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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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verstand er schon von Blicken?
    Er hatte einfach keine Ahnung, was der Typ dachte.
    Christopher musste an die Zeit denken, die er als Teil der Kohärenz verbracht hatte und wie er damals nie hatte raten müssen, was in den anderen vorging: Er hatte es gewusst.
    Manchmal dachte er an diese Zeit mit einer gewissen Sehnsucht zurück. Jetzt gerade zum Beispiel.

 
    72 | Sie erreichten das Motel in Tremblestoke bei Einbruch der Dämmerung, und zu ihrer Überraschung stand Brians grauer Wohnwagen schon auf dem Parkplatz.
    »Na also«, sagte Rus. »Und wir dachten, wir sind schnell.«
    »Wahrscheinlich ist Brian gefahren.«
    Rus lachte. »Genau. Und Finn, Nick und Kyle zittern immer noch.«
    Der Besitzer des Motels hieß Douglas und war ein gemütlicher, birnenförmiger Mann mit dicker Brille und dröhnendem Lachen. Er kam aus der Tür des Hauptgebäudes, kaum dass sie davor angehalten hatten, breitete die Arme aus und rief: »Jerry! Na endlich!«
    Ein großes Schulterklopfen begann. Wie die Fahrt gewesen sei, wollte Douglas wissen, und ob sie noch hergefunden hätten. Offensichtlich, dachte Christopher, stünden wir sonst hier? Den anderen schien die Absurdität der Frage nicht aufzufallen; sie diskutierten lautstark darüber, ob es nun drei Jahre her sei oder vier seit ihrem letzten Besuch. Gerade so, als gäbe es so etwas wie Kalender nicht. Oder Gästelisten, in denen man nachsehen konnte.
    Christopher betrachtete das Motel. Es bestand aus dem Hauptgebäude mit der Rezeption, einem angebauten Flügel mit zwölf Zimmern und zwei weiteren flachen Gebäuden im Hintergrund. Das alles stand auf einem weitläufigen, kargen Gelände, auf dem man mit wenig Erfolg allerlei Bäume und Büsche angepflanzt hatte. Die Pflanzen wirkten Not leidend, und das, was als Rasenfläche gedacht war, war braunes, teils sandiges Brachland. Alles in allem war es nicht gelungen, die umliegenden Einkaufszentren, Reparaturwerkstätten und Großmärkte mithilfe der Vegetation vor den Blicken der Gäste zu verbergen.
    In einem großen, ringsum verglasten Anbau neben der Rezeption – ein Restaurant oder zumindest der Frühstücksraum – saßen ein paar Männer um einen Tisch in der Mitte. Als sie anfingen zu winken, erkannte Christopher, dass es die anderen waren: Finn, Nick, Kyle und Brian.
    Die Diskussion endete ohne einvernehmliches Ergebnis: Jeremiah Jones blieb bei seiner Auffassung, er sei vor drei Jahren das letzte Mal hier gewesen, während Douglas auf seiner Überzeugung beharrte, es läge schon vier Jahre zurück.
    »Aber egal«, meinte er versöhnlich, »nun seid ihr ja endlich da. Am besten, ihr schmeißt schnell eure Sachen in die Zimmer und kommt dann nach vorn. Mona hat den ganzen Tag gekocht, und die anderen spekulieren schon auf eure Portionen.«
    »Das könnte denen so passen«, grollte Rus und streckte die Hand aus. »Welches Zimmer haben wir?«
    Douglas hatte die Schlüssel dabei. »Ihr habt Nummer acht, die beiden Jungs Nummer neun.«
    Es war seltsam, wieder in einem richtigen Gebäude zu sein, in einem Zimmer mit richtigen Betten, einem Fernsehapparat und einem Telefon auf dem Nachttisch. Angenehm. Christopher setzte sich auf eines der Betten, den Klamottensack zu seinen Füßen, und ließ das alles auf sich wirken.
    Sie waren unterwegs. Er hatte sich einen Plan ausgedacht, und nun waren sie wahrhaftig alle unterwegs, um ihn auszuführen. In diesem Augenblick erschütterte ihn das regelrecht.
    George Angry Snake hatte seine Tasche nur achtlos auf das andere Bett geworfen, stand abwartend in der Tür.
    »Geh schon mal vor«, sagte Christopher. »Ich komm gleich nach.«
    »Ich soll auf dich aufpassen«, sagte George und rührte sich keinen Millimeter.
    Christopher seufzte. »Ja. Ist okay. Hier wird mir schon nichts passieren. Ich meine …« Er hob den Kopf. Im rückwärtigen Fenster sah man die Leuchtreklame eines Schnellrestaurants rot-gelb durchs dürre Geäst schimmern. »Nicht gerade die Gegend für Bären und Wölfe, oder?«
    George sagte nichts, rührte sich aber auch nicht.
    Christopher seufzte. »Also gut. Es ist so, dass ich noch aufs Klo muss. Richtig lange und ausführlich, verstehst du? Und das wird nicht funktionieren, wenn ich weiß, dass du hier stehst und wartest und mir dabei zuhörst, okay?«
    George ließ sich das durch den Kopf gehen. Schließlich hob er die Augenbrauen, nickte kurz und ging.
    Nachher, am Tisch mit den anderen, fand Christopher keine Ruhe. Alle waren aufgekratzt, rissen Witze, schwärmten

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