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Köpfe

Köpfe

Titel: Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Anteile zugewiesen. Die Präsidentin schwieg während der meisten Zeit. Wenn sie sprach, tat sie es mit wohlüberlegten Worten und ohne Umschweife. Sie beeindruckte mich.
    Thomas schien immer tiefer in seinen Stuhl zu sinken, das Kinn auf eine Hand gestützt, das graue Haar zerzaust. Er warf einmal einen Blick zu mir herüber, schenkte mir so etwas wie ein spöttisches Lächeln, dann zog er sich wieder in sein düsteres Nachdenken zurück.
    Unsere beiden außerfamiliären Rechtsanwälte saßen stocksteif auf ihren Stühlen und blinzelten kaum.
    Janis Granger las den nächsten Tagesordnungspunkt vor: »Zwischenfamiliäre Auseinandersetzungen hinsichtlich des Ankaufs menschlicher Überreste von terrestrischen Konservierungsgesellschaften durch den MB Sandoval.«
    Gesellschaften. Das war eine Spitzfindigkeit, die Bände sprach. Thomas schloß die Augen und öffnete sie nach einer geraumen Zeit wieder.
    »Der Repräsentant des MB Gorrie möchte sich zu diesem Punkt äußern«, sagte die Präsidentin. »Achmed Bani Sadr vom MB Gorrie hat für fünf Minuten das Wort.«
    Thomas richtete sich auf, beugte sich vor. Bani Sadr stand auf und hielt eine Tafel, die ihm seinen Text einsagte, auf Taillenhöhe.
    »Die Syndikatsmitglieder des MB Gorrie haben ihre Besorgnis ausgesprochen über die Spannung, die dieser Kauf hinsichtlich der allgemeinen Beziehungen im Tripel auslösen könnte. Wie die größten Transporteinrichtungen zwischen Erde und Mond sowie viele translunare Verbindungen würden auch unsere Geschäfte durch irgendeine Veränderung der terrestrischen Einstellung ausgesprochen ungünstig beeinflußt…«
    Und so fing es an. Selbst ich in meiner Naivität erkannte, daß das Ganze genial aufeinander abgestimmt worden war. Einer nach dem anderen stellten sich die MBs vor den Rat und drückten ihre kollektive Besorgnis aus. Die Erde hatte mit ihrem Geldbeutel vor unserer Nase herumgeklimpert; der Mars hatte uns gerügt, weil wir in einer Zeit der wirtschaftlichen Unstabilität das Tripel-Schiff zum Schaukeln gebracht haben. Die Vereinigten Staaten der Westlichen Hemisphäre hatten für Handelsbeschränkungen gegenüber dem Mond gestimmt, falls diese Angelegenheit nicht zu ihrer Zufriedenheit gelöst würde.
    Thomas’ Miene war angespannt, sorgenvoll und wachsam. Er war nicht untätig gewesen. Cailetet hatte sein Interesse daran kundgetan, die langfristig sehr lukrative und nebenbei sogar revolutionäre Forschungsarbeit an den Verstorbenen durchzuführen; der MB Onnes sagte aus, daß es keinen beschreitbaren Weg gäbe, um diese Köpfe innerhalb der nächsten zwanzig Jahre wieder zum Leben zu erwecken und zu aktiven Mitgliedern der Gesellschaft zu machen; die entsprechende Technologie war einfach noch nicht verfügbar, trotz einer jahrzehntelangen vielversprechenden Forschung.
    Überraschenderweise machte der Repräsentant des MB Gorrie eine Kehrtwendung und brachte ein Interesse an den medizinischen Aspekten der Forschung zum Ausdruck; er fragte an, wie lange eine derartige Arbeit brauchen mochte, um im geschäftlichen Sinne zu reifen, doch die Präsidentin brachte den – nicht unvernünftigen – Einwand vor, daß diese Frage über den Rahmen der gegenwärtigen Diskussion hinausginge.
    Der Repräsentant des MB Richter bekundete Sympathie für die Sandovalschen Versuche, dem lunaren Geschäft einen neuen Bereich zu eröffnen, erklärte jedoch, daß Störungen bei den lunaren Rohmateriallieferungen an die Erde sich kurzfristig verheerend auswirken könnten. »Wenn die Erde Mineralien vom Mond boykottiert, dann können die äußeren Planeten fast unverzüglich mit Lieferungen einspringen, und wir verlieren ein Drittel unseres Bruttoexportgeschäftes.«
    Thomas bat um Redezeit, um zu antworten. Die Präsidentin gewährte ihm zehn Minuten, um den Standpunkt der Sandovals darzulegen.
    Er beriet sich kurz mit den Rechtsanwälten. Sie nickten zum Zeichen ihrer Zustimmung zu mehreren geflüsterten Bemerkungen, und er stand auf, die Tafel auf Taillenhöhe vor sich haltend – die offizielle Haltung in diesem Saal –, und begann mit seiner Erwiderung.
    »Verehrte Präsidentin, sehr geehrte Repräsentanten, ich werde mich kurz fassen, und ich werde offen sein. Ich schäme mich wegen dieser Vorgänge, und ich schäme mich, weil dieser Rat so blind war, daß er sie nötig gemacht hat. Niemals während meiner neununddreißig Jahre im Dienste des MB Sandoval und meiner siebenunddreißigjährigen Mondbürgerschaft empfand ich solche

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