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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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flüsterte Serenity, als Melanie nachgab und mit ihrem Gepäck Patricia folgte.
    Die entschuldigte sich dafür, dass das Haus so eng sei. »Wir wollten anbauen. Platz wäre ja gewesen. Aber dann …«
    »Ach, das geht schon«, hörten sie Melanie erwidern. »Ich hatte mal eine Wohnung in New York, die war kleiner als Ihre Wohnküche!«
    »Nicht im Ernst.«
    »Doch. Und hat achthundert Dollar Miete im Monat gekostet.«
    »So was hab ich ja noch nie gehört. Achthundert …?«
    Serenity schloss die Tür, sah ihre Freundin ratlos an.
    »Ich verstehe nicht, wie jemand so abgeschieden leben kann«, flüsterte Madonna. »Ich meine, die Frau ist ganz allein hier, oder? Das ist doch nicht gut. Auch nicht für das Kind. Man braucht doch eine Gemeinschaft um sich herum.«
    Serenity nickte. »Ich finde es fast ein bisschen gruselig.«
    Sie rollte ihren Schlafsack aus, damit er bis zum Abend noch auslüften konnte, und musste einen Moment an das Camp denken. Das lag auch weitab von allem, aber dort hatte sie sich nicht gefürchtet.
    Hier schon. Weil sie hier allein waren.

 
    70 | Sie bereiteten das Mittagessen unter Melanies Kommando. Es gab im Ofen überbackene Putenschnitzel mit einer raffinierten Soße, Safranreis, Salat mit frischen Kräutern und gerösteten Nüssen und einen Nachtisch aus zwei verschiedenen Sorten Schokoladencreme. Serenity und Madonna schnitten, rührten, hackten und schnitzelten so schnell wie noch nie und hielten trotzdem nur knapp mit Melanie Schritt.
    Immerhin: So hatten sie wenigstens keine Zeit, daran zu denken, dass sie die Küche, die sie gerade verwüsteten, nachher wieder würden sauber machen müssen.
    Patricia wollte, obwohl sie es ihr angeboten hatten, doch nicht tatenlos dabeisitzen; sie zupfte den Salat, schnitt Paprika in Ringe und erklärte mindestens dreimal: »So aufwendig koche ich normalerweise nicht.«
    Serenity war, als diene die ganze Geschäftigkeit – das Essen zu kochen, die Gespräche, die Bemühungen, so etwas wie Geselligkeit zu inszenieren – nur dazu, von einem Gefühl drohenden Unheils abzulenken.
    Oder lag das bloß an ihr? Die anderen sahen aus, als amüsierten sie sich. Madonna trällerte ein Lied. Melanie lachte. Eric taute langsam auf, stibitzte von dem geschnittenen Gemüse und suchte immer unverhohlener Madonnas Nähe.
    Serenity dagegen musste dauernd das verdorrt wirkende Gelände rings um das einsame Haus anschauen. Nichts wuchs hier außer graubraunem, stacheligem Zeug. Ein von einem Blitzeinschlag verkohlter, toter Baum zog ihre Blicke wie magisch an. Das ganze Tal schien von düsterer Verlorenheit erfüllt zu sein.
    Und Patricia in ihrem dunklen Kleid, mit ihrer entsagungsvollen Miene war ihr unheimlich. »Ich gönn es meinem Vater, dass er seinen Spaß hat«, behauptete sie während des Essens, aber es klang ganz anders, nämlich so, als ärgere sie sich jeden Tag darüber. »Zurück zur Natur, zum einfachen Leben und so. Schön. Wer es sich leisten kann … Bloß können das eben nicht alle.«
    »Sie leben hier doch auch relativ naturverbunden, oder?«, meinte Melanie freundlich.
    »Ja, aber bis zur Ortsmitte sind es nur zehn Minuten mit dem Wagen«, gab Patricia spitzlippig zurück. »Eric hat Diabetes. Wenn wir alle nur in den Wäldern leben würden, wäre er längst … Nun ja. Ich muss es nicht aussprechen.«
    »Dann wär ich tot«, sagte Eric mit dumpfem Ernst.
    Vom Nachtisch blieb mehr als die Hälfte übrig.
    Den Nachmittag verbrachten sie tatsächlich damit, zu waschen, aufzuräumen und zu putzen. Serenity mähte den Rasen rings um das Haus, während Madonna Eric stundenlang auf der Schaukel anschob. Die beiden hatten tatsächlich einen besonderen Draht zueinander.
    Irgendwann versank die Sonne hinter einem Hügelzug und warf bizarre Schatten. Als es dunkel wurde, stieg dünner Nebel auf, und irgendwo jaulten Tiere, dass es einem durch und durch ging.
    »Eine Fuchsfarm«, erklärte Patricia düster. »Die Tiere werden dort unter Bedingungen gehalten, die will man sich gar nicht vorstellen.«
    Abends hatte niemand großen Hunger. Sie waren alle müde, duschten und gingen früh zu Bett.
    Serenity war gerade eingeschlafen, als das Telefon klingelte.
    Und irgendwie wusste sie sofort, dass etwas passiert war.

 
Aufmarsch
     
     
    71 | Christopher lehnte mit dem Kopf an der Fensterscheibe und sah hinaus auf die Straße und die Pflanzen am Straßenrand, die in gleichförmigem Einerlei vorbeizogen. Seit sie den Wald hinter sich gelassen hatten, gab es

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