Kohärenz 01 - Black*Out
seiner Campingausrüstung. Aber das Zelt ist noch da, der Kocher und die Luftmatratze auch …«
Dr. Connery hatte sich also nicht einfach auf dem Land zur Ruhe gesetzt, wie er immer gesagt hatte, dass er es eines Tages machen würde.
»Und seine Arzttasche«, fügte die Haushälterin hinzu. »Die ist auch weg.«
Egal, wen sie fragten, niemand wusste, wohin der Neurochirurg verschwunden war. Er hatte sich bei niemandem verabschiedet; selbst seiner Schwester hatte er nur einen Brief geschickt mit einer Vollmacht, das Haus und seinen Besitz zu verkaufen. Es gab keine Spuren, keine Hinweise, keine Erklärungen.
Erst viel später fiel Christopher ein, dass das vollgestopfte Bücherregal in Dr. Connerys Büro nach seinem Verschwinden eine Lücke aufgewiesen hatte. Eine einzige nur, in dem Fach direkt hinter seinem Sessel, in dem er Bücher verwahrt hatte, nach denen er häufig griff.
Ein Buch hatte gefehlt. Dr. Connery war so bedacht darauf gewesen, keine Spuren zu hinterlassen, aber dieses Buch hatte er trotzdem mitgenommen.
Er musste es für unwahrscheinlich gehalten haben, dass sich jemand an ein einzelnes seiner vielen Tausend Bücher erinnern würde.
Aber Christopher hatte für manche Dinge – wie Computerprogramme, Passwörter, Dateiformate oder eben auch Bücher – ein nahezu fotografisches Gedächtnis. Zwar kannte er den Titel nicht, weil nie Gelegenheit gewesen war, das Regal zu inspizieren, aber er erinnerte sich noch an einen charakteristischen, rot-weiß karierten Rücken.
»Ich habe im Internet nach diesem Buch gesucht«, erklärte Christopher. »Was schwierig ist, wenn man nur das Cover kennt. Oder sogar nur einen Teil davon. Aber schließlich habe ich es gefunden.«
»Der digitale Albtraum. Die britische Ausgabe meines Buches hatte dieses grauenhafte Muster auf dem Umschlag«, sagte Jones. »Ich war froh, als sie vergriffen war.«
Christopher hatte das Buch zuletzt in einer Bücherei aufgestöbert und durchgelesen, ohne sich zu setzen, gleich am Regal. Es hatte davon gehandelt, welche Auswirkungen die zunehmende Allgegenwart von Computern auf das menschliche Leben und Denken hatte.
Was einmal tatsächlich passieren würde, hatte auch Jeremiah Jones nicht erraten. Aber da das Buch erschienen war, lange bevor er als Terrorist gegolten hatte, hatte es Adressen und Telefonnummern enthalten, unter denen man mit ihm Kontakt aufnehmen konnte. Und genug Anhaltspunkte für Christopher, um ihn auch danach noch aufzuspüren.
»Eine faszinierende Geschichte.« Jeremiah Jones musterte Christopher nicht ohne Bewunderung. Dann reckte er sich und rief nach hinten ins Dunkel: »Bob? Ich glaube, es ist Zeit.«
Gleich darauf tauchte ein breitschultriger Mann mit einem dichten, verfilzten Bart und einer schwarzen Hornbrille auf. Christopher musste zweimal hinschauen, um ihn zu erkennen.
»Dr. Connery?«
Der Mann nahm umständlich die Brille ab, steckte sie ein und fuhr sich mit einer Hand über seine Stirn. »Christopher«, sagte er und ein kleines Lächeln, aus dem gleichzeitig so etwas wie Verzweiflung sprach, huschte über sein Gesicht. »Ich hatte gehofft, nie wieder mit diesem Namen angesprochen zu werden.«
»Wir kannten ihn bisher als Robert Moore«, erläuterte Jeremiah Jones. Er wandte sich an seine Leute. »Nachdem Kyle mir von Christopher erzählt hat, hat Bob mich beiseitegenommen und mir seine wahre Identität enthüllt. Er hat mir auch bestätigt, dass er an einer solchen Technologie gearbeitet hat – zum Glück, denn andernfalls, das muss ich ehrlich sagen, hätte ich mich schwergetan, meinem Sohn zu glauben. Bob und ich haben ausgemacht, dass er sich erst einmal im Hintergrund hält, um von Christopher nicht erkannt zu werden.« Er lächelte dünn. »Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass dieses Zusammentreffen kein Zufall sein konnte.«
»Bob«, sagte der alte, weißhaarige Mann vorwurfsvoll, »wieso hast du uns nicht gesagt, dass du Arzt bist?«
»Ich wüsste nicht, was ihr mit einem Neurochirurgen anfangen wollt«, gab Dr. Connery grummelig zurück. »Wenn mir was fehlt, komme ich auch zu dir, Neal, oder?« Er warf Christopher einen skeptischen Blick zu. »Dich hätte ich allerdings nicht hier erwartet, das muss ich zugeben.«
Ehe Christopher antworten konnte, sagte Jones: »Er braucht deine Hilfe, Bob. Er hat einen Chip im Kopf, den er loswerden möchte.«
»Ah ja, der Chip.« Dr. Connery kniff die Augen zusammen. »Das heißt, Linus’ verdammte Schnittstelle, oder?«
»So
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