUND, mit Mondeiche getäfelt, zentral beleuchtet, mit einem großen altertümlichen Bildschirm an einer Seite, liebevoll seit dem Gründungsjahr des Rates erhalten. Politiker behalten einander gern im Auge; es gab keine Ecken, kein Stuhl stand anders als in Richtung Mitte.
    Ich schlurfte hinein, hinter Thomas und zwei freiberuflichen Anwälten aus Port Yin, die Thomas beauftragt hatte, ihn außerfamiliär zu beraten. Innerhalb des Tripels hörte man oft, daß die Mondrechtsanwälte die schlechtesten seien, die man für Geld bekommen konnte; daran ist etwas Wahres, trotzdem spürte Thomas das Bedürfnis nach einer objektiven und kritischen Einschätzung der Angelegenheit.
    Der Raum war größtenteils leer. Drei Repräsentanten hatten bereits ihre Plätze eingenommen – interessanterweise waren sie von den MBs Cailetet, Onnes und Nernst. Andere Repräsentanten unterhielten sich im Korridor vor dem Saal. Die Präsidentin und ihr Mitarbeiterstab würden erst kurz vor Beginn der Versammlung eintreten.
    Der Ratsdenker, ein großes, uraltes terrestrisches Modell mit einem grauen Keramikgehäuse, stand unter dem Präsidentenpodium an der Nordseite des Raums. Thomas stieß mich an, während wir uns setzten, deutete auf den Denker und sagte: »Unterschätzen Sie so eine alte Maschine nicht. Dieses Monstrum hat mehr Erfahrung als irgend jemand anderes im Saal. Aber es ist das Spielzeug der Präsidentin, nicht unseres; es wird der Präsidentin niemals widersprechen, und es wird nicht gegen sie aussagen.«
    Wir saßen schweigend da, während der Saal sich füllte. Genau zum vorgesehenen Zeitpunkt des Beginns trat Fiona Task-Felder durch eine Tür hinter dem Präsidentenpodium ein, Janis Granger und drei Rechtsbeistände des Rates im Schlepptau.
    Ich kannte viele der MB-Repräsentanten. Ich hatte mit zehn oder fünfzehn von ihnen im Laufe der Jahre meiner Forschungsarbeit für mein Nebenfach gesprochen; andere kannte ich vom Sehen aus den Mondnachrichten und Sendungen über den Rat. Es waren ausnahmslos ehrenwerte Frauen und Männer; ich dachte, daß wir vielleicht letztendlich hier doch nicht so schlecht abschneiden würden.
    Thomas’ Gesichtsausdruck kündete von einer entschieden weniger günstigen Meinung.
    Das Thema Eisgrube war nicht der erste Punkt auf der Tagesordnung des Rates. Es standen außerdem noch folgende Angelegenheiten an: wer sollte die lukrativen Aufträge für die Lieferung von Verdampfungsstoffen von den äußeren Planeten bekommen; wer hatte die Rechte in einer MB-Grenzstreitigkeit, um Ansprüche auf Aluminium- und Wolfram-Abbau an den MB Richter zu verkaufen, jene gewaltige und im allgemeinen ruhige Drei-Familien-Verbindung, die den größten Teil des Mondbergbaus an sich gebracht hatte. Diese Probleme wurden von den Repräsentanten in einer Weise diskutiert, die mir als vorbildlich auffiel. Beschlüsse wurden erzielt, Verträge überprüft und klargestellt,

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