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Kohl des Zorns

Kohl des Zorns

Titel: Kohl des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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existieren und zu funktionieren. Verwandtschaft, Harmonie, Teamgeist, das sind so etwa die Prinzipien, wie die Gesellschaft ihr Gleichgewicht aufrechterhält. Wie ein einziger großer Organismus.«
    »Hmmm«, sagte Jim. »Das ist aber nicht das Gleiche. Wir mögen vielleicht ein Teil der großen Masse sein, aber wir sind trotzdem allesamt Individuen und kein großer, homogener Klumpen. Das paßt nicht.«
    »O doch, das tut es sogar sehr gut. Es mag vielleicht unmöglich sein, vorherzusagen, was ein einzelnes Individuum tun wird, doch man kann mit absoluter Genauigkeit vorhersagen, was zum Beispiel eine Million Menschen zu einer gegebenen Zeit tun oder wie sie sich verhalten werden. Sie stehen um eine bestimmte Uhrzeit auf, gehen um eine bestimmte Uhrzeit zur Arbeit und essen um eine bestimmte Uhrzeit zu Mittag.«
    »Ja, so langsam verstehe ich«, sagte Jim. »Obwohl mir die Vorstellung nicht behagt. Jeder Mensch ist eine Insel. Ich bin keine Nummer, ich bin ein freier Mann. Und so weiter und so fort.«
    »Niemand würde je auf den Gedanken kommen, daran zu zweifeln, daß du ein Individuum bist, Jim.«
    Pooley bemühte sich, die Worte des Professors zu verdauen.
    Vielleicht bedeuteten sie ein Kompliment, und wenn das der Fall war, dann beabsichtigte er, es zu genießen. Schließlich bekam er nicht häufig Komplimente zu hören.
    »Was hat es mit dieser Seele der Welt auf sich, Professor?« fragte er schließlich.
    »Ein alter Glaube«, antwortete Professor Slocombe, »so universell wie die Legende von der Sintflut. Die Buddhisten glauben an Rigdenjyepo, den König der Welt, der genau im Zentrum des Planeten in Shamballa lebt, der Hauptstadt der Erde. Sämtliche Religionen, seien sie vergangen oder gegenwärtig, kennen einen einzelnen göttlichen Schöpfer, den Gott aller Götter. Kaleton behauptet nicht, diese universelle Gottheit zu sein, doch er nimmt für sich in Anspruch, daß er die Seele dieses Planeten ist. Die fleischgewordene Seele der Welt also.«
    »Und Sie glauben seinen Worten?«
    »Nein«, erwiderte der Professor. »Das kann ich nicht. Das wage ich nicht. Seine Argumente mögen fundiert und zutreffend sein, doch es gibt zu viele Widersprüche. Um einen alten schachspielenden Kameraden von mir zu zitieren: ›Wenn die Erde die Menschheit loswerden will, muß sie lediglich einmal furzen.‹ Ein wenig grob, doch im Grunde genommen treffend.«
    »Nun ja. Was oder wer dieser Kaleton auch immer ist, er macht uns ganz schön zu schaffen.«
    »Kopf hoch, Jim, wir sind noch lange nicht geschlagen.«
    Pooley strich sich über das Kinn. »Er hat etwas gesagt, das eine Saite in mir zum Klingen gebracht hat. Ich versuche die ganze Zeit, mich zu erinnern, was es war.« Professor Slocombe kitzelte Jims Hirnzellen mit einem stummen telepathischen Befehl. »Ah ja«, sagte Jim. »Jetzt fällt’s mir wieder ein! Es ging um das Stadion. Zwei Beine im Wasser und drei auf dem Land.«
    »Ja?«
    »Der alte Vers. Die Ballade von den beiden Königen Brentfords, erinnern Sie sich?«
    »Erzähl sie mir.«
     
    »›Einst lebten in Brentford zwei Könige,
    Auf dem gleichen Throne wollten sie sein.
    Einer wohnte in einem Eisernen Turm,
    der andre in einem aus Stein. ‹«
     
    »Fahr fort, Jim.«
    »Dann gibt es noch eine Strophe, die lautet:
     
    ›Und ein schwarzer Stern erhob sich über ihnen,
    Ein Schwert in jeder Hand,
    Zwei Beine im Wasser
    Und drei auf dem Land.‹«
     
    »Das habe ich gemeint, Professor.«
    »Das ist aber nicht alles, Jim. Kannst du dich an den Rest erinnern?«
    »Nein, den Rest habe ich vergessen. Irgendwas von einer letzten Schlacht und einem ›Herz aus brennendem Gold‹, aber ich weiß nicht mehr, wie die Strophe geht.«
    »Macht nichts, Jim. Das war sehr gut. Zwei Beine im Wasser und drei auf dem Land, der schwarze Stern, das ist deutlich genug.«
    »Ich bin am Verhungern«, sagte Jim.
    »Dann lasse ich jetzt das Frühstück bringen.«
    »Geht es auf Rechnung oder aufs Haus?« erkundigte sich Pooley, der trotz zahlreicher gegenteiliger Indizien keiner war, der sich leicht zum Narren halten ließ.
    »Auf das Haus«, antwortete der Professor. »Du hast es dir reichlich verdient.« Der alte Gelehrte läutete eine kleine Messingglocke, und Gammon betrat das Zimmer fast noch im gleichen Augenblick. Er hielt ein großes Tablett in den Händen. »Du weißt, was das bedeutet?« fragte der Professor, während Pooley sich über die morgendliche Stärkung hermachte.
    »Nein, aber schießen Sie los«, antwortete

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