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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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nur noch wenig zu sehen; die Gegend, die sie durchquerten, war erstaunlich eintönig.
    Wobei: Die Landschaft interessierte ihn sowieso nicht. Er schaute hinaus, aber was er sah, war nur sein Plan, die einzelnen Schritte, die zu tun waren, und in Gedanken tat er sie, wieder und wieder. Es hatte etwas von einer magischen Handlung, alles wieder und wieder zu durchdenken und sich auszumalen, dass es funktionierte; es war wie eine Beschwörung des Zufalls …
    Christopher merkte, dass seine Brust schmerzte und dass das daher kam, dass er die Luft anhielt. Er ließ sich nach hinten ins Polster sinken und atmete aus, versuchte, seine Lungen so weit zu leeren, wie es ging.
    Er fing einen Blick des jungen Indianers auf, der neben ihm saß und den sein Vater mitgeschickt hatte mit dem Auftrag, auf ihn, Christopher Kidd, aufzupassen.
    George Angry Snake hieß er, was nicht nur ein ziemlich cooler Name war, sondern auch einer, der zu ihm passte. Er war etwa so alt wie Christopher und, man konnte es nicht anders sagen, ausgesprochen hässlich. Sein ausdrucksloses Gesicht trug die Spuren zahlreicher Schlägereien, und auch die schiefe Nase sah nicht so aus, als sei er damit auf die Welt gekommen. Seine Haare trug er – eher untypisch für einen Indianer, der so viel Wert auf Traditionen legte – nur streichholzkurz, dazu ein braunes T-Shirt, das stilisierte Vogelfedern zeigte, und am Gürtel seiner Jeans ein großes Jagdmesser. Seine einzige Waffe, soweit Christopher sah. Vermutlich stellte er sich vor, damit auf ihn aufpassen zu können.
    Er richtete den Blick wieder nach draußen. Das lief sowieso nicht. Dort, wo er hinging, würde ihm niemand folgen können.
    Er musste schon auf sich allein aufpassen. So, wie er es immer getan hatte.
    Die beiden Männer vorn, Jeremiah Jones und Russel Stoker, wechselten sich beim Fahren ab. Im Augenblick saß Mr Jones am Steuer, und Mr Stoker, ein fülliger Riese mit dichtem Vollbart, der ein in Ehren ergrautes, uraltes Hemd trug, meinte gerade: »Also, ich schätze mal, Jerry, das hast du dir nicht träumen lassen, dass du mal so was unternimmst, oder?«
    Jones nickte. »So was in der Art ist mir heute Morgen auch durch den Kopf gegangen. Vor ein paar Wochen war ich einfach nur ein ehemaliger Architekturprofessor, der ein paar mäßig bekannte Bücher gegen den Technikwahn geschrieben und ansonsten mit ein paar Freunden am Waldrand gelebt, Gemüsebeete umgegraben und Hühner gefüttert hat.«
    »Wie ungefähr tausend andere Bücherschreiber in diesem Land auch.«
    »Genau. Und heute bin ich Staatsfeind Nummer eins, fahre ein Auto mit schlecht gefälschten Nummernschildern und noch schlechter gefälschten Papieren …«
    »Die Waffen und Sprengstoff im Kofferraum nicht zu vergessen.«
    »… und das alles in der festen Absicht, in San Francisco eine Fabrik in die Luft zu sprengen.« Jeremiah Jones schüttelte verwundert den Kopf. »Schon erstaunlich, wie es gehen kann im Leben.«
    »Als hätten die’s vorweggenommen, was?«
    »Ja. Fast so.« Nach einer Weile fuhr Jones fort: »Weißt du, Rus, ich hab natürlich damit gerechnet, dass ich eines Tages Schwierigkeiten kriege. Du kriegst immer Schwierigkeiten, wenn du was machst, das gegen den Strom geht. Das ist normal. Daran erkennst du, dass du gegen den Strom schwimmst. Aber meine schlimmste Befürchtung war, dass mich jemand wegen irgendeinem Blödsinn verklagt – was weiß ich, weil er sich in meinem Camp in den Daumen geschnitten hat oder so. Dass ich zu einer Geldstrafe verdonnert werde, die so wahnwitzig ist, dass sie mich ruiniert. Aber das jetzt …«
    »An so was denkt man ja nicht«, meinte Rus.
    »Nein. Wirklich nicht.«
    Mittags machten sie auf einem abgelegenen Waldparkplatz Rast und aßen die Brote, die Irene ihnen mitgegeben hatte. Mr Jones und Mr Stoker studierten die Karte und überlegten, ob sie noch auf die anderen warten sollten. Aber sowohl Finn als auch Brian waren schon einmal in dem Motel in Tremblestoke gewesen, sie würden den Weg allein finden. Christopher und George saßen dabei, ohne etwas zu sagen. Christopher merkte, dass George ihn nicht aus den Augen ließ, nicht mal, wenn er zum Pinkeln ins Gebüsch verschwand.
    Was ging in ihm vor? Christopher wusste es nicht. Das Gesicht des Indianers war so ausdruckslos, als seien sämtliche Gesichtsmuskeln gelähmt, aber in seinem Blick meinte Christopher, eine Spur von Verachtung zu lesen. Es war ein Blick, mit dem man einen Wurm betrachtet.
    Aber andererseits – was

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