Körper-Haft (German Edition)
leichter. Als ich gerade anfing dümmlich-glücklich vor mich hinzugrinsen, stieß mir etwas Festes und dennoch Weiches in die Rippen.
»He, Junge, ich möchte mich ja ungern in Deine Angelegenheiten einmischen, aber willst Du nicht endlich etwas unternehmen? Ich persönlich halte ja auch gern mal ein Nickerchen, um wieder frisch zu werden, aber dann geht’s auch wieder los! Du hast nun mal in diesem Augenblick nur dieses einzige Leben!«, sagte die Stimme mit zweideutigem Tonfall.
Mir war natürlich klar, wem diese Stimme gehörte, hatte aber wirklich keine Lust, in das dazugehörige Gesicht zu sehen. Erst als dieses feste, weiche Etwas nochmals gegen meine Rippen stieß, öffnete ich meine Augen. Mein persönlicher Gott in Latzhosen stand über mir und stieß mich mit seinem wollsockenummantelten Fuß an. Ich blinzelte gegen das helle Tageslicht an, bis ich meinem ungeduldigen Gott ins Antlitz blicken konnte.
Ich fragte ihn: »Was ist denn so wichtig? Und was soll ich Deiner Meinung nach tun? Du bist doch sonst immer so cool und kaust ständig an irgendwelchen Gänseblümchen herum!«
»Und Du meinst, ich mache das zum Spaß? Hast Du Dir vielleicht schon mal überlegt, dass ich das nur mache, weil Du Dir das so vorstellst? Da versuche ich einer Erwartungshaltung in all ihren Details nachzukommen, und was ist der Dank? Ein Rotzbengel der mit allen Konventionen mir gegenüber bricht, aber nicht in der Lage ist, aus dem Rahmen seines eigenen kleinen Lebens auszubrechen!«
Hatte ich tatsächlich gerade Gott verärgert? Ich bemühte mich, ihn zu beschwichtigen: »Tut mir leid, das war nicht so gemeint, aber wie würdest Du denn auf jemanden reagieren, der mit Latzhosen, zerlöcherten Wollsocken und einem Gänseblümchen im Mundwinkel durch die Wiesen streunt?«
»Ist ja schon gut, Junge, das war schon immer das Problem mit dem Unterschied zwischen Eigen- und Fremdbild. Spielt keine Rolle … Ich wollte dir einfach nur raten, deine Zeit zu nutzen! Irgendwann kommt der Punkt, an dem Du final zurückblicken wirst … und dann wirst du dir unweigerlich die Frage stellen, was du mit der Zeit, die dir vergönnt war, angefangen hast.«
Irgendwie machte er mir mit seinen Anspielungen auf meine persönliche Endlichkeit Angst. »Soll das etwa heißen, dass Dein Kumpel mit der Sense und der schwarzen Kutte hier in der Gegend auf mich lauert?«
Mein persönlicher Gott grinste versöhnlich. »Er ist kein Kumpel im eigentlichen Sinne. Er ist ein Angestellter, mit dem ich jedoch eine sehr freundschaftliche Beziehung pflege. Und er ist jemand, auf den ich mich todsicher verlassen kann. Aber um Deine Frage zu beantworten: Er lauert nicht in der Gegend herum, er ist allgegenwärtig. Ich habe ihn mit einer ähnlichen Omnipräsenz ausgestattet, wie sie mir zu eigen ist.«
Ich konnte nicht mehr anders und prustete los. »Ein allgegenwärtiger Angestellter? Das wird aber ganz schön schwierig bei der Reisekostenabrechnung!«
Jetzt musste auch mein persönlicher Gott lachen und meinte augenzwinkernd: »In der Tat, aber Du darfst dabei nicht unsere Buchhaltung unterschätzen. Die zieht aus jedem Leben eine Bilanz, sogar aus dem eines Totmachers …«
Mir wurde langsam aber sicher ein bisschen mulmig und ich wechselte das Thema: »Ähm, nicht das mich das Thema nicht weiter interessieren würde … was hast Du vorhin eigentlich gemeint mit dem Hinweis, ich solle meine Zeit besser nutzen?«
»Mensch Junge, jetzt überleg mal, Du hast nicht alle Zeit der Welt, um Dich durch die Gegend treiben zu lassen. Irgendwann sollte auch mal was dabei herauskommen. Es ist ja recht und gut auf einer grünen Wiese herumzulungern, aber auf Dauer kann’s das ja wohl nicht sein. Pack Dein Leben an und mach’ was draus!«
»Irgendwie hörst Du Dich an wie meine Eltern, die aus mir einen Elektrotechniker machen wollten!«
»Vielleicht hatten die beiden ja aus ihrer Sicht gar nicht so unrecht, aber ich kann dir versichern, ich will ganz bestimmt keinen Elektrotechniker aus Dir machen!« Er grinste mich breit an. »Aber Du hast noch ein paar Rätsel vor Dir, die Du doch sicherlich noch aus eigenem Antrieb lösen möchtest!«
Ich überlegte: »Zum Beispiel, warum ich hier bin und wer für den Tod von Sunny verantwortlich ist?«
»Ja, zum Beispiel das, aber vielleicht steckt ja auch noch mehr dahinter …« Er grinste tiefsinnig vor sich hin und meinte: »Denk immer daran: Geht nicht, gibt’s nicht!«
Dann zerfloss er vor meinen Augen in ein
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