Kohl des Zorns
Pläne zu durchkreuzen, Jim.«
»Die Seele der Welt«, sagte Pooley. »Das ist ein ziemlich starker Gegner.«
»Nein, Jim, das will ich nicht hören. Wir besitzen nun eine Möglichkeit, in das Stadion zu gelangen, und wir werden sehen, was wir tun können.«
»Professor«, sagte Pooley mit ernster Stimme. »Sie haben ihre Beschwörungen hier abgehalten, auf Ihrem eigenen Territorium. Ich bin kein Dummkopf. Ich weiß, daß Sie hier zu Hause am stärksten sind und Ihre Macht am größten ist. Aber dort draußen, im Freien, auf Kaletons Gebiet, haben wir wahrscheinlich keine Chance.«
»Jim, weißt du, was man unter dem ›Gleichgewicht der geistigen Kräfte‹ versteht?«
»Es ist das gleiche wie Newtons dritter Bewegungssatz. Jede Kraft besitzt eine gleich große und entgegengesetzte Kraft. Meinen Sie vielleicht das?«
Der Professor kratzte sich am Kinn. »Allmählich wirst du warm, Jim.«
»Ich verstehe nicht, was Sie damit sagen wollen«, entgegnete Pooley, der ganz genau verstand.
»Schreckliche Mächte sind am Werk und wüten. Das Universum ist kein friedlicher Ort. Trotzdem bleibt das Gleichgewicht erhalten, ein Ding egalisiert das andere. Es herrscht Harmonie. Es existiert ein universaler Plan.«
»Gott«, sagte Pooley. »Sie sprechen von Gott.«
»Wenn du es so nennen willst, ja, dann spreche ich von Gott. Universaler Geist, nenne es, wie du willst. Für jedes Ja existiert ein Nein, und ein jedes Ding besitzt zwei Seiten. Ohne eine übergeordnete Logik würde nichts als Chaos herrschen.«
»Ich wage gar nicht, über die Sterne nachzudenken«, sagte Pooley.
»Das ist eine der tiefgründigsten Bemerkungen, die ich je aus deinem Mund vernommen habe, Jim.«
»Ist sie das?« erkundigte sich Pooley. »Mir liegen da noch ein paar weitere auf der Zunge, für den Fall, daß Sie eine Liste anfertigen wollen.«
»Jetzt ist dazu nicht die Zeit, Jim. Vielleicht morgen.«
»Falls es ein Morgen gibt, Professor.«
»Aha!« brummte Professor Slocombe. »Kopf hoch, Jim, alter Freund. Hier kommt Biggles.«
»Wie geht’s, wie steht’s?« erkundigte sich Norman Hartnell und steckte den Kopf durch das offene Verandafenster.
»Hallo Norman, ach du meine Güte!« Jim verzog das Gesicht in gespieltem Schmerz, als der wissenschaftlich ambitionierte Eckladenbesitzer in das professorale Arbeitszimmer trat. Er trug eine lederne Sturmhaube komplett mit Fliegerbrille. Aus seiner antiken RAF-Fliegerjacke quollen kleine Wattebäusche durch gerissene Nähte, und um den Hals hatte er ein Seidentuch geschlungen.
»Der Zauberwagen steht bereit«, verkündete er.
Professor Slocombe warf einen Seitenblick zu Pooley. Jim setzte ein tapferes Gesicht auf.
»Vertrauen Sie ihm«, sagte Jim. »Er sagt, es wird funktionieren.«
»Das wird es, da bin ich ganz sicher«, bekräftigte Norman. »Wer kommt mit mir zu einer Proberunde?«
Der Professor legte eine Handvoll seiner rätselhaften Apparaturen und Geräte in eine Gladstonetasche und schloß den Bügel. »Ich bin dann soweit fertig«, sagte er.
Pooley atmete tief durch. »Also gut. Gehen wir.«
Zu dritt marschierten sie in die nächtlichen Straßen von Brentford hinaus. Die Nacht schien klar und friedlich, genau wie jede andere Nacht auch, doch Jim und Professor Slocombe wußten, daß genau das Gegenteil der Fall war. Irgend etwas lauerte dort draußen, ein großer, dunkler Dämon, der nur darauf wartete, sie alle zu verschlingen. Norman marschierte fröhlichen Schrittes voraus. Er weiß es eben nicht, dachte Pooley. Aber was, wenn er es wüßte? Was, wenn es alle wüßten? Wenn die Dinge in dieser Nacht schlecht liefen und sich alles so entwickelte, wie Kaleton es vorhergesagt hatte, dann würde die Menschenwelt bald einen mächtigen Schock erleben. Ein ziemlich unsanftes Erwachen, sozusagen. Alles Normale, alle Erwartungen, Pläne, Hoffnungen, all das würde sich in einer Rauchwolke auflösen oder auch in einem einzigen verdammt mächtigen Knall. Irgend etwas in der Art. Jim hatte keine Vorstellung, was geschehen mochte, doch was auch immer es war — die Sache war ernst.
Norman führte den Professor und Jim zu den Mietgaragen, wobei er sich häufig verstohlen umblickte, um sicherzugehen, daß ihnen niemand folgte. Von wegen Industriespionage und so weiter. Er öffnete das Tor, es glitt nach oben und hinten, und Norman wandte sich mit fuchtelnden Armen zu seinen beiden Passagieren um.
»Die Kutsche ist bereit«, verkündete er.
Der Morris Minor stand dort, doch das alte
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