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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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musste. Das ließ sich gar nicht abstellen, das lief wie von selbst ab.
    Das hieß – doch: Wenn er in dieses Sandwich biss, wenn er sich nur auf den Geschmack konzentrierte – dann machten die ewig rasenden Gedanken einen Moment lang Pause.
    Er fragte sich, wer die Sandwiches gemacht hatte.
    Serenity womöglich?
    Da war er wieder, der Schmerz.
    »Okay«, verkündete Kyle von hinten und raschelte herum, während er die Überreste seiner Mahlzeit entsorgte. »Ich hau mich aufs Ohr. Weck mich, falls was sein sollte.«
    »Klar«, sagte Christopher.
    Das Auto schwankte spürbar, bis Kyle die Decke von hinten geholt, sich auf dem Rücksitz zusammengefaltet und seine Jacke zu einer ausreichend dicken Kopfunterlage zusammengeknüllt hatte. Dann aber dauerte es keine fünf Minuten, bis von ihm nur noch regelmäßige Atemzüge, ja sogar ein leichtes Schnarchen zu hören war.
    Auch der Schmerz hatte nachgelassen. Das Zittern ebenfalls.
    Christopher startete das Cracker-Programm, beobachtete dessen Anzeigen, die Ziffernfolgen, Buchstabenkombinationen und Fortschrittsbalken. Er dachte daran, wie oft er es schon benutzt hatte, nicht ahnend, dass der PentaByte-Man es geschrieben hatte.
    Er fühlte sich schuldig. Es war nicht in Ordnung gewesen, das Spam-Mail-System zu verwenden, ohne den PentaByte-Man darüber aufzuklären, mit welchem Gegner sie sich anlegten. Dass die Kohärenz auf das Mailing reagieren würde, hätte ihm klar sein müssen.
    Aber so weit hatte Christopher nicht gedacht. Bescheuert: Einerseits dachte er viel zu viel und ständig, und andererseits dachte er wieder nicht genug. Oder nicht das Richtige. Im Grunde hatte George Angry Snake völlig recht: Denken nützte einem so gut wie nichts. Die Gedanken drehten sich die meiste Zeit nur im Kreis, ohne dass man es merkte.
    Was der PentaByte-Man jetzt wohl machte? Christopher versuchte, sich vorzustellen, wie er seine Flucht praktisch bewerkstelligte. Er besaß ein letztes Set seiner Daten. Aber das waren gut zweihundert Terabyte oder mehr: Die steckte man auch heutzutage nicht einfach so in die Tasche.
    Das Cracker-Programm war immer noch beschäftigt. Christopher startete nebenbei den Browser und scannte die Nachrichten nach Meldungen über explodierte Häuser. Schließlich fand er eine, auf die alles passte: In der Nacht vom Samstag auf den Sonntag hatte sich in einem Haus in Genf eine Explosion ereignet, die die benachbarten Häuser ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen hatte. Eine Nachbarin, einundachtzig Jahre alt, war »von herabstürzenden Trümmerteilen« getroffen worden und im Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen. Von dem Bewohner des zerstörten Hauses, einem allein lebenden zweiundvierzigjährigen Mann, gebe es keine Spur, hieß es. Ein Zeuge wollte gesehen haben, wie er das Haus kurz vor dem Unglück verlassen hatte. Die Polizei fahndete nach ihm, weil sie ihn verdächtigte, die Detonation selber herbeigeführt zu haben, wenn auch über das Motiv dafür Unklarheit herrschte.
    Es gab ein Foto des zerstörten Hauses. Das sah tatsächlich aus, als habe eine Fliegerbombe eingeschlagen. Ein Foto des Verschwundenen dagegen gab es nicht.
    Genf. In Europa also. In der Schweiz.
    Christopher seufzte, als er daran dachte, wie unerreichbar der Kontinent für ihn geworden war.
    Das Cracker-Programm blinkte im Hintergrund. Christopher holte es nach vorn. Es war auf einen Rechner gestoßen, dessen Passwort es hatte ermitteln können. Es lautete »hungrygirl01«.
    Vermutlich, überlegte Christopher, während er den Browser wieder schloss und sich in diesen Rechner einloggte, gehörte er einer Mitarbeiterin, die gerade erst im Weißen Haus angefangen hatte. Anfang Juli wahrscheinlich. Man würde sie demnächst darüber belehren, keine Passwörter zu verwenden, die aus normalen Worten bestanden oder zusammengesetzt waren. Solche Passwörter konnten durch sogenannte »Wörterbuch-Angriffe« leicht geknackt werden: Nichts anderes hatte das Cracker-Programm in diesem ersten Arbeitsgang getan.
    Ein rascher Blick auf die Festplatte des Computers bestätigte diese Vermutung: Das sah alles sehr aufgeräumt aus und es war noch jede Menge freier Speicherplatz verfügbar. In den Dateien, die Christopher vorfand, ging es um Abrechnungen der Küche, Lebensmittelbestellungen und dergleichen. Hungrygirl war wohl eine neue Mitarbeiterin in der Küche des Weißen Hauses.
    Aber es war nicht dieser PC, der Christopher interessierte, sondern dessen Anbindung an die Server im Weißen

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