Kohärenz 01 - Black*Out
das Richtige taten, auch wenn er es nicht zugeben mochte. Hatte er letzte Nacht überhaupt geschlafen? Sie war immer wieder davon aufgewacht, wie er das Zelt verlassen oder betreten hatte, hatte seine Schritte im Unterholz gehört … Und heute Morgen beim Frühstück hatte er dunkle Schatten unter den Augen gehabt.
Er zog ein anderes Blatt aus dem Durcheinander. »Zur Vorgehensweise«, sagte er knapp. »Christopher hat herausgefunden, dass das Gelände nachts von der Sicherheitsfirma Zerberus Limited überwacht wird. Er hat auch deren Dienstplan geknackt: Die Patrouille macht gegen zwei Uhr die Runde, dann wieder um halb vier. Ich denke, wir werden uns also mit einem Wagen vor dem Haupteingang positionieren und abwarten, bis der erste Kontrollgang durch ist. Dann geht Christopher hinein, indem er kurz seinen Chip aktiviert und damit die Sicherheitsschleuse austrickst. Drinnen schaltet er die Alarmanlage ab und öffnet uns eines der beiden Tore hinten an der Verladerampe – hier.« Er zeigte auf die entsprechende Stelle. »Wir warten mit einem zweiten Wagen in der Nähe. Ich dachte, dafür nehmen wir am besten Brians Wohnwagen, der sieht aus wie ein alter Lastwagen und wird in so einer Umgebung nicht auffallen.«
»Zwei Fahrzeuge also.« Dr. Lundkvist nickte. »Und wer wird mit dabei sein?«
»Christopher und ich natürlich«, zählte Dad auf. Er sah John Two Eagles an. »Womit du wieder die Lagerleitung hättest.«
Der Indianer nickte nur.
»Nick, weil nur er das mit der Lüftungsanlage hinkriegt«, fuhr Dad fort. »Russel Stoker und Anthony Finney als Sprengteam. Und Brian Dombrow als Fahrer. Er kennt seinen Wagen am besten, und ihr wisst ja, wie er fahren kann.«
Einhelliges Nicken in der Runde. Wobei Serenity auffiel, dass manche derer, die nickten, gleichzeitig erschauerten.
Was hieß das? Dass dieser Brian Dombrow fuhr wie ein Henker?
»Angry Snake soll mitgehen«, sagte John Two Eagles ernst. »Es muss jemand auf Christopher aufpassen. Er kann das tun.«
Dad nickte. »Gute Idee. Einverstanden.«
»Ich komme auch mit«, sagte Kyle.
Dad sah ihn scharf an. »Auf keinen Fall. Keines meiner Kinder nimmt an dieser Aktion teil.«
Kyle hielt dem Blick stand. »Dann erklär mir mal, warum du daran teilnehmen willst.« Er deutete auf die Leute, die sich um den Lagerplatz versammelt hatten. »Deren Namen stehen vielleicht auf der Fahndungsliste, aber von dir, Dad, hängt ein Porträtfoto in jeder Polizeiwache Amerikas. Von der Website des FBI mit den zehn meistgesuchten Terroristen ganz zu schweigen.«
»Ich werde mitgehen«, erklärte Dad ruhig, »weil ich Christopher dazu überredet habe, dass er uns hilft. Außerdem muss ich diese Chips mit eigenen Augen sehen, ehe wir tatsächlich irgendetwas in die Luft sprengen. Ich weiß, dass es ein Risiko ist, mein Gesicht durch die Gegend zu fahren, aber es gibt keinen anderen Weg.«
Was Christopher in diesem Moment dachte? Serenity bemerkte, dass sich seine Augen kurz verengt hatten.
»Okay«, sagte Kyle. Zu Serenitys Überraschung blieb er fast so ruhig wie ihr Dad. »Und ich will mitgehen, weil ich, abgesehen von Serenity und von Christopher selber der Einzige bin, der der Kohärenz schon einmal gegenübergestanden hat. Außerdem werde ich der Einzige im Team sein, der auf keiner Fahndungsliste steht. Das eine wie das andere kann im richtigen Moment ein entscheidender Vorteil sein.«
Dad musterte Kyle einen Moment, dann tauschte er einen Blick mit John Two Eagles und Dr. Lundkvist.
»Dein Sohn hat nicht ganz unrecht, Jerry«, sagte der weißhaarige Arzt schließlich.
»Also gut.« Ihr Dad schien sich einen Ruck zu geben. »Ich werde es hoffentlich nicht bereuen, aber in Ordnung. Komm mit.«
»Du wirst es nicht bereuen«, versprach Kyle.
Dad grinste schief. »Doch. Spätestens wenn mir deine Mutter die Augen auskratzt.«
Gelächter rings um die Feuerstelle. Die Anspannung, die man fast mit den Händen greifen konnte, löste sich für einen Moment.
Währenddessen förderte Dad eine große Karte zutage, die die westliche Hälfte der USA zeigte, und breitete sie über den bisherigen Unterlagen aus. »Okay. Zur Route. Auf dem Hinweg fahren wir über Utah und machen Station in Tremblestoke. Dort kennen wir ein Hotel, in dem keine Fragen gestellt werden. Am nächsten Tag sollten wir es bis San Francisco schaffen, wo wir in einem Lagerhaus unterkommen, das ein Freund für uns anmietet. Von diesem Stützpunkt dürften es zwischen zwanzig Minuten und einer
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