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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Schulter und ging. Sie würde in den nächsten Tagen eine Möglichkeit finden, Mom Bescheid zu sagen, dass es ihr gut ging.
    Madonna wartete beim Wagen. Sie hatte eine Reisetasche mit goldschimmernden Applikationen neben sich stehen, die in dieser Umgebung wie ein Fremdkörper wirkte. Von Melanie war noch nichts zu sehen.
    »Ich dachte, ich sei spät dran«, bekannte Serenity.
    Madonna hob die Schultern. »So eilig haben wir es ja nicht, oder? Anderthalb Stunden Fahrt. Da sind wir schon zum Mittagessen da.«
    Jetzt hörte man Schritte. Melanie, bepackt mit einer Umhängetasche und einer Kameratasche, kam gemeinsam mit Madonnas Vater an, der ihr noch eine weitere Tasche trug sowie drei Schlafsäcke. In seinen Händen sah das alles aus wie Spielzeug.
    Sie luden das Gepäck ein. Ihre Kameratasche lud Melanie auf den Rücksitz, so behutsam, als bette sie ein schlafendes Kind.
    »Wer von euch kann besser Karten lesen?«, wollte sie wissen.
    Serenity und Madonna sahen einander ratlos an. »Keine Ahnung.«
    »Eine muss mit der Karte auf den Beifahrersitz. Ich habe null Orientierungsvermögen.«
    »Also, ich hab höchstens null Komma eins«, erklärte Serenity.
    Madonna zuckte mit den Achseln. »Ich kann’s ja versuchen.«
    »Gut.« Melanie fummelte an ihrer Umhängetasche, förderte eine zerfledderte Straßenkarte zutage und reichte sie ihr. »Ach, und noch etwas«, fiel ihr ein. Sie zog einen auf beiden Seiten dicht beschriebenen Zettel heraus und gab ihn Serenity. »Hier. Kann nicht schaden, das schon mal auswendig zu lernen.«
    Es war die Liste mit den Codewörtern. Dad und die anderen hatten gestern Abend noch zusammengesessen, um sie auszutüfteln.
    Serenity begann zu lesen. Grandma geht es gut hieß, dass alles klappte wie vorgesehen. Grandma muss das Bett hüten hieß: Wir warten noch. Fieber hieß: Es gibt Probleme. Offene Beine hieß: Jemand ist verletzt. Herzanfall hieß: Jemand ist tot.
    Sie ließ das Blatt sinken. Jemand ist tot? Sie hatten diese Liste erstellt und dabei die Möglichkeit einkalkuliert, dass einer von ihnen sterben würde?
    Sie stieg in den Wagen mit dem sicheren Gefühl, dass schreckliche Dinge passieren würden.

 
    69 | Auf der Fahrt nach Shiver Falls begegneten sie nur einem einzigen Polizeiauto. Sie hielten alle den Atem an und schauten möglichst harmlos geradeaus, bis es vorüber war. Ansonsten verlief die Fahrt problemlos. Der Weg war einfach zu finden und gut ausgeschildert.
    »Okay«, sagte Melanie irgendwann. »Das müsste selbst ich schaffen, ohne verloren zu gehen.«
    »Haben Sie mal überlegt, sich ein Navigationsgerät zuzulegen?«, fragte Madonna.
    »Ich bin mit Serenitys Vater zusammen, Kindchen. Da verkneift man sich solche Ideen besser.«
    Serenity starrte aus dem Fenster, auf die Straße, die durch konturloses Niemandsland führte und die sie gerade für sich alleine hatten. »Ist Dad so schlimm?«
    »Sagen wir so: Er liebt es zu diskutieren. Und ich weiß genau, was er mir vorhalten würde: dass ein Navigationsgerät eine Krücke ist. Eine Prothese. Wenn man sich so ein Ding kauft, weil man ein schlechtes Orientierungsvermögen hat, lernt man es nie. Dann bleibt man sein Leben lang angewiesen auf dieses Stück Technik. Und das ist ein Gedanke, den dein Vater nicht mag. Es ist okay, wenn Technik unsere Möglichkeiten erweitert …«
    »… aber nicht okay, wenn sie sie verringert«, beendete Serenity den Satz. »Ja. Den Spruch kenn ich.«
    »So bleibe ich eben angewiesen auf Landkarten und Beifahrer, die sie lesen können.« Melanie deutete auf ein Schild, das einen Deli-Mart in fünf Meilen Entfernung ankündigte. »Und auf Straßenschilder. Ein Supermarkt. Der kommt wie gerufen.«
    Nachdem sie, Serenitys Gefühl nach zumindest, den halben Laden leer gekauft und im Kofferraum verstaut hatten, war es nicht mehr weit bis Shiver Falls. Für die letzte Etappe hatte ihnen Dr. Lundkvist eine genaue Wegbeschreibung mitgegeben, die Madonna zu entziffern versuchte, während sie durch den kleinen Ort rollten.
    »Das ist kein Englisch«, kapitulierte sie schließlich. »Das ist Chinesisch. Oder Keilschrift, da streiten sich die Gelehrten noch.«
    Serenity streckte die Hand nach vorn. »Gib mal her.«
    »Viel Spaß«, meinte Madonna und reichte ihr den Zettel.
    Puh. Das mit der Keilschrift war übertrieben gewesen, aber nicht sehr. Nach Erwägung aller denkbaren Möglichkeiten, wie man die Krakel auf dem Blatt verstehen konnte, verkündete Serenity schließlich kühn: »Zunächst

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