Kohärenz 03 - Time*Out
gedacht, mit aller Welt zu telefonieren. Er benutzte es nur, um mit einem relativ kleinen Kreis von Personen in Kontakt zu bleiben – mit seiner Familie, mit den Mitgliedern seines Kabinetts sowie einigen Freunden und Beratern.
Mit anderen Worten: Das Mobiltelefon des Präsidenten hatte keine normale Telefonnummer, die man nur herauszufinden brauchte. Man konnte ihn ausschließlich von Telefonen aus anrufen, die in dasselbe abgeschirmte Extra-Telefonnetz eingebunden waren wie er selbst.
Das war der einzige Ansatzpunkt, den Christopher sah: die Apparate, von denen aus man den Präsidenten anrufen konnte. Waren diese Geräte ihrerseits mit dem normalen Telefonnetz verbunden? Bestimmt. Die Tochter des Präsidenten zum Beispiel würde mit ihren Schulfreundinnen telefonieren wollen. Sie wollte Songs herunterladen, Fotos machen und verschicken und so weiter.
Am einfachsten wäre es gewesen, ihr das Telefon zu stehlen. Doch dazu hätten sie in Washington, D.C., sein und die stets wachsamen Secret-Service-Leute austricksen müssen: Das war zweifellos jenseits ihrer Möglichkeiten.
Der zweitbeste Ansatz war komplizierter, und es war nicht sicher, dass er funktionierte, aber wenn, hatte er den Vorteil, dass er sich aus der Ferne durchführen ließ. Es musste Christopher nur gelingen, in eines der privilegierten Telefone einen Trojaner einzuschleusen. Dann würde es genügen, das manipulierte Gerät so anzurufen, dass der Trojaner aktiviert wurde, um unbemerkt von dessen Besitzer zum Präsidenten weiterverbunden zu werden.
Was zweifellos ein cooler Effekt sein würde, wenn es klappte.
Okay, dachte Christopher. Nicht gerade eine offene Tür, aber etwas, das er probieren konnte. Dazu brauchte er zunächst von mindestens einem der privilegierten Mobiltelefone sowohl die Nummer als auch das genaue Fabrikat sowie die Version des darauf laufenden Betriebssystems. Das wiederum waren Informationen, die er eventuell irgendwo auf den Computern im Weißen Haus fand.
Somit stand sein nächster Schritt fest: Er musste sich ins Büronetzwerk des Weißen Hauses hacken. Ein im Grundsatz angenehm vertrautes Vorhaben; dergleichen hatte er früher oft einfach spaßeshalber gemacht. Die Computer des Kremls zu knacken, war zum Beispiel eine reizvolle Herausforderung gewesen. Leider hatte er kaum etwas von dem, was er darauf vorgefunden hatte, lesen können, da er kein Russisch beherrschte. In den Rechnern der britischen Regierung dagegen war er sozusagen nach Belieben ein und aus gegangen.
Natürlich war auch das Büronetzwerk des Weißen Hauses hervorragend gesichert. Nicht ganz so massiv wie die militärischen Netzwerke, aber doch so, dass er ein paar richtig spezielle Spezialtools brauchen würde. Die zum Glück noch an den vertrauten Orten im Internet zu finden waren.
Gerade, als Christopher den Download des ersten Pakets gestartet hatte, fragte Kyle: »Und? Kommst du voran?«
Es klang wie: Wann können wir endlich wieder zurückfahren?
Christopher betrachtete den Balken. Dreißig Prozent. Zweiunddreißig.
»Ich bin noch ganz am Anfang«, erklärte er unumwunden.
»Ah«, machte Kyle. »Okay. Wollte ich nur wissen.«
Christopher unterdrückte ein Seufzen. Das hier würde mindestens bis in die frühen Morgenstunden dauern. Kyle würde vermodern vor Langeweile.
Dann – der Download-Balken erreichte gerade neununddreißig Prozent –, sprang unvermittelt ein Messenger-Fenster auf. Sent by: PentaByte-Man stand darüber, und die Nachricht lautete: Bist du das, Computer*Kid?
Christopher war, als setze sein Herz ein paar Schläge lang aus.
Er hatte seinen Rechner sorgfältig anonymisiert, ehe sie aufgebrochen waren. Er hatte keinerlei ID darauf, auch nicht sein Messenger-Passwort. Dem Netz gegenüber musste sein Laptop wie ein frisch gekaufter Computer wirken, der zum ersten Mal mit dem Internet verbunden war.
Wie war es dann möglich, dass der PentaByte-Man ihn bemerkt hatte?
Vorsicht war geboten. Christopher überlegte. Schließlich tippte er eine Folge hexadezimaler Zahlen, insgesamt sechzehn Paare, und schickte sie als Antwort ab.
Daraufhin passierte erst mal nichts.
»Wie schnell können wir von hier verschwinden, falls es sein muss?«, fragte Christopher halb laut.
Kyle holte geräuschvoll Luft. »Hmm. Der Motor ist im Nu angelassen. Oder was meinst du?«
»Die Straße, auf der wir gekommen sind – wie weit ist es bis zur nächsten Kreuzung? Wo kann man irgendwohin abbiegen?«
»Ach so.« Kyle überlegte. »Sind ein
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