Körper-Haft (German Edition)
wegwerfenden Handbewegung. »Ihr Menschen mit Eurer schrecklichen Gefühlsduselei. Kaum habt ihr einen Körper, geht es nur noch darum, ihn einzusetzen und vermeintliche Besitzrechte geltend zu machen. Dieser ungeheure Spieltrieb … ist manchmal einfach nur … widerwärtig. Und kaum kannst Du Dich ohne Körper bewegen, weißt du nichts Besseres mit dieser Gabe anzufangen, als trotzdem den körperlichen Dingen nachzugehen.«
»Du hast leicht reden, hattest Du schon mal `nen Körper?«
Mein persönlicher Gott kratzte sich nachdenklich am Bart. »Ok, ok, eins zu null für Dich! Aber mein Sohn hat mir schon oft davon erzählt …«
»Dein Sohn? Du meinst doch nicht etwa …«
Er machte abermals eine wegwerfende Handbewegung. »Ach lassen wir das lieber, wir kommen seit damals nicht mehr so gut miteinander aus. Er meint, das wäre ’ne echte Scheißidee gewesen mit der Kreuzigung und so. Du weißt schon, ist halt so ein Generationenkonflikt zwischen Vater und Sohn …«
»Du willst mir doch nicht allen Ernstes weiß machen, dass Du als Gott Probleme hast?!«
»Nennen wir es lieber Herausforderungen«, warf er schnell ein. »Aber eine noch viel größere Herausforderung bist im Augenblick Du!«
Damit hatte er mir das Bällchen wieder zugespielt und wirkungsvoll vom Thema abgelenkt. »Ich soll ein Problem sein?!«, fragte ich.
»Ich habe nicht von einem Problem, sondern von einer Herausforderung gesprochen.«
»Na gut«, meinte ich. »Und worin besteht diese Herausforderung?«
»Du kannst einfach nicht loslassen, ständig gibst Du Dich Deinem Seelenblues hin und jammerst herum wie eine alte Jungfer, die über ihre Hühneraugen klagt und trotzdem die engen Schuhe anzieht!«
»Was soll denn das nun wieder heißen?«
»Ich dachte, Du kommst aus der Werbung! Da spricht man wohl nur in Metaphern, aber denkt nicht darin!«, biss er zurück. »Junge, das heißt, um es mit einer anderen Metapher auszudrücken, Du stehst Dir selbst im Weg! Selbst den einfachsten Wink mit dem Zaunpfahl verstehst Du nicht!«
»Dann gib mir doch einen Wink mit dem Zaunpfahl!«, blaffte ich zurück.
»Soll ich Dich etwa damit in die richtige Richtung prügeln, oder glaubst Du, Du bekommst Deinen Arsch auch allein hoch?«
»Ist dass etwa ein Sprachgebrauch, der Deiner Stellung würdig ist?«, fragte ich ihn.
»Ich begebe mich nur auf Dein Sprachniveau, um mich für Dich etwas deutlicher auszudrücken. Und da dachte ich, es kann nicht schaden, so etwas Körperliches wie Deinen Arsch ins Spiel zu bringen …« Er musste grinsen und wir lachten beide.
Dann gab er mir einen Klaps auf die Schulter. »Aber jetzt noch mal ganz im Ernst, wieso glaubst Du, dass Du nicht mehr auf die Zwischenebene kommst?«
»Na ja, Du weißt schon, da sind die Hände von Tanja und dieser fremde Rücken, den sie massiert.«
»Und das ist alles?«, fragte er sichtlich amüsiert.
»Was ist daran bitte so lustig, wenn ich fragen darf! Wenn ich ihre Hände auf diesem verdammten Rücken sehe, kann ich mich nicht mehr konzentrieren, kann nicht mehr loslassen. Verstehst Du?«
»Warum sollte ich Dich nicht verstehen, Du bist ja schließlich laut genug! Und so schlecht höre ich auch noch nicht! Aber lass mich Dir eine Gegenfrage stellen. Wenn Dich die Hände Deiner Ex und der fremde Rücken davon abhalten, auf die Zwischenebene zu gelangen – warum lässt Du sie nicht einfach weg?«
Ich schaute ihn verwundert an. »So einfach ist das?«
»Klar, warum nicht? Weißt Du Junge, Du hältst Dich verzweifelt an etwas fest, was Dir einmal Halt gegeben hatte. Du umklammerst es wie einen Amboss, weil Du glaubst, der ist in Tausend Jahren noch da! Aber Du befindest Dich auf hoher See … Natürlich kannst Du Dich hier draußen trotzdem an dem Amboss festhalten, es ist nur keine übermäßig gute Idee. Er zieht Dich nämlich einfach immer tiefer und tiefer. Wenn Du nicht lernst loszulassen, wirst Du in fester Umarmung mit einem Amboss, Deinem Problem , auf dem Meeresgrund enden, während der Druck über Dir immer größer wird. Du solltest Dich mal von Deinem Ballast befreien. Sonst wird es nichts mit der Leichtigkeit des Seins!«
»Was für eine Metapher«, meinte ich. »Du solltest Bücher schreiben!« Ich grinste ihn spöttisch an.
Er grinste zurück: »Für solchen Unfug habe ich keine Zeit. Das letzte Mal hatte ich gerade Mal zehn Kapitelideen in eine Steintafel geritzt, als irgendein dahergelaufener Teppichhändler die Steinplatten mitgenommen und als aktive
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