Koerpersprache Der Erotik
Hotels jeden Tag
die Betten nach den feinen Flusen durchforsten mußten. Kein Wunder aber auch, daß die Männer oft nicht ungeschoren lassen wollten, was sie offensichtlich um den Verstand und manchmal auch ums Geld bringen konnte.
Kollegen jenes Herrn Freiherrn von Krafft-Ebing waren es, die ein paar Jahrhunderte zuvor zum Schutz ängstlicher Lüstlinge die Entfernung des gefährlichen Schamschopfes verordneten. Vermeintlich hysterische Frauen wurden zwangsrasiert. Frauen also, in denen man noch einen Rest der alten Hexenkraft und Sinnlichkeit wahrzunehmen glaubte und die flugs als Gemütskrankheit deklariert wurde. Spätestens hier müßte eigentlich auch der arglosesten Enthaarungsfetischistin allmählich dämmern, daß sie ihrem Körperflaum vielleicht doch nicht so freiwillig wie gedacht an die Wurzeln rückt. Vielleicht tut sie es unbewußt, um den Mann zu beruhigen: »Schau, so gefährlich bin ich gar nicht.«
Und wo sie es nicht tut, wird es mancherorts für sie bewerkstelligt. Viele Völker, die mehr noch als wir auf die Dominanz über die Frau ausgerichtet sind, haben zum Teil auch heute noch gültige Brautregeln entwickelt. Dort war und ist es Sitte, die Braut vor der Hochzeit am ganzen Körper zu enthaaren, eine Aufgabe, die von den dorfältesten Frauen oder der Braut-mutter besorgt wird.
Vermutlich würde die türkische Hochzeiterin, dazu befragt, unschuldig antworten, es sei eben schöner und appetitlicher. Aber ist das nicht so etwas wie Verrat? Verrat an der Kraft der Frau? Eine frisch enthaarte Scham macht auch die vollerblühte Frau zum verletzlichen, unbedrohlichen Kind.
Wir Frauen von heute stehen wohl irgendwo in der Mitte: zwischen stilisiertem und wildem Sex. Zwischen den behaarten Urfrauen, die ihre Lust wuchern lassen, und den enthaarten, ungefährlichen Gespielinnen des Mannes. Wir rasieren unsere Achseln, aber wir lassen uns nicht zwangsweise unsere Schamhaare nehmen. Mit Erfolg haben wir uns gegen die unnötige und auch entwürdigende Totalrasur im Entbindungszimmer gewehrt. Und allenfalls Frauen, die zu sehr lieben, würden einem tyrannischen Geliebten noch gestatten, was der römische Sado-Kaiser DOMITIAN sogern seinen Kurtisanen antat: Ganze Tage verbrachte er angeblich damit, ihnen die Schamhaare auszureißen - für ihn der Gipfel viriler Lust.
Wenn wir unser Schamhaar überhaupt trimmen, dann nur, um es in eine hübschere Form zu bringen. So wie es MARY QUANT, die britische Modeschöpferin und Erfinderin des Minirocks, bereits in den wilden
»Sechzigern« vorausgesehen hatte. Ausdrücklich hatte die oben eckig, unten - angeblich - herzförmig frisierte Frau verlangt, daß sich die Haute Coiffure auch endlich der Schamhaare annehmen möge!
Auch in Sachen Augenbrauen ist seit einigen Jahren wieder mehr Unbekümmertheit an der Tagesordnung. Ein bißchen trotziger Wildwuchs über kühnen Frauenaugen gefällt uns. Die abrasierten und hauchdünn nachgestrichelten Brauen der MARLENE DIETRICH und anderer Göttinnen ihrer Zeit dagegen finden wir allenfalls noch aus nostalgischen Gründen schön.
Mag sogar sein, daß in naher Zukunft mutige Frauen nicht nur mehr Braue, sondern auch mehr Achselhaar zeigen. Und vielleicht werden dann ja auch die haarempfindlichsten Männer entdecken, daß sich so ein liebevoll gepflegter Achselflaum in Wahrheit weicher und sinnlicher anfühlt als rasierte Gänsehaut.
Eigentlich ist an dem ganzen Thema nur eines wirklich hinderlich: nämlich, daß Körperhaare ihre Zeit brauchen, bis sie nachgewachsen sind. Denn sonst könnten wir ja beides in schnellem Wechsel leben: einmal die wilde Hexe, die mit ungebärdigem Haarwuchs auf dem Mann zum Gipfel der Lust reitet oder sich von ihrem Geliebten - wie Lady CHATTERLEY von ihrem Wildhüter - Veilchen ins Vlies flechten läßt. Und schon am nächsten Tag wären wir engelsgleiche, unschuldige Mädchen, mit einer Haut wie Porzellan, mit pinkfarbenen Achelhöhlen und einer provozierend nackten Scham. Dornröschen ganz ohne Hecke, auf den Kuß des mutigen Prinzen wartend.
Eine schöne Vorstellung!
Der Phantasie und den spielerischen Möglichkeiten wären keine Grenzen gesetzt! So aber müssen wir uns wenigstens wochenweise auf eine der beiden Rollen festlegen. Denn die Ersatzstücke, mit denen sich die frechen, rasierten Dirnen früherer
Zeiten behalfen - üppige, vielfarbige Schamhaarperücken mit oder ohne Perlen-, Blumen- und Federschmuck -, die gibt es ja nirgendwo mehr zu kaufen.
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Quellen der
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