Kohärenz 03 - Time*Out
Unbekannten her. Und dann liest die Kohärenz das hier.« Christopher tippte auf den Schluss des Artikels, wo Giuseppe Fortis Vorhaben beschrieben wurde, sein gesamtes Leben auf Video aufzuzeichnen. »Das löst bei der Kohärenz Alarmstufe Rot aus. Sie muss sich sagen, dass dieser Mann nicht nur ein unangenehmer Zeuge ist, sondern womöglich von dem, was er gesehen hat, eine Aufzeichnung besitzt.« Er wischte sich über die Stirn. »Der Rest ist ein Kinderspiel; Guy und sein Projekt sind im Internet ja eine Legende. Die Kohärenz hat nicht lange gefackelt. Der schnellste Weg, die potenzielle Gefahr aus der Welt zu schaffen, war, Guys Daten einfach zu vernichten. Deshalb die Bombenanschläge auf den Backup-Service. Und um gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, hat sie es so eingefädelt, dass es aussah, als sei dein Vater der Urheber der Anschläge. So konnten sie die Fahndung nach ihm und Dr. Connery in Gang setzen. Einfach und genial. Unverkennbar die Handschrift der Kohärenz.«
Serenity sah Christopher an, sah Guy an, sah den Bildschirm an. »Okay. Und was heißt das für uns? Ist das gut oder schlecht?«
»Gut daran ist«, sagte Christopher, »dass wir jetzt wissen, dass meine Theorie stimmt. Irgendwo in Guys Daten muss eine Information verborgen sein, die die Kohärenz als extrem bedrohlich betrachtet. Wir haben zwar keine Ahnung, um was es sich dabei handeln könnte, aber wir wissen, sie muss da sein.«
»Schlecht daran ist«, ergänzte Guy, »dass sich damit der zu durchsuchende Zeitraum drastisch erweitert hat. Wann immer ich der Kohärenz aufgefallen bin – es kann irgendwann passiert sein. Lange vor dem achtzehnten März auf jeden Fall. Mit anderen Worten, es sind nicht drei oder vier Tage, die wir durchkämmen müssen, sondern Jahre.«
Serenity dachte an die Arbeit, die sie schon hinter sich hatten, und konnte nur noch matt nicken. »Ja, verstehe. Das ist wirklich schlecht.«
Die Dreharbeiten, der herrliche Sommertag, das Treiben in den Straßen – das war mit einem Schlag unwichtig geworden. Nicht mal Guy schien mehr einen Gedanken daran zu verschwenden. Sie drückten dem Wirt einen Euro in die Hand und machten sich eilig auf den Rückweg zum Wohnmobil.
Unterwegs erklärte ihr Christopher noch einmal, was das Problem war.
»Wenn wir es mit Text zu tun hätten, wäre es einfach. Für das Durchsuchen von Text gibt es ausgereifte, schnelle Verfahren. Google hat das gesamte Internet indexiert und außerdem fast alle Bücher, die je gedruckt worden sind. Die Suchmaschine findet Suchbegriffe innerhalb von Sekunden. Wenn wir es nur mit Text zu tun hätten, wären wir heute Abend fertig. Aber wir haben es mit Bildern zu tun. Und da stecken die Suchmöglichkeiten noch in den Kinderschuhen.«
Serenity hatte nach den letzten Tagen durchaus eine Vorstellung davon, vor was für einem Problem sie standen. Doch sie hatte das Gefühl, dass Christopher eigentlich nicht zu ihr sprach, sondern zu sich selber; dass er dabei war, seine Gedanken zu ordnen, indem er ihr alles erklärte. Deswegen unterbrach sie ihn nicht.
»Es gibt inzwischen Programme, die erkennen können, ob ein Foto eine Strandszene zeigt. Oder Berge. Oder Tiere. Es gibt Software, die Gesichter erkennt. Es gibt Software, die anhand einer Videoaufnahme ein Bewegungsbild der darin agierenden Personen erstellen kann.« Christopher lachte hilflos auf. »Aber wir suchen nach etwas, von dem wir nicht die leiseste Idee haben, um was es sich dabei handeln könnte!«
Serenity nickte. »Und die Videos von zwanzig Jahren noch einmal durchzusehen, würde noch einmal zwanzig Jahre dauern.«
»Eben.«
»Aber die Kohärenz gibt es doch erst seit ein paar Jahren?«
»Stimmt. Das ist aber auch schon der einzige Pluspunkt.«
Den Rest des Weges legten sie schweigend zurück. Serenity sah sich immer wieder um, versuchte, den Duft des Ginsters zu riechen, das Kreischen der Möwen zu hören, den warmen Wind zu spüren – aber zu mehr als einem Aufblitzen der Erinnerung daran, wie schön die Welt sein konnte, reichte es nicht. Auch sie hatte es eilig, zurückzukommen und mit der Suche zu beginnen. Das Problem, vor dem sie standen, war wie ein Strudel, der alles einsaugte, all ihre Kraft, das ganze Leben, das ihnen noch blieb.
Ein paar Schritte vor dem Wohnmobil hielt Christopher abrupt inne, fuhr herum und richtete seinen Zeigefinger auf Guy. »Woher kann das Bild stammen? Von einer Überwachungskamera. Was gibt es noch für Möglichkeiten?«
Guy hob
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