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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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für sie beide zu bestellen. Sie musste nach Worten suchen, aber der Kellner hörte geduldig zu, ja schien ihre Bemühungen mit amüsiertem Wohlwollen zur Kenntnis zu nehmen.
    Dass die Speisekarte nur auf Italienisch und Französisch erhältlich war, machte zum Glück nichts; mit einer Pizza Napoli konnte man keinen Fehler machen. Und eine Cola wurde hierzulande offenbar »Coca« genannt, bekam Christopher mit.
    Während sie warteten, zog er einen Prospekt hervor, den er an der Rezeption des Hotels mitgenommen hatte. Die Sehenswürdigkeiten von Rennes, stand darauf, englischsprachige Ausgabe. »Das Programm der nächsten Tage«, erklärte er, faltete das Ding auseinander und legte es zwischen ihnen auf den Tisch.
    Auf einer Seite fand sich ein Stadtplan mit den Attraktionen der Stadt: der Platz vor dem Parlament. Das Rathaus. Die Markthallen am Place des Lices. Die geschnitzten Fassaden in der Rue du Chapitre. Das Kunstmuseum, geöffnet täglich außer Dienstag. Parks. Kirchen.
    »Hmm«, machte Serenity. »Okay. Wenn es sein muss.«
    »Klingt nicht begeistert«, sagte Christopher.
    »Merkt man das?«
    »Besser, als einfach so herumzulaufen, denke ich.«
    Er faltete den Plan zusammen, weil die Pizzen kamen. Sie dufteten umwerfend. Die Ränder waren knusprig braun, der Käse weich zerlaufen. Sie griffen zu Messer und Gabel und widmeten sich erst einmal dem Essen.
    Christopher hatte mit jedem Bissen mehr das Gefühl, zur Ruhe zu kommen und wieder er selber zu werden. Er konnte es genießen, einfach hier zu sitzen und das Treiben um sich herum wahrzunehmen, all die Leute, die ihren alltäglichen Geschäften nachgingen. Dass er kein Wort von ihren Unterhaltungen verstand, machte überhaupt nichts.
    Wer mochte wissen, wie oft sie so etwas noch erleben würden?
    »War das lecker«, erklärte Serenity, als sie den restlos geleerten Teller von sich schob. »Zu Hause habe ich noch nie eine so große Pizza geschafft.« Mit einem Mal umwölkte sich ihre Stirn. »Was sie zu Hause wohl jetzt von uns denken? In Hide-Out, meine ich.«
    »Dass wir unvernünftig sind.«
    »Und? Sind wir unvernünftig?«
    »Klar«, meinte Christopher. »Aber ich glaube, es gibt Situationen, da ist es das einzig Vernünftige, unvernünftig zu sein.«
    »Und woher weiß man, wann das der Fall ist?«
    »Gar nicht. Wenn man es wüsste, wäre es ja nicht unvernünftig.«
    Sie lehnte sich zurück, sah sich um, nippte an ihrer Cola. »Kommt mir komisch vor, von Hide-Out als einem Zuhause zu sprechen. Das ist es nicht. Eigentlich habe ich keine Ahnung, wo ich zu Hause bin. Ich wäre es gern, aber ...« Sie verstummte.
    »Ich weiß, was du meinst«, sagte Christopher in das plötzliche Schweigen hinein.
    Sie sah ihn an, auf eine Weise, die in ihm den heftigen Wunsch weckte, sich vorzubeugen und seine Hand auf ihre zu legen. Ja, das hätte er wirklich gerne getan. Aber das konnte man ja schließlich nicht so einfach tun ...
    Warum? Weil es unvernünftig gewesen wäre? Er dachte an das, was er gerade eben gesagt hatte, und musste beinahe lachen. Doch er brachte es trotzdem nicht fertig. Es wäre ihm wie ein Übergriff vorgekommen.
    »Ich bin immer noch durcheinander«, sagte Serenity nach einer Weile. »Desorientiert. Einerseits habe ich das Gefühl, es ist nicht mal Mittag, andererseits bin ich völlig zerschlagen. Ich glaube, wir sollten versuchen, wieder in den normalen Tagesrhythmus zu finden.«
    Christopher nickte. »Stimmt. Solange wir den Jetlag nicht überwunden haben, sind wir zu unkonzentriert. Das können wir uns nicht leisten.«
    »Gehen wir noch spazieren?«, schlug Serenity vor. »Vielleicht gibt uns das ein bisschen ... Bettschwere.« Sie hatte gezögert vor dem letzten Wort, räusperte sich.
    »Ja, okay«, sagte Christopher rasch. »Kann auch nicht schaden, die Umgebung des Hotels zu kennen.«
    So zahlten sie und wanderten anschließend durch die Straßen, bis es dunkel wurde. Sie redeten über das, was sie entdeckten: seltsame Auslagen in Schaufenstern, enge Quergassen, mal hässlich und schmutzig, mal pittoresk und gemütlich, alte Mauerreste, auf denen Pflanzen wuchsen, einsame Palmen vor kahlen Hausfassaden. Es war angenehm, doch Christopher hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass sie nicht über das redeten, über das sie hätten reden sollen.
    Die eigenartig zwiespältige Atmosphäre zwischen ihnen wich auch nicht, als sie zurück ins Hotel kamen und schlafen gingen. Es lag etwas Vorwurfsvolles in der Weise, wie Serenity sich im Bad

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