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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sie kriegen.
    So kam es, dass sie knapp drei Stunden, nachdem sie in Paris angekommen waren, die Stadt bereits wieder verließen, diesmal in Richtung Westen. Dieser Zug war nicht doppelstöckig, fuhr aber auch rasend schnell. Die Gegend, die sie durchquerten, war topfeben und sah ausgesprochen langweilig aus. Das Interessanteste waren die vielen Windräder, die sich behäbig drehten.
    Sie redeten wenig. Serenity wurde das Gefühl nicht los, dass die Leute ringsum beim Klang englischer Worte aufmerkten, und kam sich belauscht vor. Christopher schien es ähnlich zu gehen.
    Nach dem ersten Halt fuhr der Zug langsamer weiter. Nach etwa zweieinhalb Stunden erreichten sie Rennes. Den Bahnhofsuhren zufolge war es Nachmittag, aber es fühlte sich an, als sei es fünf Uhr morgens.
    Inzwischen war auch Christopher nicht mehr fit. Sie wanderten schlaftrunken die Umgebung des Bahnhofs ab, suchten das Hotel, in dem sie auf den PentaByte-Man warten sollten, und liefen immer wieder daran vorbei, ohne es zu bemerken.
    Serenity hatte das Gefühl, jeden Moment im Stehen einzuschlafen.
    Ja, sie hätten Glück, sie habe gerade noch ein Zimmer frei, meinte die Frau an der Rezeption. Mit zwei Betten. Und sie müsse auf Vorkasse bestehen.
    Christopher regelte alles, mit dem Geld, mit dem Ausfüllen der Formulare. Schließlich mussten sie nur noch zwei Treppen hinaufsteigen. Die Flure waren ulkig eng und verwinkelt – dicke Leute hätten Platzangst bekommen –, das Zimmer winzig und kahl, die Wände nur gestrichen und der Plüschfußboden älter als sie beide zusammen. Und ja, es gab zwei Betten – an jeder Wand des Zimmers eines. War das in Frankreich üblich?
    Die Antwort auf diese Frage interessierte Serenity in diesem Moment herzlich wenig. Sie stellten ihr Gepäck ab, jeder von ihnen fiel auf ein Bett, und gleich darauf waren sie eingeschlafen.

Kampfmoral

57

    Christopher erwachte, starrte an die Decke und spürte dem seltsam lebhaften Traum nach, den er geträumt hatte. Dann sah er das Fenster und die Häuserfronten dahinter, hörte Straßenverkehr und fremdartig melodiös klingende Stimmen und begriff, dass das gar kein Traum gewesen war. Sie waren tatsächlich in Frankreich!
    Er drehte den Kopf zum anderen Bett. Serenity schlief noch. Im Schlaf sah ihr Gesicht ganz weich und schön aus, geradezu engelhaft. Ihre sonst so löwenartig wirkende Mähne war völlig verstrubbelt, leuchtete in dem warmen Licht, das schräg durchs Fenster auf die Wand hinter ihr fiel, wie ein Heiligenschein.
    Christopher spürte bei ihrem Anblick eine eigenartige Bewegung in seiner Brust. Es war ein Gefühl, als öffne sich in seinem Inneren etwas bei ihrem Anblick. Es schmerzte, und gleichzeitig machte es ihn ... nun ja, beinahe glücklich.
    So also fühlte es sich an, verliebt zu sein.
    Plötzlich verstand er vieles, das er nur aus zweiter Hand kannte. Er erinnerte sich an die Erzählungen seines Vaters, wie dieser seine Mutter kennengelernt hatte. Er habe sie gesehen und es sofort gewusst. »Es war, als wäre was eingerastet«, hatte er gesagt. »Und mein nächster Gedanke war: Oje, das wird schwierig – ein anderes Land, eine fremde Sprache und eine Frau mit einem Beruf, den ich nicht verstehe ... Das denkt man, aber gleichzeitig weiß man: Es hilft alles nichts. Man kann nicht einfach weggehen und sein bisheriges Leben weiterleben. Man kann es nicht mehr, weil man diesem Menschen begegnet ist.«
    Nach diesen Kriterien, überlegte Christopher, war er tatsächlich in Serenity verliebt, und zwar schon lange. Seit er sie das erste Mal getroffen hatte. Es war ihm nur nicht klar gewesen – wie auch?
    Das war natürlich ein Problem. Denn sie hatten ja eine Aufgabe, eine Mission, auf die sie sich konzentrieren mussten. Sie machten nicht Urlaub, sondern standen in einem Kampf, bei dem es um alles oder nichts ging.
    Er seufzte. Das würde schwierig werden. Und es half nichts, sich das zu sagen.
    Sein Seufzer schien Serenity aufgeweckt zu haben. Sie schlug die Augen auf, entdeckte ihn und lächelte. »Wir haben das tatsächlich gemacht, oder?«, fragte sie verschlafen.
    »Ja«, sagte Christopher.
    Es war außerdem, erkannte er, nicht automatisch gesagt, dass Serenity umgekehrt in ihn verliebt war. Das kam, was er so gehört hatte, oft genug vor: dass Zuneigung unerwidert blieb. Das zu denken, löste eine Art von Angst aus, die Christopher so noch nie erlebt hatte.
    Serenity stemmte sich auf die Ellbogen, sah sich um. »Wie spät ist es eigentlich? Ich hab

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