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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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zusehen, dass wir rauskommen.«
    Er half Serenity, aus der Kiste zu steigen, und überließ es Christopher, ihren Rucksack und seinen eigenen, ziemlich prall gefüllten Umhängebeutel herauszuholen.
    »Einen Vorteil hat es, dass es so gelaufen ist«, meinte Jean-Pierre. »Auf diese Weise habt ihr den Zoll schon passiert.« Er grinste und sah auf die Uhr. »Ihr wollt in die Stadt, nehme ich an?«
    »Zum nächsten Bahnhof auf jeden Fall«, sagte Christopher.
    »Okay. Um vier Uhr dreißig fährt der erste Bus in die Stadt. Ich bring euch hin.«
    Auf Serenitys Bitte suchten sie zuerst die Toiletten auf; bei der Gelegenheit entledigten sie sich auch der Upex-Overalls. Anschließend ging es eine gute Meile durch Gänge und zwischen Hallen hindurch. Die Nacht war warm und von gelbem Licht erfüllt; überall herrschte lärmende Geschäftigkeit, glitten Tore auf und zu, fuhren Lastwagen seltsam geformte Container aus schimmerndem Aluminium durch die Gegend.
    Und dann waren sie draußen. Der Bus wartete bereits. Jean-Pierre drückte ihnen zwei Tickets in die Hand. »Die Endstation ist der Bahnhof Lyon Part-Dieu. Von da aus kommt ihr überallhin. Okay?«
    Christopher nickte. »Vielen Dank für alles.«
    »Schon gut. Passt auf euch auf.«
    Damit ging er. Sie sahen ihm nach, aber er drehte sich nicht mehr um.
    Kurz darauf fuhren sie mit dem halb leeren Bus durch die Nacht. Die wenigen Passagiere dösten in ihren Sitzen; es waren alles Männer. Die einzige andere Frau war die Busfahrerin. Serenity schaute fasziniert aus dem Fenster: Dies also war Frankreich!
    Sie sah nicht viel, aber das, was sie sah, wirkte völlig anders als die Gegenden, die sie kannte. Alles war kleiner, gedrängter, kompakter – sogar die Bäume schienen niedriger zu sein und dichter beieinanderzustehen. Nach einer Weile erreichten sie den Stadtrand. Industriegebiete wechselten sich ab mit tristen Hochhaussiedlungen. Schließlich kurvte der Bus durch schmale Straßen, an denen uralte, winzige Häuser standen. Französische Filme fielen Serenity ein, die sie gesehen hatte; dort hatte die Szenerie so ähnlich ausgesehen.
    Christopher sagte nichts. Es war auch nicht nötig. Sie wechselten nur ab und zu einen Blick, und dann mussten sie beide jedes Mal grinsen.
    Sie erreichten den Bahnhof, ein großes, modernes Gebäude aus rötlichem Stein, das eher wie ein Einkaufszentrum wirkte. Hier herrschte auch so früh schon Betrieb; sie fielen nicht weiter auf.
    Christopher stürzte sich sofort auf einen Fahrplan. »Fünf Uhr sechsunddreißig«, murmelte er, »nein, der fährt nur montags ... sechs Uhr vier. Der ist um kurz nach acht in Paris. Den nehmen wir!«
    Gleich darauf entdeckte er eine Reihe knallgelber Fahrkartenautomaten. »Guck mal«, meinte er begeistert, »die funktionieren sogar auf Deutsch!« Er spielte damit herum, wandte sich wieder ab. »Geht nur mit Kreditkarte.«
    Serenity merkte, dass sie Probleme hatte, seinem Tempo zu folgen. Sie fühlte sich merkwürdig – so, als ob es Abend wäre und als ob sie den ganzen Tag bis zur Erschöpfung Sport getrieben hätte. Total seltsam, in so einem Zustand zu erleben, dass stattdessen die Sonne aufging!
    Aber das tat sie. Hinter den hohen Glasscheiben wurde es hell. Ein gelber Schimmer legte sich auf die Gebäude ringsum. Hier war tatsächlich früher Morgen.
    Christopher stürmte mit ihr durch die Halle, fand das Geldwechselbüro. »Mist. Macht erst um acht Uhr auf.« Er holte ein Bündel Geldscheine aus der Tasche. »Wir probieren es so. Am Fahrkartenschalter.« Er sah sie an. »Sag mal, kannst du eigentlich Französisch?«
    Serenity riss die Augen auf. »Soll das heißen, du kannst es nicht?«
    »Keine zwei Worte«, sagte Christopher. »Hey, ich war in England auf der Schule! Da lernt man so was nicht.«
    Das konnte ja heiter werden. Serenity hatte tatsächlich zwei Jahre lang einen Französischkurs an der Schule belegt, freiwillig. Aber sie hatte irgendwann aufgehört, weil sie gedacht hatte: Wozu brauch ich das jemals?
    So konnte man sich täuschen. Während sie in der viel zu kurzen Schlange vor dem Schalter warteten, legte sie sich nervös zurecht, was sie sagen würde. Je voudrais deux billets pour Paris. Und dann? Für den Zug um sechs Uhr: Pour le train à six heures. Einfache Fahrt. Sie zermarterte sich das Hirn: Das wollte ihr nicht mehr einfallen. Dabei war es in einer Lektion drangekommen; lauter Begriffe, die mit Bahnhöfen und Zugfahrten zu tun hatten.
    Dann war es gar kein Problem. Hinter dem

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