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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
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in den Knochen, gleich ob es ein Traum oder irgendwie real gewesen war. Diese fremden Gedanken in mir. Die Angst, entdeckt zu werden. Die innere Zerrissenheit zwischen der unstillbaren Gier nach Ruhe, die nur die Beruhigungsmittel bringen konnten, und dem Wissen, dass dies der falsche Weg war. Das Bewusstsein, nicht aufhören zu können, der Sucht ausgeliefert zu sein.
    Und da war eine geradezu archaische Angst, dass gerade etwas passiert war, was nicht sein durfte. Es war die Angst, von einem Geist gestreift worden zu sein. Es war das tiefe Wissen, dass dies keine Einbildung war, dass es tatsächlich passiert war. Und weil es passiert, aber nicht rational erklärbar war, machte es den Schrecken nur noch größer. Was mir persönlich bei der ganzen Sache jedoch am meisten Angst machte: Es war nicht meine Angst! Aber sie war da! Sie war in meinem Kopf!
    Ich hörte gehetzte Schritte vom Gang her kommen. Die Tür wurde aufgerissen, Brötchen stürzte herein und ließ die Tür einfach ins Schloss fallen. Völlig außer Atem stand er an meinem Bett. Er zitterte am ganzen Körper, der Schweiß rann ihm in dicken, heißen Tropfen übers Gesicht. Vorsichtig, äußerst vorsichtig, beugte er sich über mich, als ob ich eine Bombe wäre, die jederzeit explodieren konnte. Unsere Blicke begegneten sich und da war dieses Wissen in den Augen des anderen, diese unaussprechliche Gewissheit …
    Seine Lippen waren schmale zitternde Striche, die in seinem aschfahlen Gesicht zuckten. Mit sichtlicher Mühe presste er zitternd und um Haltung bemüht hervor: »Bi-bitte, tun Sie d… das, bitte tun Sie das nie mehr!«
    Ich war wie vom Donner gerührt! Konnte das tatsächlich sein?
    »Ich weiß jetzt, dass Sie unschuldig sind! Aber bitte tun Sie das nie wieder! Ich werde sie immer gut behandeln! Und ich, ich werde Sie beschützen!«, stammelte er. Er war leichenblass im Gesicht und seine Augen hatten sich in den Höhlen verkrochen.
    Dann stürzte er zur Tür hinaus. Es krachte vom Gang her. Durch den Türspalt konnte ich gerade noch sehen, wie er zusammenbrach.

Notruf
    Ich wusste, wenn Brötchen Dienst hatte, dann war auch Mosquito nicht weit. Dennoch fokussierte ich das Symbol des roten Kreuzes auf meinem Holo-Flat-Pad und blinzelte es an. Dadurch setzte ich einen Notruf ab, der kurz danach schon von schnellen Schritten auf dem Gang bestätigt wurde. Ich hörte Stimmen.
    »Verdammt da vorne liegt jemand, sieht aus, als wäre es …«
    »… der fette Daniel!”, schnarrte eine andere, mir wohlbekannte Stimme. »Vielleicht hat er sich ja überfressen!«
    »Jetzt reißen Sie sich mal zusammen, Herr Mengele! Kümmern Sie sich um ihren Kollegen. Ich schau’ drinnen nach, was dort abgeht! Vielleicht ist das hier ja nur die Spitze des Eisberges.«
    Doktor Gregor riss die Tür auf. Alles war ruhig, wie sollte es auch anders sein in einem Zimmer, in dem fünf bewegungsunfähige Menschen wie zusammengerollte Teppiche in einem Lagerhaus lagen. An meinem Vitalometer blinkte ein rotes Licht. Sein prüfender Blick hatte schnell erkannt, dass ich den Notruf abgesetzt hatte.
    Unsinnigerweise fragte er: »Haben Sie den Notruf aktiviert?« Ich schloss langsam aber mit Nachdruck die Augen, um ihm die Frage mit »ja« zu beantworten.
    »Aber warum? Mit Ihnen ist doch alles in bester Ordnung!”, fragte er. Ich rollte die Augen immer wieder in Richtung Tür.
    »Wegen Herrn Becker, ihrem Pfleger?« Verwunderung sprach aus seiner Stimme. Ich schloss die Augen wieder mit Nachdruck, um seine Frage zu bejahen.
    »Wie konnten Sie dass wissen?«
    Ich versuchte die Augenbrauen zu heben, was mir aber nicht gelingen wollte. Er sah mich fragend an. Dann rollte ich wieder mit den Augen in Richtung Tür.
    »Du meine Güte, Sie haben recht, ich schau am besten mal nach Herrn Becker!« Mit wehendem Arztkittel schoss er durch die Tür. Im Gang sah ich Mosquito über Brötchen knien. Wie es aussah, war er wieder zu sich gekommen.
    »Mir geht’s schon wieder besser, ich bin ausgerutscht!« Er wehrte die Hilfe Mosquitos ab und bemühte sich aufzustehen. Dabei verrutsche sein Pflegerkittel und eine Glasampulle rollte mit einem surrenden Geräusch heraus auf den Flur. Die zufallende Tür blendete den Rest der Szene aus.

Danke!
    Ein paar Stunden später wurde die Tür verstohlen geöffnet. Brötchen! Geradezu schüchtern kam er an mein Bett und suchte Kontakt mit meinen Augen.
    »Äh, Herr Schirmer, äh, also ich mach das ja nicht oft und ich weiß eigentlich gar nicht, wie ich

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