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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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außerstande, auch nur einen Ton herauszubringen, geschweige denn einen verständlichen Satz. Er spürte, wie sie ihre Lage veränderte, und versuchte, sich auch hinzulegen, ohne dass jemand verletzt wurde. Nach einigem Hin und Her kam er hinter ihr auf dem Polster zu liegen. Seine Füße stießen an der Kistenwand an, aber das war nicht schlimm.
    »Es wird allmählich kalt!«, rief Serenity.
    »Ja«, gab Christopher zurück und merkte, wie sie nach der Decke griff, sie über sie beide zog und zerrte, ein einziges Gewurstel.
    Klar, sie hätten kurz Licht machen können. Die Taschenlampe lag bei Christophers Füßen. Aber er wollte nicht. Es verlieh der Situation etwas Magisches, dass sie nicht das Geringste sahen.
    »Die stinkt ganz schön!«, meinte Serenity.
    »Nicht so schlimm wie die von deinem Bruder«, erwiderte Christopher, worauf Serenity auflachte, ein Klang wie helles Silber vor dem Tosen der Triebwerke.
    Christopher legte wieder den Arm um sie, und wieder hatte sie nichts dagegen. Sie griff nach seiner Hand, und er spürte einen Herzschlag, von dem er nicht hätte sagen können, ob es sein eigener war oder der ihre. Es spielte auch keine Rolle. Er hatte nur noch den einen Wunsch, so liegen zu bleiben bis ans Ende aller Tage.
    Das war, schoss es ihm durch den Kopf, ohne Weiteres der glücklichste Moment seines Lebens.

54

    Serenity wachte davon auf, dass das Flugzeug landete. Wobei sie im ersten Augenblick überhaupt nicht wusste, was los war, sondern nur ein metallisches Kreischen hörte und Hunde, die wie verrückt jaulten, während sie selbst wild durchgeschüttelt wurde. Zum Glück ließ das alles so schnell nach, dass sie nicht dazu kam, Panik zu entwickeln. Das Kreischen waren die Bremsen gewesen. Man merkte auch schon, wie das Flugzeug langsamer wurde. Und ihre Vorstellung, dass sich allenthalben die Spanngurte lösten und sie in ihrer Kiste unter einem Berg von Päckchen und Paketen begraben wurden, bewahrheitete sich ebenfalls nicht.
    Hatte sie also tatsächlich geschlafen? Trotz des ohrenbetäubenden Lärms? Unglaublich.
    Wobei – die Nacht davor war sie nur ein paar Mal im Führerhaus des Trucks eingenickt. Das zählte fast nicht.
    »Schade«, hörte sie Christopher schlaftrunken sagen. »Wir sind schon da.«
    »Schade? Wieso schade?«
    Christopher hustete. »Na ja. Gerade tut es mir um jeden Augenblick, der vorbeigeht, besonders leid.«
    Sie horchte dem Klang seiner Worte nach, aber sie hätte nicht sagen können, was er damit meinte. Vielleicht träumte er noch halb.
    »Jetzt müssen wir warten, bis wir geholt werden?«, vergewisserte sie sich.
    »Genau.«
    Das Flugzeug wurde langsam, blieb stehen. Etwas klackte in weiter Ferne, dann bewegte es sich rückwärts. Es machte Klonk!, als metallene Riegel aus Verankerungen schnappten. Ein helles Surren wie von einem Zahnarztbohrer erfüllte die Luft.
    »Die Heckklappe«, wisperte Christopher. »Sie beginnen mit dem Ausladen.«
    War das gut oder schlecht? Auf jeden Fall ging draußen offenbar Licht an, denn plötzlich drang durch die Luftlöcher ein schwacher gelber Schein, der Serenity zum ersten Mal seit Stunden wieder Umrisse erkennen ließ. Sie hörte Schritte und Stimmen. Es schienen mehrere Männer zu sein, die damit begannen, die erbost jaulenden Hunde abzutransportieren. Das war offenbar das empfindlichste Frachtgut.
    Als das Kläffen und Bellen in der Ferne entschwand, wurde es still. Vergleichsweise. Die Triebwerke rumorten noch, aber das Geräusch, das sie machten, war von dem Summen in den Ohren nach all dem Fluglärm kaum zu unterscheiden.
    »Wie geht es dann weiter?«, fragte Serenity.
    »Sobald wir draußen sind, nehmen wir den nächsten Zug nach Paris.«
    »Und dort?«
    »Dort muss ich ins Internet. Der PentaByte-Man wollte mir bis heute eine Information hinterlegen, wohin wir dann sollen.«
    Das klang bestürzend vage. »Und du meinst, das hat er gemacht?«
    »Wenn nicht«, sagte Christopher, »heißt das, dass sie ihn erwischt haben.« Okay. In dem Fall waren sie ohnehin zu spät gekommen.
    »Und Geld?«, fragte sie.
    »Geld ist kein Problem. Wir müssen es nur umtauschen. Clive hat mir Dollar mitgegeben.«
    »Einfach so?«
    »Ich hatte noch was gut bei ihm«, erklärte Christopher, obwohl das natürlich überhaupt nichts erklärte.
    Sie hörten wieder Geräusche, die sich näherten. Ein schweres Fahrzeug polterte über die Laderampe, und im nächsten Augenblick wurde die Palette, auf der sie in ihrer Kiste hockten, jäh

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