Kohärenz 01 - Black*Out
Baumstämmen aufschnappen –, was das Zeichen für das Sprengteam war. Sie deponierten an allen Maschinen Holzscheite, die die Sprengladungen vertraten, und fingen an, Zünddrähte zu legen.
Währenddessen eilte Nick in jenen Teil des Waldes, der für die Lüftungsanlage stand, und tat, als schraube er an einem großen Strauch herum. Er murmelte dabei die einzelnen Handgriffe vor sich hin, die er ausführen würde.
Seltsam, sich vorzustellen, dachte Serenity bei einem der Übungsdurchgänge, dass sie das in ein paar Tagen alles wirklich tun würden – in einer wirklichen Fabrik, mit wirklichem Sprengstoff … und in der wirklichen Gefahr, verletzt oder verhaftet zu werden.
Sie beobachtete Christopher und dachte an den Moment zurück, als er am Strand plötzlich vor ihr gestanden hatte. Er wirkte immer noch genauso undurchschaubar wie an jenem Tag.
Und jetzt waren sie im Begriff, einen Bombenanschlag durchzuführen, den dieser blasse, dunkelhaarige Junge geplant hatte. Dinge würden zerstört, vielleicht sogar Menschen verletzt werden. Und sie, Serenity Jones, siebzehn Jahre alt, Senior-Schülerin kurz vor dem Anschluss, deren größte Sorge bis vor Kurzem Schulnoten gegolten hatte, würde daran beteiligt sein. Würde Mittäterin sein. Komplizin.
Wollte sie das wirklich tun?
Andererseits: Gab es eine Alternative? Sie musste an Christophers Eltern denken, an Dr. Connerys Schwester … Die waren auch nicht gefragt worden, ob sie von der Kohärenz geschluckt werden wollten.
Sie hatte wenigstens die Chance, etwas dagegen zu tun.
Doch obwohl sie sich das immer wieder sagte und es auch einleuchtend fand, blieb ein Gefühl von Verzweiflung. Verzweiflung, dass dies notwendig sein sollte, nur weil man ein Mensch bleiben wollte!
Obwohl sie den Ablauf detailliert besprochen hatten, brauchten die Männer fünf Durchgänge, bis jeder genau wusste, wann er was zu tun hatte. Nach weiteren sieben Mal lagen sie endlich innerhalb der Zeit, die sie sich vorgenommen hatten.
Dann wiederholten sie die Übung bei Nacht. Worauf erst mal alles schiefging, was nur schiefgehen konnte. Nick rannte sogar gegen einen Baum und holte sich eine dicke Beule.
»Die Kohärenz wird sich kaputtlachen über euch«, sagte Melanie, die wie Serenity und Madonna zuschaute. »Ist das der eigentliche Plan?« Doch niemand ging auf ihren Scherz ein. Selbst Serenitys Dad bedachte seine Freundin nur mit einem finsteren Blick.
In der nächsten Nacht spielten sie es zweimal durch, und diesmal lief alles wie am Schnürchen.
Sie waren also aufbruchsbereit.
Doch dann gab es Schwierigkeiten mit dem Medomobil.
»Es war am Wochenende bei einem Triathlon im Einsatz«, berichtete Dr. Lundkvist, »und ist dabei von einem der anderen Fahrzeuge gerammt worden. Jetzt ist es in der Werkstatt; keine Ahnung, wann es repariert sein wird.«
Serenity spürte, dass die Stimmung zu kippen drohte. Bis jetzt waren sie jede Minute mit der Planung, der Beschaffung des Materials und mit den Übungen beschäftigt gewesen, aber je mehr Zeit nun verging, desto stärker würden sich Zweifel melden.
»Dann vergessen wir das mit dem Medomobil«, schlug Brian vor, der Fahrer, ein ansonsten eher schweigsamer Hüne mit eisgrauen Locken und einem bemerkenswert muskulösen Unterkiefer. »Wir lassen uns eben nicht anschießen, fertig.«
»Es würde reichen, wenn wir Ärzte mitkommen«, schlug Dr. Connery vor. »Wir könnten einen eventuell Verletzten erstversorgen, und im Notfall bringen wir ihn unter falschem Namen in ein Krankenhaus.«
Dr. Lundkvist wiegte den markanten Kopf. »Könnte gehen. Man müsste möglichst viel Bargeld mitnehmen, das wirkt meist Wunder.«
Und dann, aus irgendeinem Grund, sahen alle Christopher an. Er hatte die Arme um sich geschlungen, als fürchte er, sich ansonsten aufzulösen.
»Ich wollte nicht darüber reden«, sagte er leise, »aber die eigentliche Gefahr liegt woanders. Einer von uns könnte verletzt werden, ins Krankenhaus kommen – und dort einen Chip verpasst kriegen.«
Einen Herzschlag lang war es, als seien alle ringsum zu Stein erstarrt.
Dann entschied Dad: »Wir warten. Wir gehen erst, wenn das Medomobil einsatzbereit ist.«
68 | Kaum hatten sich alle auf eine längere Wartezeit eingerichtet, kam die Nachricht, dass der Schaden am Medomobil nicht so groß war wie anfangs befürchtet. Tatsächlich war es schon wieder repariert und einsatzbereit.
»Ich bin gespannt, was eurem Freund einfällt, um die Sache noch mal zu verzögern«,
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