Körper-Haft (German Edition)
Lebenshilfe verscherbelt hat. Er nannte Sie die Zehn Gebote , machte einen Riesenreibach damit und gründete eine gut florierende Sekte. Nächstes Mal ritze ich erst das Copyright-Zeichen und meinen Namen ein, bevor ich auch nur ein einziges Wort schreibe …«
»Das ist nicht Dein Ernst, oder?«
»Natürlich ist das mein Ernst, Du musst einfach loslassen und Du kommst auf Deine rettende Insel mit bunten Blümchen und summenden Insekten und den wärmenden Strahlen Deiner geliebten Sonne.«
»Das meinte ich nicht!«
»Das weiß ich auch! Aber denk einfach mal nach …, was habe ich Dir das letzte Mal gesagt? Hmm?«
Verwirrt stammelte ich: »Ähh, geht nicht, gibt’s nicht?«
»Genau, nur ohne dieses Ähh! Da sieht man doch gleich wieder, dass Du immer noch Deine Zweifel hast. Du Ungläubiger!«
Ich feilte gerade an einer passenden Entgegnung, als er eine Sanduhr aus der ausgebeulten Hosentasche herausholte und besorgt darauf blickte. Dann schob er sie zurück und meinte: »Aber jetzt muss ich los! Machs gut Junge!«. Er verwandelte sich in ein übergroßes Gänseblümchen, dessen Blütenblätter sich wie Rotorblätter neigten, dann fing es an sich immer schneller zu drehen und stieg der Sonne entgegen, bis es sich im blendenden Lichtkegel auflöste.
Er hatte wirklich ein Händchen für theatralische Auftritte und Abgänge. Ich rief ihm noch nach: »Was hat es eigentlich mit dieser Gänseblümchen-Nummer auf sich?«
Irgendwo von oben tönte es herunter: »Keine Ahnung, das ist Dein Traum! Aber unter uns gesprochen – ich finde es spaßig!«
Unterwegs
Ich musste Lachen und mit einer Mischung aus Husten, Lachen und Keuchen wachte ich auf. Mein Atem ging stoßweise. Dann erinnerte ich mich wieder an diesen Traum. Wenn es wirklich so einfach war, auf die Zwischenebene zu springen, dann probierte ich es doch am besten gleich aus. Bevor irgendwelche Zweifel aufkeimen konnten!«
Ich konzentrierte mich zuerst auf meinen Atem, bis er wieder flach und regelmäßig kam und ging. Dann dachte ich an die Zwischenebene und konzentrierte mich darauf …
Als das beruhigende Summen und Brummen von Hummeln, Bienen und allem anderen flugfähigen Getier in meinen Ohren brandete, wusste ich, dass ich es geschafft hatte. Ich war da, und dieses Mal konnten mich weder die Hände von Tanja noch dieser fremde Männerrücken davon abhalten.
Ich holte tief Luft und genoss die würzige Luft, die mich umgab. Endlich war ich wieder dort, wo ich mich tief geborgen fühlte, und das Leben in jede Faser meines Körpers drang. Die Sonne wärmte mich und schaffte eine tiefe Behaglichkeit. Sie gab mir Kraft und Energie, mich wieder den Dingen zuzuwenden, die ich schon vor langer Zeit für mich hatte klären wollen. Ich wollte endlich wissen, wer meinen besten Freund auf dem Gewissen hatte und wem ich diesen Aufenthalt im absurdesten Gefängnis der Welt zu verdanken hatte.
Glücklicherweise hatte ich jetzt ausgiebig Zeit dafür, da nach dem unglücklichen Zwischenfall mit der Krähe in unserer Zelle das Erziehungsprogramm nach wie vor deaktiviert geblieben war. Entweder hatte man vergessen, es wieder anzuschalten, oder Doktor Gregor hielt es für besser, diese Zwangserziehung ruhen zu lassen. Was auch immer der Grund war, ich hatte den Freiraum, mich so lange auf der Zwischenebene oder auf virtuellen Reisen aufzuhalten, wie ich es wollte.
Ich dachte darüber nach, wo ich anfangen könnte, nach Beweisen für Sunnys Tod zu suchen. Nicht dass es einen Zweifel daran gab, dass er tot war! Ich suchte nach Beweisen, wer ihn in diesen Zustand versetzt haben könnte.
Als Erstes versuchte ich nach Beweismitteln zu suchen, die zu seinem Tod geführt hatten. Als wichtigste Indizien wurden während der Verhandlung die Kinderwagenschirmchen gehandelt. Aber was hatten Sie für eine tatsächliche Aussage? Klar, Sunny war an einem der Schirme erstickt, der aus eigener Fahrlässigkeit oder absichtlich ausgetauscht wurde. Aber was gab es noch? Und wo könnte ich das am besten in Erfahrung bringen?
Ich wusste aus den Tagen meiner Verhandlung, dass alle Beweisstücke im Gerichtsarchiv aufbewahrt wurden. Aber ich wusste nicht, wo sich dieses Gerichtsarchiv befand und wie es aussah. Wie sollte ich mich also im Geiste dorthin versetzen? Ich brauchte jemanden, der mich dorthin führte!
»Aber wie?« Ich kannte niemanden, der wie ich im Geiste einfach an die unterschiedlichsten Orte springen konnte. Und schon gar niemanden, der zu dieser Zielgruppe gehörte und
Weitere Kostenlose Bücher