Kohärenz 01 - Black*Out
Stunde Fahrt bis zum Zielpunkt sein, je nach Tageszeit und Verkehr. Wir werden ein bis zwei Tage damit verbringen, die Lage zu sondieren – und dann schlagen wir zu.«
Er faltete die Karte penibel zusammen. »Was den Rückweg anbelangt, müssen wir uns verschiedene Alternativen offenhalten, je nachdem, wie viel Aufsehen der Anschlag erregt, ob mit Straßensperren zu rechnen ist und so weiter. Ich bin noch dabei, diesen Untersuchungsbericht zu lesen; die erklären darin mehrere raffinierte Methoden, wie wir in North Carolina der Polizei angeblich entkommen sind. Da kann man wirklich was lernen.«
Serenity sah sich um. Grinsen in der Runde. Überzeugte Mienen. Die Zweifel, die anfangs noch auf vielen Gesichtern zu lesen gewesen waren, waren verschwunden. Alle schienen entschlossen, es der Kohärenz zu zeigen und der Polizei gleich mit, und sie wirkten zuversichtlich, dass sie es auch schaffen würden. Nicht gerade mit links vielleicht, und ein Spaziergang würde es auch nicht werden, aber ein Sieg auf jeden Fall.
Der Einzige, der noch alles andere als zuversichtlich wirkte, war Christopher.
»Wir brauchen eine Leitstelle«, erklärte er in die allgemeine Aufbruchsstimmung hinein. »Für alle Fälle. Irgendein Telefon, das nichts mit dem Lager zu tun hat und das wir anrufen können, um Bescheid zu geben, falls etwas nicht so klappt wie geplant.«
Dad sah ihn befremdet an. »Ich weiß nicht. Telefongespräche können abgehört werden.«
»Klar«, erwiderte Christopher unduldsam. »Aber das heißt ja nicht, dass man deswegen nicht kommunizieren kann. Wir vereinbaren eben Codewörter für alle denkbaren Fälle.«
Dad blickte nachdenklich in die Runde. »Wie machen wir das? Jemand könnte während der Aktion in einem sicheren Haus in der Nähe wohnen. Der wäre dann telefonisch erreichbar.« Er sah Christopher an. »Wäre das eine Lösung?«
»Ja«, sagte der.
»Bloß haben wir kein sicheres Haus in der Nähe«, fügte Dad hinzu.
»Das Haus meiner Tochter«, schlug Dr. Lundkvist mit knarrender Stimme vor. »Sie wohnt bei Shiver Falls. Das sind zwei Stunden von hier, das ist machbar. Das Gebäude liegt außerdem abgelegen und ist schwer einsehbar; wenn da ein paar Tage lang Gäste wohnen, merkt das kein Mensch.«
»Würde sie jemanden von uns aufnehmen?«
Dr. Lundkvist wiegte den Kopf. »Ich kann sie zumindest fragen.« Es klang, als sei das Verhältnis zu seiner Tochter nicht das beste.
»Okay, das wäre eine Lösung«, meinte Dad. Er sah Christopher an. »Noch etwas?«
»Ja, noch etwas«, erklärte der ernst. »Dieses medizinische Einsatzfahrzeug der Bergrettung, von dem Sie gesprochen haben …«
»Das Medomobil.« Dr. Connery nickte.
»Das sollte bei dem Einsatz dabei sein. Und beide Ärzte. Falls jemand verletzt wird.«
Missmutiges Hüsteln in der Runde.
»Christopher«, begann Dad vorsichtig. »Warum machst du dir solche Sorgen? Wir werden nicht viel Sprengstoff brauchen, um die Anlagen auszuschalten. Finn und Rus kennen sich aus. Wir sind nicht in einem Hollywoodfilm. Niemand wird zu Schaden kommen.«
»Doch.« Christophers Gesicht wirkte im Licht der Glühbirne wie aus Stein gemeißelt. »Wir sollten sogar fest damit rechnen. In der Nähe der Fabrik leben mehr Upgrader als sonst irgendwo in den Vereinigten Staaten. Die werden sich alle in derselben Sekunde, in der ich die Alarmanlage ausschalte, in Bewegung setzen und anrücken. Bewaffnet«, fügte er hinzu.
Serenity musterte ihren Vater. Bis jetzt war es ihm gelungen, sich seine Sorge nicht anmerken lassen, doch nun war es damit vorbei.
»Dann müssen wir eben schneller sein«, sagte er mit erkennbarer Nervosität.
Christopher zuckte mit keiner Wimper. »Unser Gegner ist nicht das FBI oder die Polizei«, erklärte er düster. »Unser Gegner ist die Kohärenz. Wenn wir diese Aktion durchziehen, wird sie das als Kriegserklärung auffassen. Und sie wird entsprechend reagieren.«
»Okay. Verstehe.« Dad nickte, wechselte ein paar Blicke mit seinen Vertrauten. Niemand sagte etwas, nicht einmal Melanie. Auf einmal herrschte eine bedrückende Stille. »Wir nehmen das Medomobil mit.« Er sah die Ärzte an. »Und euch beide auch.«
67 | Am verblüffendsten fand Serenity das mit den Sprengstoffen. Sie hätte nie im Leben gedacht, dass man nur ein bestimmtes Waschmittel, einen bestimmten Unkrautvertilger und noch ein paar für sich genommen harmlose Chemikalien, die man in jedem Supermarkt kaufen konnte, im richtigen Verhältnis miteinander mischen
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