Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
Vom Netzwerk:
wie im Film Tanz der Vampire , wenn auf dem Vampirball der wirre Professor, sein Assistent und die frisch befreite Dorfschönheit gemeinsam mit höfisch gekleideten Vampiren auf einen großen Spiegel zutanzen. Bis sie schließlich merken, dass sie die einzigen fleischlichen Wesen sind, die sich im Spiegel reflektieren.
    Aber jetzt war ich das Wesen ohne Körper, sozusagen der Vampir, der kein Spiegelbild besaß. Das war, glaube ich, das erste Mal, dass ich mich fragte: »Gibt es noch andere Wesen wie mich, die körperlos durch die Welt streifen? Und was mich noch mehr interessieren würde: Könnte ich sie sehen?«
    Doch nach dem Knick im Gang fesselte etwas anderes meine Aufmerksamkeit. Der Gang vor mir war komplett durch massive Stahlgitter und eine schwere Gittertür versperrt. Im ersten Impuls dachte ich: »Scheiße, hier geht’s für mich nicht weiter!«
    Dann echote die Stimme meines persönlichen Gottes im Kopf: »Geht nicht, gibt’s nicht!« Ich grinste. Hatte er so etwas nicht schon auf der Zwischenebene gesagt?
    Na, wenn mein Gott das sagte, würde es schon seine Richtigkeit haben. Ich kniff dennoch die Augen zu, als ich durch das Gitter schritt. Ich wollte auf keinen Fall mit ansehen, wie die schweren Eisenstäbe durch meinen Körper schnitten wie ein überdimensionaler Eierschneider.
    Als ich sicher war, mittlerweile auf der anderen Seite angekommen zu sein, öffnete ich die Augen und sah vorsichtig an mir herunter. Aber es war alles noch da und nichts war zerstückelt.
    Ich atmete auf und folgte den leisen Geräuschen, die weiter vorne aus dem Gang kamen. Sie führten mich vorbei an einer grünen Tür, auf der Notfall stand.
    Die nächste Tür war nur angelehnt und mit Apotheke beschriftet. Aus ihr kamen die leisen Geräusche. Ich ging hinein und sah einen großen stämmigen Mann vor einem geöffneten Schrank stehen, auf dem Beruhigungsmittel stand. Die kurzen Haare und die stämmige Figur eines Fernfahrers verrieten ihn: Brötchen! Geschäftig und mit der Unruhe eines Nagetiers drehte er immer wieder seinen Kopf.
    Wovor hatte er Angst? Die Antwort kam in Form einer typischen Handbewegung. Sein Hand schoss in den Schrank, griff zu und ließ den Inhalt in die Tasche seines Pflegerkittels gleiten. Kurz darauf wieder dieses nagetierartige Umherschauen, als ob er die Witterung eines Fressfeindes aufgenommen hätte.
    »Das ist es also, was Mosquito gegen Dich in der Hand hat! Damit wollte er Dich erpressen, als er gesagt hatte, ich weiß zu viel über Dich!«
    Ich schlich mich näher an ihn heran, um zu sehen, was er sich da aus dem Schrank holte. Wäre mein Körper real, beziehungsweise physisch gewesen, hätte ich ihm vermutlich in den Nacken geatmet. Aber als geistiger Spaziergänger brauchte man auf so etwas sicherlich nicht zu achten. Zu spät sah ich, dass sich seine Nackenhaare auf dem speckigen Wulst seines Halses aufstellten. Er schwang herum und rannte keuchend durch mich hindurch in Richtung Gang. Ja, er rannte einfach durch mich durch!
    Es geschah etwas sehr Eigenartiges. Ich spürte Furcht! Da war zum einen mein eigener Schreck, als Brötchen herumwirbelte und mit seiner gesamten wuchtigen Masse durch mich hindurch stürzte. Aber da war noch mehr! Es war eine fremde Angst, die ich dennoch fühlte wie meine eigene! Und da waren plötzlich auch Gedanken, die nicht zu mir gehörten. Der Schreck ging mir durch Mark und Bein. Mir wurde schwindelig. Alles drehte sich um mich. Es war, als würde ich durch einen Abfluss gesaugt, und wie ein Korken, der unter Wasser gedrückt wurde, schoss ich plötzlich in meinem richtigen Körper wieder hoch.
    Ich atmete heftig. Ich konnte den Puls in meinen Halsschlagadern hämmern hören. Ich öffnete die Augen und sah über mir meinen Holo-Flat-Pad.

Die Beichte
    »Uff, ich bin zurück! Wenn ich überhaupt fort gewesen bin! Wie in drei Teufels Namen konnte ich sicher sein, tatsächlich dort draußen gewesen zu sein? Jeder X-beliebige Traum konnte selbst die kleinsten Details so genau abbilden, dass man sogar ganze Buchseiten lesen kann.«
    Wieso also sollte das wahr sein, was ich gerade gesehen hatte? Oder sind Träume nur deswegen so detailreich, weil sie auf ihre ganz eigene Art real waren?
    Aber was hat mir dieser Psychotrip gebracht? Habe ich irgendetwas bewiesen? Nein natürlich nicht!
    Und damit stand ich wieder am Anfang meines Dilemmas. Wenn man gefangen in seinem eigenen Körper dalag, verschwammen die Realitäten. Aber der Schreck saß mir immer noch tief

Weitere Kostenlose Bücher